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Roßmäßler, Emil Adolf: Das Süßwasser-Aquarium. Leipzig, 1857.

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Allgemeine Regeln für das Aquarium.
achten, wenn man nicht Geld und Zeit damit verlieren und Verdruß
ernten will.

Es ist eins der wichtigsten und zugleich der interessantesten Grund-
gesetze der Natur, daß hinsichtlich zweier Grundbedingungen von Thier-
und Pflanzenleben zwischen diesen beiden eine auffallende Wechselbezie-
hung besteht. Das Thier nimmt durch die Athmung als unentbehrliche
Lebensbedingung fortwährend Sauerstoff ein und giebt dafür durch die
Ausathmung Kohlenstoff -- in der Form von Kohlensäure -- aus,
während die Pflanze eben so nothwendig Kohlensäure aufnimmt, und
Sauerstoff aushaucht. Eins also liefert dem Andern als unentbehrlichen
Bedarf, was es selbst nicht mehr zum Leben verwenden kann; Eins dient
dem Andern.

Aber die von dem Thiere ausgeathmete Kohlensäure ist diesem selbst
ein tödtendes Gift, was ihm die Luft und den Kiemenathmern das Was-
ser unathembar macht. Deshalb muß dafür gesorgt werden, daß dieselbe
aus dem Wasser des Aquariums entfernt werde. Dies besorgen die darin
wachsenden Pflanzen, denen eben die Kohlensäure ein nothwendiges
Nahrungsmittel ist.

Da die im Wasser lebenden Thiere, welche zur Wasserathmung meist
mit Kiemen versehen sind, den ihnen nothwendigen Sauerstoff sich nicht
durch Zersetzung des Wassers aneignen können, welches aus Wasserstoff
und Sauerstoff zusammengesetzt ist, sondern denselben nur durch die dem
Wasser beigemengte Luft beziehen können (bekanntlich ein Gemisch von
Sauer- und Stickstoff), so ist natürlich in der geringen ruhenden Wasser-
menge des Aquariums deren Gehalt an Luft und mithin an verfügbarem
Sauerstoff von den Thieren bald erschöpft, weil die Luftaufsaugung des
Wasserspiegels jedenfalls langsamer vor sich geht, als der Sauerstoff-
verbrauch der darunter lebenden Thiere. Pflanzen, die mit ihren grünen
Stengeln und Blättern immer unter der Oberfläche des Wassers bleiben,
oder wenigstens auf derselben schwimmen, müssen den Thieren die unauf-
hörliche Sauerstoffquelle bieten. An manchen solchen Wasserpflanzen
bedecken sich die unter dem Wasserspiegel befindlichen grünen Theile oft

Allgemeine Regeln für das Aquarium.
achten, wenn man nicht Geld und Zeit damit verlieren und Verdruß
ernten will.

Es iſt eins der wichtigſten und zugleich der intereſſanteſten Grund-
geſetze der Natur, daß hinſichtlich zweier Grundbedingungen von Thier-
und Pflanzenleben zwiſchen dieſen beiden eine auffallende Wechſelbezie-
hung beſteht. Das Thier nimmt durch die Athmung als unentbehrliche
Lebensbedingung fortwährend Sauerſtoff ein und giebt dafür durch die
Ausathmung Kohlenſtoff — in der Form von Kohlenſäure — aus,
während die Pflanze eben ſo nothwendig Kohlenſäure aufnimmt, und
Sauerſtoff aushaucht. Eins alſo liefert dem Andern als unentbehrlichen
Bedarf, was es ſelbſt nicht mehr zum Leben verwenden kann; Eins dient
dem Andern.

Aber die von dem Thiere ausgeathmete Kohlenſäure iſt dieſem ſelbſt
ein tödtendes Gift, was ihm die Luft und den Kiemenathmern das Waſ-
ſer unathembar macht. Deshalb muß dafür geſorgt werden, daß dieſelbe
aus dem Waſſer des Aquariums entfernt werde. Dies beſorgen die darin
wachſenden Pflanzen, denen eben die Kohlenſäure ein nothwendiges
Nahrungsmittel iſt.

