Boden ein, welcher sich im späteren Alter und je nach der Beschaffenheit des Bodens, kräftige Seitenwurzeln zugesellen. Dieses Tiefgehen der Wurzeln verleidet daher auch den Kiefern felsige Standorte, wenn dieser nicht wenigstens klüftig ist. In diesem Falle jedoch vermag es die Kiefer mit weit ausgreifenden Wurzeln tief in die Felsenspalten einzudringen und so gestellte Kiefern werden an Felsabhängen sehr häufig außerordent- lich malerische Bäume, die freilich den Pyramidencharakter fast gänzlich verlieren, ja im Gegentheil zuweilen den schirmförmigen Kronenwuchs der Pinie (Pinus Pinea) vollständig annehmen.
Das Holz der Kiefer stimmt mit dem aller übrigen Nadelhölzer im anatomischen Bau wesentlich überein. Dieser ist so einfach und regel- mäßig und dabei in sehr wichtigen Punkten von dem aller übrigen Holz- pflanzen so bedeutend verschieden, daß diese Verschiedenheit gerade hier einen der interessantesten Punkte der Pflanzenanatomie, eine von den scharf markirten Grenzlinien auf dem weiten Gebiete der Pflanzenschöpfung bildet; weshalb es meinen Lesern und Leserinnen interessant sein wird, hierüber etwas Ausführliches zu erfahren, nachdem wir auf Seite 162 den anatomischen Bau des Laubholzes kennen gelernt haben. Wir erinnern uns der beiden Abbildungen XIII. a. b. auf Seite 104, durch welche wir auch für das wenig oder unbewaffnete Auge die sehr auffallende Ver- schiedenheit zwischen Nadel- und Laubholz kennen lernten. In beistehenden Figuren sehen wir den Querschnitt (1.) den Spaltschnitt (2.) und den Secantenschnitt (3.) des Kiefernholzes und zwar bei sehr starker Vergrößerung eines sehr kleinen, kaum Stecknadelkopfs großen Stück- chens Holz.
An Fig. 1. haben wir uns nach oben hin die Gegend der Rinde, nach unten hin das Mark zu denken. Zwischen jj und zwischen j'j' liegt ein Jahresring, der wie es in der Wirklichkeit nur an sehr feinjährigem Holze selten vorkommt, nur aus fünf bis sechs Zellenschichten besteht. Wir sehen, daß die Holzzellen auffallend, wenn auch nicht vollständig regelmäßig in Reihen geordnet sind, welche am ganzen Stammquerschnitte vom Marke nach der Rinde strahlig verlaufen und nicht minder stehen sie ziemlich regelmäßig in kreisförmiger, mit der Rinde gleichlaufender Anordnung. Von Innen (jj) nach Außen (j'j') werden die Zellen immer kleiner, platter und dickwandiger. Bei m sehen wir einen Mark-
Boden ein, welcher ſich im ſpäteren Alter und je nach der Beſchaffenheit des Bodens, kräftige Seitenwurzeln zugeſellen. Dieſes Tiefgehen der Wurzeln verleidet daher auch den Kiefern felſige Standorte, wenn dieſer nicht wenigſtens klüftig iſt. In dieſem Falle jedoch vermag es die Kiefer mit weit ausgreifenden Wurzeln tief in die Felſenſpalten einzudringen und ſo geſtellte Kiefern werden an Felsabhängen ſehr häufig außerordent- lich maleriſche Bäume, die freilich den Pyramidencharakter faſt gänzlich verlieren, ja im Gegentheil zuweilen den ſchirmförmigen Kronenwuchs der Pinie (Pinus Pinea) vollſtändig annehmen.
Das Holz der Kiefer ſtimmt mit dem aller übrigen Nadelhölzer im anatomiſchen Bau weſentlich überein. Dieſer iſt ſo einfach und regel- mäßig und dabei in ſehr wichtigen Punkten von dem aller übrigen Holz- pflanzen ſo bedeutend verſchieden, daß dieſe Verſchiedenheit gerade hier einen der intereſſanteſten Punkte der Pflanzenanatomie, eine von den ſcharf markirten Grenzlinien auf dem weiten Gebiete der Pflanzenſchöpfung bildet; weshalb es meinen Leſern und Leſerinnen intereſſant ſein wird, hierüber etwas Ausführliches zu erfahren, nachdem wir auf Seite 162 den anatomiſchen Bau des Laubholzes kennen gelernt haben. Wir erinnern uns der beiden Abbildungen XIII. a. b. auf Seite 104, durch welche wir auch für das wenig oder unbewaffnete Auge die ſehr auffallende Ver- ſchiedenheit zwiſchen Nadel- und Laubholz kennen lernten. In beiſtehenden Figuren ſehen wir den Querſchnitt (1.) den Spaltſchnitt (2.) und den Secantenſchnitt (3.) des Kiefernholzes und zwar bei ſehr ſtarker Vergrößerung eines ſehr kleinen, kaum Stecknadelkopfs großen Stück- chens Holz.
