Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Roßmäßler, Emil Adolf: Der Wald. Leipzig u. a., 1863.

Bild:
<< vorherige Seite

edleren. Der Grund davon liegt in den großen Fortschritten, welche die
Benutzung der Metalle, namentlich des Eisens und mancher Steine
gemacht haben, wodurch zu vielen Verwendungen, zu denen man sonst
nur edle, harte Holzarten zu benutzen pflegte, diese zu einem großen
Theil außer Gebrauch gekommen sind. Hiervon sind namentlich die
sämmtlichen Nadelholzarten viel weniger betroffen worden. Die bekannte
anatomische Beschaffenheit des Nadelholzes wird dieses zur Herstellung
von Brettern, Balken und Latten niemals entbehrlich werden lassen. Die
jetzt viel sorgsamere Wahl und Verwendung eines Stoffes für be-
stimmte Zwecke hat es mit sich gebracht, daß unter andern Stoffen auch
jede einzelne Holzart ihre zweckmäßigste Verwendung gefunden hat und
wenn wir in unserer gegenwärtigen Auffassung edel das nennen, was
für einen bestimmten Zweck am besten dient, so können wir unmöglich
noch von edlen und unedlen Holzarten sprechen.

Hinsichtlich der Nadelhölzer kommt hierzu noch der Umstand, daß sie
sich durchaus leichter in reinen Beständen, ja überhaupt in jeder andern
Hinsicht sicherer erziehen lassen, als Laubhölzer, von denen die meisten
der Erziehung in reinen Beständen durchaus widerstreben.

Wir wissen, daß wir unter einem reinen Bestand einen solchen ver-
stehen, der, so groß er auch ist, durchaus nur aus einer Holzart besteht,
in der höchstens nur sehr ausnahmsweise Bäume anderer Holzarten ein-
gestreut sind.

Durch diese große Geneigtheit zum geselligen Beisammenleben ge-
währen die Nadelhölzer auch einen viel größeren Einfluß auf den land-
schaftlichen Charakter einer Gegend, als die Laubhölzer. Hierzu kommt
noch, daß jene einen viel dichteren Schluß vertragen als die letzteren und
dadurch eine mit Nadelwald bedeckte Gegend, welche obendrein meisten-
theils Berggegenden sind, viel entschiedener den Wald-Charakter aus-
prägen, wenn es sich namentlich um ein Hügelgelände handelt, welches
man von einem hochgelegenen Punkte überblickt.

Durch diese Eigenschaft, sehr häufig im dichtesten Schluß und in
großer Ausdehnung zu erwachsen, sind aber die Nadelhölzer mehr als
Laubhölzer den verschiedensten Gefahren ausgesetzt. Sturm, Insekten,
Feuer, Schnee
- und Duftbruch wüsten weit schlimmer im Nadelwald,
als im Laubwald. In den meisten Fällen handelt es sich allerdings nicht

edleren. Der Grund davon liegt in den großen Fortſchritten, welche die
Benutzung der Metalle, namentlich des Eiſens und mancher Steine
gemacht haben, wodurch zu vielen Verwendungen, zu denen man ſonſt
nur edle, harte Holzarten zu benutzen pflegte, dieſe zu einem großen
Theil außer Gebrauch gekommen ſind. Hiervon ſind namentlich die
ſämmtlichen Nadelholzarten viel weniger betroffen worden. Die bekannte
anatomiſche Beſchaffenheit des Nadelholzes wird dieſes zur Herſtellung
von Brettern, Balken und Latten niemals entbehrlich werden laſſen. Die
jetzt viel ſorgſamere Wahl und Verwendung eines Stoffes für be-
ſtimmte Zwecke hat es mit ſich gebracht, daß unter andern Stoffen auch
jede einzelne Holzart ihre zweckmäßigſte Verwendung gefunden hat und
wenn wir in unſerer gegenwärtigen Auffaſſung edel das nennen, was
für einen beſtimmten Zweck am beſten dient, ſo können wir unmöglich
noch von edlen und unedlen Holzarten ſprechen.

Hinſichtlich der Nadelhölzer kommt hierzu noch der Umſtand, daß ſie
ſich durchaus leichter in reinen Beſtänden, ja überhaupt in jeder andern
Hinſicht ſicherer erziehen laſſen, als Laubhölzer, von denen die meiſten
der Erziehung in reinen Beſtänden durchaus widerſtreben.

