Rosenmüller, Johann Georg: Betrachtungen über auserlesene Stellen der Heil. Schrift zur häuslichen Erbauung. Nürnberg, 1778.Lehrer des menschlichen Geschlechts. demselben die Erkenntnis der Wahrheit erhalten,und durch daßelbe stufenweise auch unter andere Völker verbreitet werden sollte. Wir haben zwar noch einige Schriften der grösten Propheten, Schriften die allenthalben gelesen werden, wo nur Bekenner des christlichen Nahmens anzutreffen sind. Aber würden wir sie so genau kennen, wenn sie nicht von Jesu Christo zum allgemeinen Gebrauch gleichsam authorisirt worden wären? Stellt euch vor, es wäre kein Christenthum in der Welt, so wurden diese Schriften vielleicht unter dem Jüdi- schen Volke noch aufbehalten und gelesen werden, aber andere Nationen würden dieselben kaum ihrer Aufmerksamkeit würdigen. Durch Jesum Chri- stum sind auch iene ältere, schwächere Offenbarun- gen Gottes der Dunkelheit entrißen, und zum all- gemeinen Gebrauch bestimmt worden, aber mehr in der Absicht, daß dadurch manche Wahrheiten des Christenthums in ihrer überzeugenden Gewiß- heit dargestellt, und bestättiget werden, als daß sie zu unserm unmittelbaren Unterrichte dienen sol- len. Die Ehre das Licht der Welt, der allgemei- ne Lehrer aller Nationen unter dem Himmel zu seyn, war nur dem Sohne Gottes allein aufbehalten. Daß es noch so viele Völker auf Erden giebt, die ihn, den Heyland der Welt noch nicht kennen, das darf uns gar nicht befremden. Es kan sich das Licht nicht anders als nach und nach, stufenweise immer weiter verbreiten. Es war nicht anders zu vermuthen, wenn man die Unart und Bosheit der Menschen erwäget, als daß viele ihre Augen vor dem Lichte vorsätzlich verschließen würden. Aber man
Lehrer des menſchlichen Geſchlechts. demſelben die Erkenntnis der Wahrheit erhalten,und durch daßelbe ſtufenweiſe auch unter andere Völker verbreitet werden ſollte. Wir haben zwar noch einige Schriften der gröſten Propheten, Schriften die allenthalben geleſen werden, wo nur Bekenner des chriſtlichen Nahmens anzutreffen ſind. Aber würden wir ſie ſo genau kennen, wenn ſie nicht von Jeſu Chriſto zum allgemeinen Gebrauch gleichſam authoriſirt worden wären? Stellt euch vor, es wäre kein Chriſtenthum in der Welt, ſo wurden dieſe Schriften vielleicht unter dem Jüdi- ſchen Volke noch aufbehalten und geleſen werden, aber andere Nationen würden dieſelben kaum ihrer Aufmerkſamkeit würdigen. Durch Jeſum Chri- ſtum ſind auch iene ältere, ſchwächere Offenbarun- gen Gottes der Dunkelheit entrißen, und zum all- gemeinen Gebrauch beſtimmt worden, aber mehr in der Abſicht, daß dadurch manche Wahrheiten des Chriſtenthums in ihrer überzeugenden Gewiß- heit dargeſtellt, und beſtättiget werden, als daß ſie zu unſerm unmittelbaren Unterrichte dienen ſol- len. Die Ehre das Licht der Welt, der allgemei- ne Lehrer aller Nationen unter dem Himmel zu ſeyn, war nur dem Sohne Gottes allein aufbehalten. Daß es noch ſo viele Völker auf Erden giebt, die ihn, den Heyland der Welt noch nicht kennen, das darf uns gar nicht befremden. Es kan ſich das Licht nicht anders als nach und nach, ſtufenweiſe immer weiter verbreiten. Es war nicht anders zu vermuthen, wenn man die Unart und Bosheit der Menſchen erwäget, als daß viele ihre Augen vor dem Lichte vorſätzlich verſchließen würden. Aber man
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Lehrer des menſchlichen Geſchlechts.
demſelben die Erkenntnis der Wahrheit erhalten,
und durch daßelbe ſtufenweiſe auch unter andere
Völker verbreitet werden ſollte. Wir haben zwar
noch einige Schriften der gröſten Propheten,
Schriften die allenthalben geleſen werden, wo nur
Bekenner des chriſtlichen Nahmens anzutreffen ſind.
Aber würden wir ſie ſo genau kennen, wenn ſie
nicht von Jeſu Chriſto zum allgemeinen Gebrauch
gleichſam authoriſirt worden wären? Stellt euch
vor, es wäre kein Chriſtenthum in der Welt, ſo
wurden dieſe Schriften vielleicht unter dem Jüdi-
ſchen Volke noch aufbehalten und geleſen werden,
aber andere Nationen würden dieſelben kaum ihrer
Aufmerkſamkeit würdigen. Durch Jeſum Chri-
ſtum ſind auch iene ältere, ſchwächere Offenbarun-
gen Gottes der Dunkelheit entrißen, und zum all-
gemeinen Gebrauch beſtimmt worden, aber mehr
in der Abſicht, daß dadurch manche Wahrheiten
des Chriſtenthums in ihrer überzeugenden Gewiß-
heit dargeſtellt, und beſtättiget werden, als daß
ſie zu unſerm unmittelbaren Unterrichte dienen ſol-
len. Die Ehre das Licht der Welt, der allgemei-
ne Lehrer aller Nationen unter dem Himmel zu ſeyn,
war nur dem Sohne Gottes allein aufbehalten.
Daß es noch ſo viele Völker auf Erden giebt, die
ihn, den Heyland der Welt noch nicht kennen, das
darf uns gar nicht befremden. Es kan ſich das
Licht nicht anders als nach und nach, ſtufenweiſe
immer weiter verbreiten. Es war nicht anders zu
vermuthen, wenn man die Unart und Bosheit der
Menſchen erwäget, als daß viele ihre Augen vor
dem Lichte vorſätzlich verſchließen würden. Aber
man
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