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Roßmäßler, Emil Adolf: Der Wald. Leipzig u. a., 1863.

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Feldrüster tragen zuweilen vieles dazu bei, den sich belaubenden Zweigen
ein eigenthümliches wie bemoostes Ansehen zu verleihen.

Da wir bereits bei der Beantwortung der Frage: Woraus besteht
der Wald? uns daran erinnern mußten, daß der Waldboden einen wesent-
lichen Theil des Waldcharakters abgiebt, so haben wir jetzt gewisser-
maaßen von der Ornamentik des Baumes zu einer allgemeinen Orna-
mentik des Waldes überzugehen, zu welcher wesentlich die zahlreichen
Sträucher beitragen, welche zu den Füßen unserer Waldbäume in größerer
oder geringerer Zahl und Manchfaltigkeit den Waldboden bedecken. Diese
Sträucher sind namentlich zum Theil durch ihre Frucht- und Blüthen-
bildung geeignet, dem Wald einen großen Schmuck zu verleihen, also
zur Ornamentik des Waldes im eigentlichsten Sinne des Worts bei-
zutragen.

Diejenigen, welche dies am meisten zu thun vermögen, sind etwa
folgende: der Traubenhollunder, der Seidelbast, der Liguster, das Geis-
blatt, der Schneeball, der rothe Hartriegel, die Mispel, die wilden
Rosen, die Brombeeren, der Weiß- und der Schwarzdorn, die Berberitze,
die Spierstauden, die Besenpfrieme, die Ginsterarten, Heidel- und Preisel-
beeren, die Haidenarten und die Waldrebe. Namentlich in den Wal-
dungen der Vorberge Süddeutschlands und überhaupt sehr abhängig von
klimatischen Verhältnissen, finden sich mehr oder wenigere von diesen
Straucharten in den Waldungen oft in solcher Menge ein, daß der Be-
wohner des nördlichen Haidelandes durch die Farben- und Formenfülle
derselben überrascht wird.

Es hat genügt, diejenigen Sträucher zu nennen, welche allgemein
bekannt sind, um daran zu erinnern, welchen Einfluß dieselben auf die
Ausschmückung des Waldes ausüben, was besonders im Mittel- und
Niederwald und im Hochwald meist nur dann der Fall ist, wenn derselbe
auf Gebirgsboden steht, dessen Schluchten und Abhänge Gelegenheit zur
Ansiedelung dieser Sträucher geben. Wir gehen daher auf eine genauere
Schilderung dieser Seite der Waldornamentik jetzt nicht ein, indem wir
uns eine weitere Besprechung derselben für eine Schilderung der Formen
des Waldes im Ganzen vorbehalten.

Aus dieser Skizze der Architektur und Ornamentik der Bäume geht
hervor, daß dadurch für den aufmerksamen Freund des Waldes eine un-

Feldrüſter tragen zuweilen vieles dazu bei, den ſich belaubenden Zweigen
ein eigenthümliches wie bemoostes Anſehen zu verleihen.

Da wir bereits bei der Beantwortung der Frage: Woraus beſteht
der Wald? uns daran erinnern mußten, daß der Waldboden einen weſent-
lichen Theil des Waldcharakters abgiebt, ſo haben wir jetzt gewiſſer-
maaßen von der Ornamentik des Baumes zu einer allgemeinen Orna-
mentik des Waldes überzugehen, zu welcher weſentlich die zahlreichen
Sträucher beitragen, welche zu den Füßen unſerer Waldbäume in größerer
oder geringerer Zahl und Manchfaltigkeit den Waldboden bedecken. Dieſe
Sträucher ſind namentlich zum Theil durch ihre Frucht- und Blüthen-
bildung geeignet, dem Wald einen großen Schmuck zu verleihen, alſo
zur Ornamentik des Waldes im eigentlichſten Sinne des Worts bei-
zutragen.

