Rosenmüller, Johann Georg: Betrachtungen über auserlesene Stellen der Heil. Schrift zur häuslichen Erbauung. Nürnberg, 1778.Sechste Betr. Die große Seeligkeit lich Menschen, diese niedrige, verachtungswürdi-ge Menschen zu einer Glückseeligkeit erhoben wor- den, die der ihrigen gleich seyn wird. Und wenn selbst die Engel, die doch von dem weitläuftigen, unermäßlichen Plane Gottes weit mehr übersehen als wir, wenn diese so vielen Stof zur Verwunde- rung in diesem wohlthätigen Werke Gottes und seines Sohnes finden, was wollen wir kurzsichtige Sterbliche uns denn wundern, wenn wir Dunkel- heiten entdecken, die wir uns noch nicht aufzuklären in Stande sind? Aber, wenn wir nicht alle Ursachen entdecken Ferne sey es von mir, durch unbesonnenen Leicht sinn tel
Sechſte Betr. Die große Seeligkeit lich Menſchen, dieſe niedrige, verachtungswürdi-ge Menſchen zu einer Glückſeeligkeit erhoben wor- den, die der ihrigen gleich ſeyn wird. Und wenn ſelbſt die Engel, die doch von dem weitläuftigen, unermäßlichen Plane Gottes weit mehr überſehen als wir, wenn dieſe ſo vielen Stof zur Verwunde- rung in dieſem wohlthätigen Werke Gottes und ſeines Sohnes finden, was wollen wir kurzſichtige Sterbliche uns denn wundern, wenn wir Dunkel- heiten entdecken, die wir uns noch nicht aufzuklären in Stande ſind? Aber, wenn wir nicht alle Urſachen entdecken Ferne ſey es von mir, durch unbeſonnenen Leicht ſinn tel
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Sechſte Betr. Die große Seeligkeit
lich Menſchen, dieſe niedrige, verachtungswürdi-
ge Menſchen zu einer Glückſeeligkeit erhoben wor-
den, die der ihrigen gleich ſeyn wird. Und wenn
ſelbſt die Engel, die doch von dem weitläuftigen,
unermäßlichen Plane Gottes weit mehr überſehen
als wir, wenn dieſe ſo vielen Stof zur Verwunde-
rung in dieſem wohlthätigen Werke Gottes und
ſeines Sohnes finden, was wollen wir kurzſichtige
Sterbliche uns denn wundern, wenn wir Dunkel-
heiten entdecken, die wir uns noch nicht aufzuklären
in Stande ſind?
Aber, wenn wir nicht alle Urſachen entdecken
können, warum uns Gott durch ſolche außeror-
dentliche Anſtalten zu dem Genuß iener ewigen
Herrlichkeit führen will, ſo darf uns dieſes nicht
verleiten, an der Wahrheit der Sache ſelbſt zu
zweifeln. Was wäre das für eine Thorheit, wenn
wir die uns angebotene große Glückſeeligkeit blos
deßwegen gering achten wollten, weil wir nicht be-
greifen können, warum er einen ſo koſtbaren Weg
gewählet hat, uns zu derſelben zu verhelfen?
Was für ein äußerſt ſtrafwürdiger Undank, wenn
wir ſeine Weisheit tadeln, an ſtatt ſeine unendli-
che Erbarmung in ehrfurchtsvoller Demuth zu be-
wundern, und anzunehmen?
Ferne ſey es von mir, durch unbeſonnenen Leicht ſinn
mich zu verſündigen, und wegen Bedenklichkeiten über
Nebenſachen die Zeit meines Heyls zu verſäumen.
Ich erkenne es zwar, ich bin einer ſo großen Seelig-
keit, die mir Gott durch Jeſum Chriſtum zuge-
dacht hat, nicht würdig. Ich erſtaune, wenn ich
daran gedenke, wie unbegreiflich koſtbar das Mit-
tel
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