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Rosenkranz, Karl: Ästhetik des Häßlichen. Königsberg, 1853.

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Baues und die Art seiner Zerstörung, sondern auch dadurch
bestimmt, ob das Bauwerk mit der umgebenden Natur ver¬
wächst und selbst den Charakter eines Naturwerks annimmt.
Indem Dach und Fenster und Thüren offen stehen, indem
alle Abgeschlossenheit aufhört, indem das Moos die Steine
begrünt, Pflanzen sich zwischen den Steinen einwurzeln,
Vögel ihre Nester bauen und der Fuchs durch das zerbrochene
Fenster lugt, ist der Bau gleichsam zu einer Production der
Natur geworden, der sie in ihren Basaltformationen oft
sehr nahe kommt.


Das Häßliche im Verhältniß zu den einzelnen
Künsten.

Zur Möglichkeit überhaupt, in das Häßliche zu ver¬
fallen, haben die Künste eine ganz gleiche Stellung. Jede
kann es und zwar bis zur Unerträglichkeit hervorbringen.
Dennoch findet eine qualitative Temperatur dieser allgemeinen
Möglichkeit nach der Eigenthümlichkeit einer jeden statt.
Nach der Natur einer jeden Kunst ist ihr Inhalt, ihr Um¬
fang, ihre Modalität, eine andere. Wir können die ver¬
schiedenen Künste als einen Weg zur ästhetischen Selbstbe¬
freiung des Geistes ansehen, auf welchem er zuletzt, in der
Poesie, sich vollkommen selbst erreicht. Der Durchgang durch
das verschiedene Material der Realisirung des Schönen stellt
uns die besondern Stufen dieser Befreiung dar. In der
Materie, im Raum, in der Anschauung, d. h. in der bilden¬
den Kunst, ist er noch außer sich. Mit dem Ton, mit der
Zeit, mit der Empfindung d. h. in der Musik, tritt er in
sich ein. Mit dem Wort, mit dem Bewußtsein, mit der

Baues und die Art ſeiner Zerſtörung, ſondern auch dadurch
beſtimmt, ob das Bauwerk mit der umgebenden Natur ver¬
wächſt und ſelbſt den Charakter eines Naturwerks annimmt.
Indem Dach und Fenſter und Thüren offen ſtehen, indem
alle Abgeſchloſſenheit aufhört, indem das Moos die Steine
begrünt, Pflanzen ſich zwiſchen den Steinen einwurzeln,
Vögel ihre Neſter bauen und der Fuchs durch das zerbrochene
Fenſter lugt, iſt der Bau gleichſam zu einer Production der
Natur geworden, der ſie in ihren Baſaltformationen oft
ſehr nahe kommt.


Das Häßliche im Verhältniß zu den einzelnen
Künſten.

Zur Möglichkeit überhaupt, in das Häßliche zu ver¬
fallen, haben die Künſte eine ganz gleiche Stellung. Jede
kann es und zwar bis zur Unerträglichkeit hervorbringen.
Dennoch findet eine qualitative Temperatur dieſer allgemeinen
Möglichkeit nach der Eigenthümlichkeit einer jeden ſtatt.
Nach der Natur einer jeden Kunſt iſt ihr Inhalt, ihr Um¬
fang, ihre Modalität, eine andere. Wir können die ver¬
ſchiedenen Künſte als einen Weg zur äſthetiſchen Selbſtbe¬
freiung des Geiſtes anſehen, auf welchem er zuletzt, in der
Poeſie, ſich vollkommen ſelbſt erreicht. Der Durchgang durch
das verſchiedene Material der Realiſirung des Schönen ſtellt
uns die beſondern Stufen dieſer Befreiung dar. In der
Materie, im Raum, in der Anſchauung, d. h. in der bilden¬
den Kunſt, iſt er noch außer ſich. Mit dem Ton, mit der
Zeit, mit der Empfindung d. h. in der Muſik, tritt er in
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[47/0069] Baues und die Art ſeiner Zerſtörung, ſondern auch dadurch beſtimmt, ob das Bauwerk mit der umgebenden Natur ver¬ wächſt und ſelbſt den Charakter eines Naturwerks annimmt. Indem Dach und Fenſter und Thüren offen ſtehen, indem alle Abgeſchloſſenheit aufhört, indem das Moos die Steine begrünt, Pflanzen ſich zwiſchen den Steinen einwurzeln, Vögel ihre Neſter bauen und der Fuchs durch das zerbrochene Fenſter lugt, iſt der Bau gleichſam zu einer Production der Natur geworden, der ſie in ihren Baſaltformationen oft ſehr nahe kommt. Das Häßliche im Verhältniß zu den einzelnen Künſten. Zur Möglichkeit überhaupt, in das Häßliche zu ver¬ fallen, haben die Künſte eine ganz gleiche Stellung. Jede kann es und zwar bis zur Unerträglichkeit hervorbringen. Dennoch findet eine qualitative Temperatur dieſer allgemeinen Möglichkeit nach der Eigenthümlichkeit einer jeden ſtatt. Nach der Natur einer jeden Kunſt iſt ihr Inhalt, ihr Um¬ fang, ihre Modalität, eine andere. Wir können die ver¬ ſchiedenen Künſte als einen Weg zur äſthetiſchen Selbſtbe¬ freiung des Geiſtes anſehen, auf welchem er zuletzt, in der Poeſie, ſich vollkommen ſelbſt erreicht. Der Durchgang durch das verſchiedene Material der Realiſirung des Schönen ſtellt uns die beſondern Stufen dieſer Befreiung dar. In der Materie, im Raum, in der Anſchauung, d. h. in der bilden¬ den Kunſt, iſt er noch außer ſich. Mit dem Ton, mit der Zeit, mit der Empfindung d. h. in der Muſik, tritt er in ſich ein. Mit dem Wort, mit dem Bewußtſein, mit der

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Zitationshilfe: Rosenkranz, Karl: Ästhetik des Häßlichen. Königsberg, 1853, S. 47. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/rosenkranz_aesthetik_1853/69>, abgerufen am 23.11.2024.