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Roßmäßler, Emil Adolf: Der Wald. Leipzig u. a., 1863.

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daß alle Blüthchen der blüthenreichen Trugdolde geschlechtslos sind, was
bei letzterer blos bei den am Umfange des Blüthenstandes der Fall ist.
In der Mitte von diesem stehen bei der Stammform kleine fünfblättrige
gelbweiße Blüthen mit 5 Staubfäden und 3 sitzenden Narben. Die am
Umfange stehenden Blüthchen haben weder Staubfäden noch Narben,
sondern nur die fünf sehr vergrößerten, schneeweißen in der Mitte in einen
Punkt zusammenstoßenden Blumenblätter. Es entwickeln sich daher auch
nur aus den innern Blüthen Früchte (der Gartenschneeball entwickelt
natürlich gar keine), welche erbsengroß, eirund und bei der sehr spät erst
stattfindenden Reife brennend scharlachroth, weich und saftig sind und
einen herzförmigen zusammengedrückten Samen einschließen. Die Blätter
stehen kreuzweise gegenständig auf etwa 3/4 Zoll langen Stielen, sie sind
ziemlich groß, ausgerundeter oder seicht herzförmiger Basis, dreilappig mit
zugespitzten und am Rande grobgezähnten Lappen, Unterseite weichhaarig,
Oberseite kahl und dunkler grün. Die Knospen von 2 Schuppen dicht
umschlossen.

Im Walde erscheint der Wasserholder meist nur als ein 10--15 F.
hoher ziemlich lockerer Strauch, während die Gartenspielart oft als kleines
Bäumchen mit abgewölbter Krone erzogen wird. Das Holz ist ziemlich
fein und fest mit gelbbraunem widerlich riechenden Kern und weißem oder
röthlichen Splint. Bedeutung hat dieser Strauch nur durch sein großes
Ausschlagsvermögen für den Niederwald.

Die andere Art, der Schlingstrauch, Vib. Lantana L., seinem
deutschen Namen wie es scheint nicht im mindesten entsprechend, ist durch
seine größeren regelmäßig eirunden scharf sägezähnigen, unterseits fast
graufilzigen Blätter und durch den Mangel der unfruchtbaren Blüthen
am Umfange des Blüthenstandes sofort zu unterscheiden. Noch auffallender
aber ist der gänzliche Mangel der Schuppen an den im Gegentheil völlig
nackten Knospen an denen die vorgebildeten Blättchen aneinandergedrückt
ganz frei stehen. (S. 60. Fig. 8.) Die jungen Triebe und Blättchen
sind ganz mit grauen Sternhaaren bekleidet.

Der Schlingstrauch findet sich wild von Thüringen an in Süddeutsch-
land namentlich auf Kalkboden ziemlich verbreitet, anderwärts aber sehr
häufig in Parkanlagen als Zierstrauch.

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daß alle Blüthchen der blüthenreichen Trugdolde geſchlechtslos ſind, was
bei letzterer blos bei den am Umfange des Blüthenſtandes der Fall iſt.
In der Mitte von dieſem ſtehen bei der Stammform kleine fünfblättrige
gelbweiße Blüthen mit 5 Staubfäden und 3 ſitzenden Narben. Die am
Umfange ſtehenden Blüthchen haben weder Staubfäden noch Narben,
ſondern nur die fünf ſehr vergrößerten, ſchneeweißen in der Mitte in einen
Punkt zuſammenſtoßenden Blumenblätter. Es entwickeln ſich daher auch
nur aus den innern Blüthen Früchte (der Gartenſchneeball entwickelt
natürlich gar keine), welche erbſengroß, eirund und bei der ſehr ſpät erſt
ſtattfindenden Reife brennend ſcharlachroth, weich und ſaftig ſind und
einen herzförmigen zuſammengedrückten Samen einſchließen. Die Blätter
ſtehen kreuzweiſe gegenſtändig auf etwa ¾ Zoll langen Stielen, ſie ſind
ziemlich groß, ausgerundeter oder ſeicht herzförmiger Baſis, dreilappig mit
zugeſpitzten und am Rande grobgezähnten Lappen, Unterſeite weichhaarig,
Oberſeite kahl und dunkler grün. Die Knospen von 2 Schuppen dicht
umſchloſſen.

