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Roßmäßler, Emil Adolf: Der Wald. Leipzig u. a., 1863.

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schehen kann, wenn man sich ihn aus dem schwer ersteigbaren obersten
Wipfel herunterholen läßt. Die Tanne trägt im Allgemeinen später und
seltener Früchte als die Fichte.

Die Nadeln sind von den Fichtennadeln so sehr verschieden, daß
sie allein ausreichen, beide Bäume leicht von einander zu unterscheiden
und es geradehin unbegreiflich ist, wie beide doch so häufig verkannt
werden. Die Tannennadel hat eine deutliche Ober- und Unterseite mit
entschieden ausgesprochener Mittelrippe, was Beides bei der vierkantigen,
auf dem Querschnitt rautenförmigen Fichtennadel nicht der Fall ist
(vergl. Figur 9. und 10. mit Figur 9. auf Seite 305). Die Oberseite
der Tannennadel ist glänzend und saftig dunkelgrün, die Unterseite zeigt
auf jeder Seite der Mittelrippe zwischen dieser und dem etwas abwärts
gekrümmten Nadelrande einen silberweißen Streifen, der bei starker Ver-
größerung sich in dicht beisammenstehende Längsreihen kleiner weißer
Pünktchen auflößt, welche aus Harz bestehen, welches aus der unteren
Oberhaut der Nadel herausschwitzt. Jedem dieser Pünktchen entspricht
eine Spaltöffnung (S. 126 Fig. XVII b.). Genau ebenso beschaffene
weiße Streifen hat auch die Fichtennadel, aber an allen vier Seiten, so
daß eben bei ihr von einer Ober- und Unterseite nicht die Rede sein
kann. Wie bei allen Nadelhölzern stehen auch bei der Tanne die Nadeln
am ganzen Umfang des Triebes in schraubenförmigen Reihen geordnet.
Bei oberflächlichem Anschauen kann man jedoch leicht glauben, daß sie,
namentlich an den Trieben junger Tannen und in den unteren Kronen-
theilen älterer zweizeilig stehen, wie die Fahne am Federkiel; sie sind
aber nicht zweizeilig gestellt, sondern nur zweizeilig gerichtet. Ein
anderer Unterschied zwischen der Tannen- und Fichtennadel beruht darin,
daß die erstere an der Spitze stumpf zweispitzig ist, während wir die
Fichtennadel scharf einspitzig fanden. Von dieser Beschaffenheit machen
die Tannennadeln des Herztriebes und im obersten Wipfel auch die der
Längstriebe der Zweige eine merkwürdige Ausnahme, indem sie wie die
Fichtennadeln einspitzig sind, ohne jedoch den Unterschied zwischen Ober-
und Unterseite aufzugeben (XLVII. 2.). Während die Fichtennadeln stets
so ziemlich von gleicher Länge sind, so sind die Tannennadeln eines und
desselben Triebes von sehr verschiedener Länge. Die Triebe der Tanne
sind von den Fichtentrieben dadurch wesentlich verschieden, daß sie grünlich-

ſchehen kann, wenn man ſich ihn aus dem ſchwer erſteigbaren oberſten
Wipfel herunterholen läßt. Die Tanne trägt im Allgemeinen ſpäter und
ſeltener Früchte als die Fichte.

Die Nadeln ſind von den Fichtennadeln ſo ſehr verſchieden, daß
ſie allein ausreichen, beide Bäume leicht von einander zu unterſcheiden
und es geradehin unbegreiflich iſt, wie beide doch ſo häufig verkannt
werden. Die Tannennadel hat eine deutliche Ober- und Unterſeite mit
entſchieden ausgeſprochener Mittelrippe, was Beides bei der vierkantigen,
auf dem Querſchnitt rautenförmigen Fichtennadel nicht der Fall iſt
(vergl. Figur 9. und 10. mit Figur 9. auf Seite 305). Die Oberſeite
der Tannennadel iſt glänzend und ſaftig dunkelgrün, die Unterſeite zeigt
auf jeder Seite der Mittelrippe zwiſchen dieſer und dem etwas abwärts
gekrümmten Nadelrande einen ſilberweißen Streifen, der bei ſtarker Ver-
größerung ſich in dicht beiſammenſtehende Längsreihen kleiner weißer
Pünktchen auflößt, welche aus Harz beſtehen, welches aus der unteren
Oberhaut der Nadel herausſchwitzt. Jedem dieſer Pünktchen entſpricht
eine Spaltöffnung (S. 126 Fig. XVII b.). Genau ebenſo beſchaffene
weiße Streifen hat auch die Fichtennadel, aber an allen vier Seiten, ſo
daß eben bei ihr von einer Ober- und Unterſeite nicht die Rede ſein
kann. Wie bei allen Nadelhölzern ſtehen auch bei der Tanne die Nadeln
am ganzen Umfang des Triebes in ſchraubenförmigen Reihen geordnet.
Bei oberflächlichem Anſchauen kann man jedoch leicht glauben, daß ſie,
namentlich an den Trieben junger Tannen und in den unteren Kronen-
theilen älterer zweizeilig ſtehen, wie die Fahne am Federkiel; ſie ſind
aber nicht zweizeilig geſtellt, ſondern nur zweizeilig gerichtet. Ein
anderer Unterſchied zwiſchen der Tannen- und Fichtennadel beruht darin,
daß die erſtere an der Spitze ſtumpf zweiſpitzig iſt, während wir die
Fichtennadel ſcharf einſpitzig fanden. Von dieſer Beſchaffenheit machen
die Tannennadeln des Herztriebes und im oberſten Wipfel auch die der
Längstriebe der Zweige eine merkwürdige Ausnahme, indem ſie wie die
Fichtennadeln einſpitzig ſind, ohne jedoch den Unterſchied zwiſchen Ober-
und Unterſeite aufzugeben (XLVII. 2.). Während die Fichtennadeln ſtets
ſo ziemlich von gleicher Länge ſind, ſo ſind die Tannennadeln eines und
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ſind von den Fichtentrieben dadurch weſentlich verſchieden, daß ſie grünlich-