Wir wiſſen, daß wir unter einem reinen Beſtand einen ſolchen ver-
ſtehen, der, ſo groß er auch iſt, durchaus nur aus einer Holzart beſteht,
in der höchſtens nur ſehr ausnahmsweiſe Bäume anderer Holzarten ein-
geſtreut ſind.

Durch dieſe große Geneigtheit zum geſelligen Beiſammenleben ge-
währen die Nadelhölzer auch einen viel größeren Einfluß auf den land-
ſchaftlichen Charakter einer Gegend, als die Laubhölzer. Hierzu kommt
noch, daß jene einen viel dichteren Schluß vertragen als die letzteren und
dadurch eine mit Nadelwald bedeckte Gegend, welche obendrein meiſten-
theils Berggegenden ſind, viel entſchiedener den Wald-Charakter aus-
prägen, wenn es ſich namentlich um ein Hügelgelände handelt, welches
man von einem hochgelegenen Punkte überblickt.

Durch dieſe Eigenſchaft, ſehr häufig im dichteſten Schluß und in
großer Ausdehnung zu erwachſen, ſind aber die Nadelhölzer mehr als
Laubhölzer den verſchiedenſten Gefahren ausgeſetzt. Sturm, Inſekten,
Feuer, Schnee
- und Duftbruch wüſten weit ſchlimmer im Nadelwald,
als im Laubwald. In den meiſten Fällen handelt es ſich allerdings nicht