Im Walde erſcheint der Waſſerholder meiſt nur als ein 10—15 F.
hoher ziemlich lockerer Strauch, während die Gartenſpielart oft als kleines
Bäumchen mit abgewölbter Krone erzogen wird. Das Holz iſt ziemlich
fein und feſt mit gelbbraunem widerlich riechenden Kern und weißem oder
röthlichen Splint. Bedeutung hat dieſer Strauch nur durch ſein großes
Ausſchlagsvermögen für den Niederwald.

Die andere Art, der Schlingſtrauch, Vib. Lantana L., ſeinem
deutſchen Namen wie es ſcheint nicht im mindeſten entſprechend, iſt durch
ſeine größeren regelmäßig eirunden ſcharf ſägezähnigen, unterſeits faſt
graufilzigen Blätter und durch den Mangel der unfruchtbaren Blüthen
am Umfange des Blüthenſtandes ſofort zu unterſcheiden. Noch auffallender
aber iſt der gänzliche Mangel der Schuppen an den im Gegentheil völlig
nackten Knospen an denen die vorgebildeten Blättchen aneinandergedrückt
ganz frei ſtehen. (S. 60. Fig. 8.) Die jungen Triebe und Blättchen
ſind ganz mit grauen Sternhaaren bekleidet.

Der Schlingſtrauch findet ſich wild von Thüringen an in Süddeutſch-
land namentlich auf Kalkboden ziemlich verbreitet, anderwärts aber ſehr
häufig in Parkanlagen als Zierſtrauch.

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[483/0533] daß alle Blüthchen der blüthenreichen Trugdolde geſchlechtslos ſind, was bei letzterer blos bei den am Umfange des Blüthenſtandes der Fall iſt. In der Mitte von dieſem ſtehen bei der Stammform kleine fünfblättrige gelbweiße Blüthen mit 5 Staubfäden und 3 ſitzenden Narben. Die am Umfange ſtehenden Blüthchen haben weder Staubfäden noch Narben, ſondern nur die fünf ſehr vergrößerten, ſchneeweißen in der Mitte in einen Punkt zuſammenſtoßenden Blumenblätter. Es entwickeln ſich daher auch nur aus den innern Blüthen Früchte (der Gartenſchneeball entwickelt natürlich gar keine), welche erbſengroß, eirund und bei der ſehr ſpät erſt ſtattfindenden Reife brennend ſcharlachroth, weich und ſaftig ſind und einen herzförmigen zuſammengedrückten Samen einſchließen. Die Blätter ſtehen kreuzweiſe gegenſtändig auf etwa ¾ Zoll langen Stielen, ſie ſind ziemlich groß, ausgerundeter oder ſeicht herzförmiger Baſis, dreilappig mit zugeſpitzten und am Rande grobgezähnten Lappen, Unterſeite weichhaarig, Oberſeite kahl und dunkler grün. Die Knospen von 2 Schuppen dicht umſchloſſen. Im Walde erſcheint der Waſſerholder meiſt nur als ein 10—15 F. hoher ziemlich lockerer Strauch, während die Gartenſpielart oft als kleines Bäumchen mit abgewölbter Krone erzogen wird. Das Holz iſt ziemlich fein und feſt mit gelbbraunem widerlich riechenden Kern und weißem oder röthlichen Splint. Bedeutung hat dieſer Strauch nur durch ſein großes Ausſchlagsvermögen für den Niederwald. Die andere Art, der Schlingſtrauch, Vib. Lantana L., ſeinem deutſchen Namen wie es ſcheint nicht im mindeſten entſprechend, iſt durch ſeine größeren regelmäßig eirunden ſcharf ſägezähnigen, unterſeits faſt graufilzigen Blätter und durch den Mangel der unfruchtbaren Blüthen am Umfange des Blüthenſtandes ſofort zu unterſcheiden. Noch auffallender aber iſt der gänzliche Mangel der Schuppen an den im Gegentheil völlig nackten Knospen an denen die vorgebildeten Blättchen aneinandergedrückt ganz frei ſtehen. (S. 60. Fig. 8.) Die jungen Triebe und Blättchen ſind ganz mit grauen Sternhaaren bekleidet. Der Schlingſtrauch findet ſich wild von Thüringen an in Süddeutſch- land namentlich auf Kalkboden ziemlich verbreitet, anderwärts aber ſehr häufig in Parkanlagen als Zierſtrauch. 31*

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Zitationshilfe: Roßmäßler, Emil Adolf: Der Wald. Leipzig u. a., 1863, S. 483. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/rossmaessler_wald_1863/533>, abgerufen am 17.06.2024.