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[328/0358] ſchehen kann, wenn man ſich ihn aus dem ſchwer erſteigbaren oberſten Wipfel herunterholen läßt. Die Tanne trägt im Allgemeinen ſpäter und ſeltener Früchte als die Fichte. Die Nadeln ſind von den Fichtennadeln ſo ſehr verſchieden, daß ſie allein ausreichen, beide Bäume leicht von einander zu unterſcheiden und es geradehin unbegreiflich iſt, wie beide doch ſo häufig verkannt werden. Die Tannennadel hat eine deutliche Ober- und Unterſeite mit entſchieden ausgeſprochener Mittelrippe, was Beides bei der vierkantigen, auf dem Querſchnitt rautenförmigen Fichtennadel nicht der Fall iſt (vergl. Figur 9. und 10. mit Figur 9. auf Seite 305). Die Oberſeite der Tannennadel iſt glänzend und ſaftig dunkelgrün, die Unterſeite zeigt auf jeder Seite der Mittelrippe zwiſchen dieſer und dem etwas abwärts gekrümmten Nadelrande einen ſilberweißen Streifen, der bei ſtarker Ver- größerung ſich in dicht beiſammenſtehende Längsreihen kleiner weißer Pünktchen auflößt, welche aus Harz beſtehen, welches aus der unteren Oberhaut der Nadel herausſchwitzt. Jedem dieſer Pünktchen entſpricht eine Spaltöffnung (S. 126 Fig. XVII b.). Genau ebenſo beſchaffene weiße Streifen hat auch die Fichtennadel, aber an allen vier Seiten, ſo daß eben bei ihr von einer Ober- und Unterſeite nicht die Rede ſein kann. Wie bei allen Nadelhölzern ſtehen auch bei der Tanne die Nadeln am ganzen Umfang des Triebes in ſchraubenförmigen Reihen geordnet. Bei oberflächlichem Anſchauen kann man jedoch leicht glauben, daß ſie, namentlich an den Trieben junger Tannen und in den unteren Kronen- theilen älterer zweizeilig ſtehen, wie die Fahne am Federkiel; ſie ſind aber nicht zweizeilig geſtellt, ſondern nur zweizeilig gerichtet. Ein anderer Unterſchied zwiſchen der Tannen- und Fichtennadel beruht darin, daß die erſtere an der Spitze ſtumpf zweiſpitzig iſt, während wir die Fichtennadel ſcharf einſpitzig fanden. Von dieſer Beſchaffenheit machen die Tannennadeln des Herztriebes und im oberſten Wipfel auch die der Längstriebe der Zweige eine merkwürdige Ausnahme, indem ſie wie die Fichtennadeln einſpitzig ſind, ohne jedoch den Unterſchied zwiſchen Ober- und Unterſeite aufzugeben (XLVII. 2.). Während die Fichtennadeln ſtets ſo ziemlich von gleicher Länge ſind, ſo ſind die Tannennadeln eines und deſſelben Triebes von ſehr verſchiedener Länge. Die Triebe der Tanne ſind von den Fichtentrieben dadurch weſentlich verſchieden, daß ſie grünlich-

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Zitationshilfe: Roßmäßler, Emil Adolf: Der Wald. Leipzig u. a., 1863, S. 328. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/rossmaessler_wald_1863/358>, abgerufen am 23.12.2024.