Diejenigen, welche dies am meiſten zu thun vermögen, ſind etwa
folgende: der Traubenhollunder, der Seidelbaſt, der Liguſter, das Geis-
blatt, der Schneeball, der rothe Hartriegel, die Miſpel, die wilden
Roſen, die Brombeeren, der Weiß- und der Schwarzdorn, die Berberitze,
die Spierſtauden, die Beſenpfrieme, die Ginſterarten, Heidel- und Preiſel-
beeren, die Haidenarten und die Waldrebe. Namentlich in den Wal-
dungen der Vorberge Süddeutſchlands und überhaupt ſehr abhängig von
klimatiſchen Verhältniſſen, finden ſich mehr oder wenigere von dieſen
Straucharten in den Waldungen oft in ſolcher Menge ein, daß der Be-
wohner des nördlichen Haidelandes durch die Farben- und Formenfülle
derſelben überraſcht wird.

Es hat genügt, diejenigen Sträucher zu nennen, welche allgemein
bekannt ſind, um daran zu erinnern, welchen Einfluß dieſelben auf die
Ausſchmückung des Waldes ausüben, was beſonders im Mittel- und
Niederwald und im Hochwald meiſt nur dann der Fall iſt, wenn derſelbe
auf Gebirgsboden ſteht, deſſen Schluchten und Abhänge Gelegenheit zur
Anſiedelung dieſer Sträucher geben. Wir gehen daher auf eine genauere
Schilderung dieſer Seite der Waldornamentik jetzt nicht ein, indem wir
uns eine weitere Beſprechung derſelben für eine Schilderung der Formen
des Waldes im Ganzen vorbehalten.

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hervor, daß dadurch für den aufmerkſamen Freund des Waldes eine un-

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[230/0254] Feldrüſter tragen zuweilen vieles dazu bei, den ſich belaubenden Zweigen ein eigenthümliches wie bemoostes Anſehen zu verleihen. Da wir bereits bei der Beantwortung der Frage: Woraus beſteht der Wald? uns daran erinnern mußten, daß der Waldboden einen weſent- lichen Theil des Waldcharakters abgiebt, ſo haben wir jetzt gewiſſer- maaßen von der Ornamentik des Baumes zu einer allgemeinen Orna- mentik des Waldes überzugehen, zu welcher weſentlich die zahlreichen Sträucher beitragen, welche zu den Füßen unſerer Waldbäume in größerer oder geringerer Zahl und Manchfaltigkeit den Waldboden bedecken. Dieſe Sträucher ſind namentlich zum Theil durch ihre Frucht- und Blüthen- bildung geeignet, dem Wald einen großen Schmuck zu verleihen, alſo zur Ornamentik des Waldes im eigentlichſten Sinne des Worts bei- zutragen. Diejenigen, welche dies am meiſten zu thun vermögen, ſind etwa folgende: der Traubenhollunder, der Seidelbaſt, der Liguſter, das Geis- blatt, der Schneeball, der rothe Hartriegel, die Miſpel, die wilden Roſen, die Brombeeren, der Weiß- und der Schwarzdorn, die Berberitze, die Spierſtauden, die Beſenpfrieme, die Ginſterarten, Heidel- und Preiſel- beeren, die Haidenarten und die Waldrebe. Namentlich in den Wal- dungen der Vorberge Süddeutſchlands und überhaupt ſehr abhängig von klimatiſchen Verhältniſſen, finden ſich mehr oder wenigere von dieſen Straucharten in den Waldungen oft in ſolcher Menge ein, daß der Be- wohner des nördlichen Haidelandes durch die Farben- und Formenfülle derſelben überraſcht wird. Es hat genügt, diejenigen Sträucher zu nennen, welche allgemein bekannt ſind, um daran zu erinnern, welchen Einfluß dieſelben auf die Ausſchmückung des Waldes ausüben, was beſonders im Mittel- und Niederwald und im Hochwald meiſt nur dann der Fall iſt, wenn derſelbe auf Gebirgsboden ſteht, deſſen Schluchten und Abhänge Gelegenheit zur Anſiedelung dieſer Sträucher geben. Wir gehen daher auf eine genauere Schilderung dieſer Seite der Waldornamentik jetzt nicht ein, indem wir uns eine weitere Beſprechung derſelben für eine Schilderung der Formen des Waldes im Ganzen vorbehalten. Aus dieſer Skizze der Architektur und Ornamentik der Bäume geht hervor, daß dadurch für den aufmerkſamen Freund des Waldes eine un-

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Zitationshilfe: Roßmäßler, Emil Adolf: Der Wald. Leipzig u. a., 1863, S. 230. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/rossmaessler_wald_1863/254>, abgerufen am 17.06.2024.