so klein sind, daß in ihnen kein weit reichender Nahrungsvorrath enthalten sein kann. Dies ist namentlich bei einer Baumgattung der Fall, welche zu den größten Bäumen zählt, nämlich bei den Pappeln, deren Same so klein wie ein Sandkorn ist. Dasselbe ist es mit den den Pappeln ganz nahe verwandten Weiden. Hier muß der Boden sogleich als Ernährer eintreten, bei den am Wasser wachsenden Weiden das Wasser an den Ufern der Lachen, in Buchten der Flüsse und Bäche.
Bevor wir in der Betrachtung des Baumlebens fortfahren, müssen wir hier Einiges über die Ernährung der Pflanzen einschalten. Wir be- schränken uns aber dabei auf einige allgemeine Grundzüge, weil ein tieferes Eingehen in diese Lehre uns unausweichlich in die Irrgänge eines noch nicht überall vollständig aufgehellten Gebietes verlocken müßte. Obgleich die Lehre von der Ernährung der Pflanzen seit 1840, wo Liebig durch sein berühmtes Buch*) den Zankapfel unter die Landwirthe und Pflanzen- physiologen warf, tausende von Beobachtungen und Versuchen ins Leben gerufen hat, so ist man doch auch heute noch über einige Grundfragen im Zweifel.
Alle Stoffe, aus denen eine Pflanze zusammengesetzt ist, müssen von ihr aus der Außenwelt aufgenommen sein, mit Ausnahme desjenigen An- theils, den sie in den Samenlappen von ihrer Mutter erhielt, welche in letzter Instanz doch ebenfalls denselben Ursprung haben müssen.
Gleichwohl finden wir dem äußern Anscheine nach im Boden nichts von alledem, was wir in der Pflanze finden, kein Stärkemehl, keinen Zucker, kein Harz, kein Gummi, keine Pflanzenfaser etc. Wir finden nur die chemischen Elemente zu allen diesen Dingen im Boden und es muß daher die Pflanze die Befähigung haben, aus den Elementen jene Pflanzen- stoffe zusammenzusetzen, was uns mit Nothwendigkeit zu der Annahme hin- drängt, daß das bildende Pflanzenleben wesentlich in chemischen Vorgängen beruhe.
Wenn wir eine Pflanze einäschern, so bleibt bekanntlich im Vergleich zu dem bekannteren Gewicht nur äußerst Weniges übrig, was nicht verbrannt ist, die Asche. Es zerfällt daher zunächst die Pflanzenmasse in zwei Klassen,
*) Die organische Chemie in ihrer Anwendung auf Agrikultur und Physiologie. Braunschweig 1840.
ſo klein ſind, daß in ihnen kein weit reichender Nahrungsvorrath enthalten ſein kann. Dies iſt namentlich bei einer Baumgattung der Fall, welche zu den größten Bäumen zählt, nämlich bei den Pappeln, deren Same ſo klein wie ein Sandkorn iſt. Daſſelbe iſt es mit den den Pappeln ganz nahe verwandten Weiden. Hier muß der Boden ſogleich als Ernährer eintreten, bei den am Waſſer wachſenden Weiden das Waſſer an den Ufern der Lachen, in Buchten der Flüſſe und Bäche.
Bevor wir in der Betrachtung des Baumlebens fortfahren, müſſen wir hier Einiges über die Ernährung der Pflanzen einſchalten. Wir be- ſchränken uns aber dabei auf einige allgemeine Grundzüge, weil ein tieferes Eingehen in dieſe Lehre uns unausweichlich in die Irrgänge eines noch nicht überall vollſtändig aufgehellten Gebietes verlocken müßte. Obgleich die Lehre von der Ernährung der Pflanzen ſeit 1840, wo Liebig durch ſein berühmtes Buch*) den Zankapfel unter die Landwirthe und Pflanzen- phyſiologen warf, tauſende von Beobachtungen und Verſuchen ins Leben gerufen hat, ſo iſt man doch auch heute noch über einige Grundfragen im Zweifel.
Alle Stoffe, aus denen eine Pflanze zuſammengeſetzt iſt, müſſen von ihr aus der Außenwelt aufgenommen ſein, mit Ausnahme desjenigen An- theils, den ſie in den Samenlappen von ihrer Mutter erhielt, welche in letzter Inſtanz doch ebenfalls denſelben Urſprung haben müſſen.