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <p><pb facs="#f0270" n="246"/>
edleren. Der Grund davon liegt in den großen Fort&#x017F;chritten, welche die<lb/>
Benutzung der Metalle, namentlich des Ei&#x017F;ens und mancher Steine<lb/>
gemacht haben, wodurch zu vielen Verwendungen, zu denen man &#x017F;on&#x017F;t<lb/>
nur edle, harte Holzarten zu benutzen pflegte, die&#x017F;e zu einem großen<lb/>
Theil außer Gebrauch gekommen &#x017F;ind. Hiervon &#x017F;ind namentlich die<lb/>
&#x017F;ämmtlichen Nadelholzarten viel weniger betroffen worden. Die bekannte<lb/>
anatomi&#x017F;che Be&#x017F;chaffenheit des Nadelholzes wird die&#x017F;es zur Her&#x017F;tellung<lb/>
von Brettern, Balken und Latten niemals entbehrlich werden la&#x017F;&#x017F;en. Die<lb/>
jetzt viel &#x017F;org&#x017F;amere Wahl und Verwendung eines Stoffes für be-<lb/>
&#x017F;timmte Zwecke hat es mit &#x017F;ich gebracht, daß unter andern Stoffen auch<lb/>
jede einzelne Holzart ihre zweckmäßig&#x017F;te Verwendung gefunden hat und<lb/>
wenn wir in un&#x017F;erer gegenwärtigen Auffa&#x017F;&#x017F;ung edel das nennen, was<lb/>
für einen be&#x017F;timmten Zweck am be&#x017F;ten dient, &#x017F;o können wir unmöglich<lb/>
noch von edlen und unedlen Holzarten &#x017F;prechen.</p><lb/>
          <p>Hin&#x017F;ichtlich der Nadelhölzer kommt hierzu noch der Um&#x017F;tand, daß &#x017F;ie<lb/>
&#x017F;ich durchaus leichter in reinen Be&#x017F;tänden, ja überhaupt in jeder andern<lb/>
Hin&#x017F;icht &#x017F;icherer erziehen la&#x017F;&#x017F;en, als Laubhölzer, von denen die mei&#x017F;ten<lb/>
der Erziehung in reinen Be&#x017F;tänden durchaus wider&#x017F;treben.</p><lb/>
          <p>Wir wi&#x017F;&#x017F;en, daß wir unter einem <hi rendition="#g">reinen Be&#x017F;tand</hi> einen &#x017F;olchen ver-<lb/>
&#x017F;tehen, der, &#x017F;o groß er auch i&#x017F;t, durchaus nur aus einer Holzart be&#x017F;teht,<lb/>
in der höch&#x017F;tens nur &#x017F;ehr ausnahmswei&#x017F;e Bäume anderer Holzarten ein-<lb/>
ge&#x017F;treut &#x017F;ind.</p><lb/>
          <p>Durch die&#x017F;e große Geneigtheit zum ge&#x017F;elligen Bei&#x017F;ammenleben ge-<lb/>
währen die Nadelhölzer auch einen viel größeren Einfluß auf den land-<lb/>
&#x017F;chaftlichen Charakter einer Gegend, als die Laubhölzer. Hierzu kommt<lb/>
noch, daß jene einen viel dichteren Schluß vertragen als die letzteren und<lb/>
dadurch eine mit Nadelwald bedeckte Gegend, welche obendrein mei&#x017F;ten-<lb/>
theils Berggegenden &#x017F;ind, viel ent&#x017F;chiedener den Wald-Charakter aus-<lb/>
prägen, wenn es &#x017F;ich namentlich um ein Hügelgelände handelt, welches<lb/>
man von einem hochgelegenen Punkte überblickt.</p><lb/>
          <p>Durch die&#x017F;e Eigen&#x017F;chaft, &#x017F;ehr häufig im dichte&#x017F;ten Schluß und in<lb/>
großer Ausdehnung zu erwach&#x017F;en, &#x017F;ind aber die Nadelhölzer mehr als<lb/>
Laubhölzer den ver&#x017F;chieden&#x017F;ten Gefahren ausge&#x017F;etzt. <hi rendition="#g">Sturm, In&#x017F;ekten,<lb/>
Feuer, Schnee</hi>- und <hi rendition="#g">Duftbruch</hi>&#x017F;ten weit &#x017F;chlimmer im Nadelwald,<lb/>
als im Laubwald. In den mei&#x017F;ten Fällen handelt es &#x017F;ich allerdings nicht<lb/></p>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[246/0270] edleren. Der Grund davon liegt in den großen Fortſchritten, welche die Benutzung der Metalle, namentlich des Eiſens und mancher Steine gemacht haben, wodurch zu vielen Verwendungen, zu denen man ſonſt nur edle, harte Holzarten zu benutzen pflegte, dieſe zu einem großen Theil außer Gebrauch gekommen ſind. Hiervon ſind namentlich die ſämmtlichen Nadelholzarten viel weniger betroffen worden. Die bekannte anatomiſche Beſchaffenheit des Nadelholzes wird dieſes zur Herſtellung von Brettern, Balken und Latten niemals entbehrlich werden laſſen. Die jetzt viel ſorgſamere Wahl und Verwendung eines Stoffes für be- ſtimmte Zwecke hat es mit ſich gebracht, daß unter andern Stoffen auch jede einzelne Holzart ihre zweckmäßigſte Verwendung gefunden hat und wenn wir in unſerer gegenwärtigen Auffaſſung edel das nennen, was für einen beſtimmten Zweck am beſten dient, ſo können wir unmöglich noch von edlen und unedlen Holzarten ſprechen. Hinſichtlich der Nadelhölzer kommt hierzu noch der Umſtand, daß ſie ſich durchaus leichter in reinen Beſtänden, ja überhaupt in jeder andern Hinſicht ſicherer erziehen laſſen, als Laubhölzer, von denen die meiſten der Erziehung in reinen Beſtänden durchaus widerſtreben. Wir wiſſen, daß wir unter einem reinen Beſtand einen ſolchen ver- ſtehen, der, ſo groß er auch iſt, durchaus nur aus einer Holzart beſteht, in der höchſtens nur ſehr ausnahmsweiſe Bäume anderer Holzarten ein- geſtreut ſind. Durch dieſe große Geneigtheit zum geſelligen Beiſammenleben ge- währen die Nadelhölzer auch einen viel größeren Einfluß auf den land- ſchaftlichen Charakter einer Gegend, als die Laubhölzer. Hierzu kommt noch, daß jene einen viel dichteren Schluß vertragen als die letzteren und dadurch eine mit Nadelwald bedeckte Gegend, welche obendrein meiſten- theils Berggegenden ſind, viel entſchiedener den Wald-Charakter aus- prägen, wenn es ſich namentlich um ein Hügelgelände handelt, welches man von einem hochgelegenen Punkte überblickt. Durch dieſe Eigenſchaft, ſehr häufig im dichteſten Schluß und in großer Ausdehnung zu erwachſen, ſind aber die Nadelhölzer mehr als Laubhölzer den verſchiedenſten Gefahren ausgeſetzt. Sturm, Inſekten, Feuer, Schnee- und Duftbruch wüſten weit ſchlimmer im Nadelwald, als im Laubwald. In den meiſten Fällen handelt es ſich allerdings nicht

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/rossmaessler_wald_1863
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/rossmaessler_wald_1863/270
Zitationshilfe: Roßmäßler, Emil Adolf: Der Wald. Leipzig u. a., 1863, S. 246. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/rossmaessler_wald_1863/270>, abgerufen am 17.06.2024.