An Fig. 1. haben wir uns nach oben hin die Gegend der Rinde, nach unten hin das Mark zu denken. Zwiſchen jj und zwiſchen j′j′ liegt ein Jahresring, der wie es in der Wirklichkeit nur an ſehr feinjährigem Holze ſelten vorkommt, nur aus fünf bis ſechs Zellenſchichten beſteht. Wir ſehen, daß die Holzzellen auffallend, wenn auch nicht vollſtändig regelmäßig in Reihen geordnet ſind, welche am ganzen Stammquerſchnitte vom Marke nach der Rinde ſtrahlig verlaufen und nicht minder ſtehen ſie ziemlich regelmäßig in kreisförmiger, mit der Rinde gleichlaufender Anordnung. Von Innen (jj) nach Außen (j′j′) werden die Zellen immer kleiner, platter und dickwandiger. Bei m ſehen wir einen Mark-
<TEI><text><body><divn="1"><divn="2"><divn="3"><p><pbfacs="#f0289"n="263"/>
Boden ein, welcher ſich im ſpäteren Alter und je nach der Beſchaffenheit<lb/>
des Bodens, kräftige Seitenwurzeln zugeſellen. Dieſes Tiefgehen der<lb/>
Wurzeln verleidet daher auch den Kiefern felſige Standorte, wenn dieſer<lb/>
nicht wenigſtens klüftig iſt. In dieſem Falle jedoch vermag es die Kiefer<lb/>
mit weit ausgreifenden Wurzeln tief in die Felſenſpalten einzudringen<lb/>
und ſo geſtellte Kiefern werden an Felsabhängen ſehr häufig außerordent-<lb/>
lich maleriſche Bäume, die freilich den Pyramidencharakter faſt gänzlich<lb/>
verlieren, ja im Gegentheil zuweilen den ſchirmförmigen Kronenwuchs<lb/>
der Pinie (<hirendition="#aq">Pinus Pinea</hi>) vollſtändig annehmen.</p><lb/><p>Das Holz der Kiefer ſtimmt mit dem aller übrigen Nadelhölzer im<lb/>
anatomiſchen Bau weſentlich überein. Dieſer iſt ſo einfach und regel-<lb/>
mäßig und dabei in ſehr wichtigen Punkten von dem aller übrigen Holz-<lb/>
pflanzen ſo bedeutend verſchieden, daß dieſe Verſchiedenheit gerade hier<lb/>
einen der intereſſanteſten Punkte der Pflanzenanatomie, eine von den<lb/>ſcharf markirten Grenzlinien auf dem weiten Gebiete der Pflanzenſchöpfung<lb/>
bildet; weshalb es meinen Leſern und Leſerinnen intereſſant ſein wird,<lb/>
hierüber etwas Ausführliches zu erfahren, nachdem wir auf Seite 162<lb/>
den anatomiſchen Bau des Laubholzes kennen gelernt haben. Wir erinnern<lb/>
uns der beiden Abbildungen <hirendition="#aq">XIII. a. b</hi>. auf Seite 104, durch welche wir<lb/>
auch für das wenig oder unbewaffnete Auge die ſehr auffallende Ver-<lb/>ſchiedenheit zwiſchen Nadel- und Laubholz kennen lernten. In beiſtehenden<lb/>
Figuren ſehen wir den Querſchnitt (1.) den Spaltſchnitt (2.) und den<lb/>
Secantenſchnitt (3.) des Kiefernholzes und zwar bei ſehr ſtarker<lb/>
Vergrößerung eines ſehr kleinen, kaum Stecknadelkopfs großen Stück-<lb/>
chens Holz.</p><lb/><p>An Fig. 1. haben wir uns nach oben hin die Gegend der Rinde,<lb/>
nach unten hin das Mark zu denken. Zwiſchen <hirendition="#aq">jj</hi> und zwiſchen <hirendition="#aq">j′j</hi>′ liegt<lb/>
ein Jahresring, der wie es in der Wirklichkeit nur an ſehr feinjährigem<lb/>
Holze ſelten vorkommt, nur aus fünf bis ſechs Zellenſchichten beſteht.<lb/>
Wir ſehen, daß die Holzzellen auffallend, wenn auch nicht vollſtändig<lb/>
regelmäßig in Reihen geordnet ſind, welche am ganzen Stammquerſchnitte<lb/>