Da die im Waſſer lebenden Thiere, welche zur Waſſerathmung meiſt
mit Kiemen verſehen ſind, den ihnen nothwendigen Sauerſtoff ſich nicht
durch Zerſetzung des Waſſers aneignen können, welches aus Waſſerſtoff
und Sauerſtoff zuſammengeſetzt iſt, ſondern denſelben nur durch die dem
Waſſer beigemengte Luft beziehen können (bekanntlich ein Gemiſch von
Sauer- und Stickſtoff), ſo iſt natürlich in der geringen ruhenden Waſſer-
menge des Aquariums deren Gehalt an Luft und mithin an verfügbarem
Sauerſtoff von den Thieren bald erſchöpft, weil die Luftaufſaugung des
Waſſerſpiegels jedenfalls langſamer vor ſich geht, als der Sauerſtoff-
verbrauch der darunter lebenden Thiere. Pflanzen, die mit ihren grünen
Stengeln und Blättern immer unter der Oberfläche des Waſſers bleiben,
oder wenigſtens auf derſelben ſchwimmen, müſſen den Thieren die unauf-
hörliche Sauerſtoffquelle bieten. An manchen ſolchen Waſſerpflanzen
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[6/0022] Allgemeine Regeln für das Aquarium. achten, wenn man nicht Geld und Zeit damit verlieren und Verdruß ernten will. Es iſt eins der wichtigſten und zugleich der intereſſanteſten Grund- geſetze der Natur, daß hinſichtlich zweier Grundbedingungen von Thier- und Pflanzenleben zwiſchen dieſen beiden eine auffallende Wechſelbezie- hung beſteht. Das Thier nimmt durch die Athmung als unentbehrliche Lebensbedingung fortwährend Sauerſtoff ein und giebt dafür durch die Ausathmung Kohlenſtoff — in der Form von Kohlenſäure — aus, während die Pflanze eben ſo nothwendig Kohlenſäure aufnimmt, und Sauerſtoff aushaucht. Eins alſo liefert dem Andern als unentbehrlichen Bedarf, was es ſelbſt nicht mehr zum Leben verwenden kann; Eins dient dem Andern. Aber die von dem Thiere ausgeathmete Kohlenſäure iſt dieſem ſelbſt ein tödtendes Gift, was ihm die Luft und den Kiemenathmern das Waſ- ſer unathembar macht. Deshalb muß dafür geſorgt werden, daß dieſelbe aus dem Waſſer des Aquariums entfernt werde. Dies beſorgen die darin wachſenden Pflanzen, denen eben die Kohlenſäure ein nothwendiges Nahrungsmittel iſt. Da die im Waſſer lebenden Thiere, welche zur Waſſerathmung meiſt mit Kiemen verſehen ſind, den ihnen nothwendigen Sauerſtoff ſich nicht durch Zerſetzung des Waſſers aneignen können, welches aus Waſſerſtoff und Sauerſtoff zuſammengeſetzt iſt, ſondern denſelben nur durch die dem Waſſer beigemengte Luft beziehen können (bekanntlich ein Gemiſch von Sauer- und Stickſtoff), ſo iſt natürlich in der geringen ruhenden Waſſer- menge des Aquariums deren Gehalt an Luft und mithin an verfügbarem Sauerſtoff von den Thieren bald erſchöpft, weil die Luftaufſaugung des Waſſerſpiegels jedenfalls langſamer vor ſich geht, als der Sauerſtoff- verbrauch der darunter lebenden Thiere. Pflanzen, die mit ihren grünen Stengeln und Blättern immer unter der Oberfläche des Waſſers bleiben, oder wenigſtens auf derſelben ſchwimmen, müſſen den Thieren die unauf- hörliche Sauerſtoffquelle bieten. An manchen ſolchen Waſſerpflanzen bedecken ſich die unter dem Waſſerſpiegel befindlichen grünen Theile oft

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Zitationshilfe: Roßmäßler, Emil Adolf: Das Süßwasser-Aquarium. Leipzig, 1857, S. 6. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/rossmaessler_suesswasseraquarium_1857/22>, abgerufen am 21.11.2024.