Gleichwohl finden wir dem äußern Anſcheine nach im Boden nichts von alledem, was wir in der Pflanze finden, kein Stärkemehl, keinen Zucker, kein Harz, kein Gummi, keine Pflanzenfaſer etc. Wir finden nur die chemiſchen Elemente zu allen dieſen Dingen im Boden und es muß daher die Pflanze die Befähigung haben, aus den Elementen jene Pflanzen- ſtoffe zuſammenzuſetzen, was uns mit Nothwendigkeit zu der Annahme hin- drängt, daß das bildende Pflanzenleben weſentlich in chemiſchen Vorgängen beruhe.
Wenn wir eine Pflanze einäſchern, ſo bleibt bekanntlich im Vergleich zu dem bekannteren Gewicht nur äußerſt Weniges übrig, was nicht verbrannt iſt, die Aſche. Es zerfällt daher zunächſt die Pflanzenmaſſe in zwei Klaſſen,
*) Die organiſche Chemie in ihrer Anwendung auf Agrikultur und Phyſiologie. Braunſchweig 1840.
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ſo klein ſind, daß in ihnen kein weit reichender Nahrungsvorrath enthalten
ſein kann. Dies iſt namentlich bei einer Baumgattung der Fall, welche
zu den größten Bäumen zählt, nämlich bei den Pappeln, deren Same ſo
klein wie ein Sandkorn iſt. Daſſelbe iſt es mit den den Pappeln ganz
nahe verwandten Weiden. Hier muß der Boden ſogleich als Ernährer
eintreten, bei den am Waſſer wachſenden Weiden das Waſſer an den Ufern
der Lachen, in Buchten der Flüſſe und Bäche.
Bevor wir in der Betrachtung des Baumlebens fortfahren, müſſen
wir hier Einiges über die Ernährung der Pflanzen einſchalten. Wir be-
ſchränken uns aber dabei auf einige allgemeine Grundzüge, weil ein tieferes
Eingehen in dieſe Lehre uns unausweichlich in die Irrgänge eines noch
nicht überall vollſtändig aufgehellten Gebietes verlocken müßte. Obgleich
die Lehre von der Ernährung der Pflanzen ſeit 1840, wo Liebig durch
ſein berühmtes Buch *) den Zankapfel unter die Landwirthe und Pflanzen-
phyſiologen warf, tauſende von Beobachtungen und Verſuchen ins Leben
gerufen hat, ſo iſt man doch auch heute noch über einige Grundfragen
im Zweifel.
Alle Stoffe, aus denen eine Pflanze zuſammengeſetzt iſt, müſſen von
ihr aus der Außenwelt aufgenommen ſein, mit Ausnahme desjenigen An-
theils, den ſie in den Samenlappen von ihrer Mutter erhielt, welche in
letzter Inſtanz doch ebenfalls denſelben Urſprung haben müſſen.
Gleichwohl finden wir dem äußern Anſcheine nach im Boden nichts
von alledem, was wir in der Pflanze finden, kein Stärkemehl, keinen
Zucker, kein Harz, kein Gummi, keine Pflanzenfaſer etc. Wir finden nur
die chemiſchen Elemente zu allen dieſen Dingen im Boden und es muß
daher die Pflanze die Befähigung haben, aus den Elementen jene Pflanzen-
ſtoffe zuſammenzuſetzen, was uns mit Nothwendigkeit zu der Annahme hin-
drängt, daß das bildende Pflanzenleben weſentlich in chemiſchen Vorgängen
beruhe.
Wenn wir eine Pflanze einäſchern, ſo bleibt bekanntlich im Vergleich
zu dem bekannteren Gewicht nur äußerſt Weniges übrig, was nicht verbrannt
iſt, die Aſche. Es zerfällt daher zunächſt die Pflanzenmaſſe in zwei Klaſſen,
*) Die organiſche Chemie in ihrer Anwendung auf Agrikultur und Phyſiologie.
Braunſchweig 1840.
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Roßmäßler, Emil Adolf: Der Wald. Leipzig u. a., 1863, S. 150. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/rossmaessler_wald_1863/174>, abgerufen am 22.12.2024.
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