vom Marke nach der Rinde ſtrahlig verlaufen und nicht minder ſtehen<lb/>ſie ziemlich regelmäßig in kreisförmiger, mit der Rinde gleichlaufender<lb/>
Anordnung. Von Innen (<hirendition="#aq">jj</hi>) nach Außen (<hirendition="#aq">j′j</hi>′) werden die Zellen<lb/>
immer kleiner, platter und dickwandiger. Bei <hirendition="#aq">m</hi>ſehen wir einen Mark-<lb/></p></div></div></div></body></text></TEI>
[263/0289]
Boden ein, welcher ſich im ſpäteren Alter und je nach der Beſchaffenheit
des Bodens, kräftige Seitenwurzeln zugeſellen. Dieſes Tiefgehen der
Wurzeln verleidet daher auch den Kiefern felſige Standorte, wenn dieſer
nicht wenigſtens klüftig iſt. In dieſem Falle jedoch vermag es die Kiefer
mit weit ausgreifenden Wurzeln tief in die Felſenſpalten einzudringen
und ſo geſtellte Kiefern werden an Felsabhängen ſehr häufig außerordent-
lich maleriſche Bäume, die freilich den Pyramidencharakter faſt gänzlich
verlieren, ja im Gegentheil zuweilen den ſchirmförmigen Kronenwuchs
der Pinie (Pinus Pinea) vollſtändig annehmen.
Das Holz der Kiefer ſtimmt mit dem aller übrigen Nadelhölzer im
anatomiſchen Bau weſentlich überein. Dieſer iſt ſo einfach und regel-
mäßig und dabei in ſehr wichtigen Punkten von dem aller übrigen Holz-
pflanzen ſo bedeutend verſchieden, daß dieſe Verſchiedenheit gerade hier
einen der intereſſanteſten Punkte der Pflanzenanatomie, eine von den
ſcharf markirten Grenzlinien auf dem weiten Gebiete der Pflanzenſchöpfung
bildet; weshalb es meinen Leſern und Leſerinnen intereſſant ſein wird,
hierüber etwas Ausführliches zu erfahren, nachdem wir auf Seite 162
den anatomiſchen Bau des Laubholzes kennen gelernt haben. Wir erinnern
uns der beiden Abbildungen XIII. a. b. auf Seite 104, durch welche wir
auch für das wenig oder unbewaffnete Auge die ſehr auffallende Ver-
ſchiedenheit zwiſchen Nadel- und Laubholz kennen lernten. In beiſtehenden
Figuren ſehen wir den Querſchnitt (1.) den Spaltſchnitt (2.) und den
Secantenſchnitt (3.) des Kiefernholzes und zwar bei ſehr ſtarker
Vergrößerung eines ſehr kleinen, kaum Stecknadelkopfs großen Stück-
chens Holz.
An Fig. 1. haben wir uns nach oben hin die Gegend der Rinde,
nach unten hin das Mark zu denken. Zwiſchen jj und zwiſchen j′j′ liegt
ein Jahresring, der wie es in der Wirklichkeit nur an ſehr feinjährigem
Holze ſelten vorkommt, nur aus fünf bis ſechs Zellenſchichten beſteht.
Wir ſehen, daß die Holzzellen auffallend, wenn auch nicht vollſtändig
regelmäßig in Reihen geordnet ſind, welche am ganzen Stammquerſchnitte
vom Marke nach der Rinde ſtrahlig verlaufen und nicht minder ſtehen
ſie ziemlich regelmäßig in kreisförmiger, mit der Rinde gleichlaufender
Anordnung. Von Innen (jj) nach Außen (j′j′) werden die Zellen
immer kleiner, platter und dickwandiger. Bei m ſehen wir einen Mark-
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Roßmäßler, Emil Adolf: Der Wald. Leipzig u. a., 1863, S. 263. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/rossmaessler_wald_1863/289>, abgerufen am 23.12.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.