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Roßmäßler, Emil Adolf: Der Wald. Leipzig u. a., 1863.

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stumpfspitzige Weidenblätter; auch stehen die kleinen weißen Blüthen in
einer endständigen ästigen Traube wie bei dem Oelbaume und haben einen
widerlich bitteren Geruch. Die Frucht ist aber eine saftige blauschwarze
erbsengroße Beere.

Der Liguster blüht im Juni und seine erst im Oktober reifenden
Beeren bleiben meist den Winter über hängen, da sie selbst von den
Vögeln verschmäht zu werden scheinen. Er wächst fast auf jedem nicht
zu trocknen und sandigen Boden, namentlich an Waldrändern, mehr jedoch
wie es scheint in der südlichen Hälfte Deutschlands als im Norden, ja
es mag bei ihm wie bei dem schwarzen Hollunder die wirkliche ursprüng-
liche Heimathsangehörigkeit von der Einwanderung vieler Orten schwer zu
unterscheiden sein, da der Liguster -- früher entschieden viel mehr als
gegenwärtig -- theils in Lustgehölzen theils zu Hecken, welche zweimal
im Jahre beschnitten und dadurch sehr dicht werden, vielfältig angepflanzt
worden ist, was durch Erziehung aus Samen oder durch Wurzelbrut und
Stecklinge sehr leicht geschieht. Die Benutzung der Beeren mit ver-
schiedenen Zusätzen zu mancherlei Farben ist wohl nie im Großen betrieben
worden und auch die Anwendung der feinen zähen Ruthen zu Flechtwerk
und als Bindwieden, wozu diese den Weidenruthen vorzuziehen sind, mag
nur sehr beschränkt stattgefunden haben. Die immer nur höchstens einige
Zoll starken Stämmchen können durch ihr feines, weißes, außerordentlich
dichtes und hartes Holz doch die forstliche Beachtung auf den Nieder-
waldschlägen ausgehaltener Ligusterbüsche lohnen, da man daraus die besten
Holzstifte macht.

Dieser in den Parkanlagen doch zu wenig beachtete Strauch hat vor
allen einheimischen Laub-Holzarten -- die folgende ausgenommen -- den
Vorzug, daß man sie in beschränktem Sinne immergrün nennen kann, da
immer eine Menge kaum in der Farbe etwas veränderte Blätter ganz
frisch an den Trieben den Winter über sitzen bleiben.

So wenig der Forstmann den Ligusterstrauch beachtet, so sehr scheint
es von jeher das Volk gethan zu haben, denn er hat eine große Zahl örtlicher
Benennungen, von denen viele auf der Weidenähnlichkeit seiner Blätter
beruhen: Rain- oder Rheinweide, Thunriegel, Zaunriegel, selbst dem
unter 27. besprochenen Concurrenz machend: Hartriegel, wilde Weide,
Hartröhrle, Dintenbeer, spanische, wilde, Zaun-, Mund- und Schulweide

ſtumpfſpitzige Weidenblätter; auch ſtehen die kleinen weißen Blüthen in
einer endſtändigen äſtigen Traube wie bei dem Oelbaume und haben einen
widerlich bitteren Geruch. Die Frucht iſt aber eine ſaftige blauſchwarze
erbſengroße Beere.

Der Liguſter blüht im Juni und ſeine erſt im Oktober reifenden
Beeren bleiben meiſt den Winter über hängen, da ſie ſelbſt von den
Vögeln verſchmäht zu werden ſcheinen. Er wächſt faſt auf jedem nicht
zu trocknen und ſandigen Boden, namentlich an Waldrändern, mehr jedoch
wie es ſcheint in der ſüdlichen Hälfte Deutſchlands als im Norden, ja
es mag bei ihm wie bei dem ſchwarzen Hollunder die wirkliche urſprüng-
liche Heimathsangehörigkeit von der Einwanderung vieler Orten ſchwer zu
unterſcheiden ſein, da der Liguſter — früher entſchieden viel mehr als
gegenwärtig — theils in Luſtgehölzen theils zu Hecken, welche zweimal
im Jahre beſchnitten und dadurch ſehr dicht werden, vielfältig angepflanzt
worden iſt, was durch Erziehung aus Samen oder durch Wurzelbrut und
Stecklinge ſehr leicht geſchieht. Die Benutzung der Beeren mit ver-
ſchiedenen Zuſätzen zu mancherlei Farben iſt wohl nie im Großen betrieben
worden und auch die Anwendung der feinen zähen Ruthen zu Flechtwerk
und als Bindwieden, wozu dieſe den Weidenruthen vorzuziehen ſind, mag
nur ſehr beſchränkt ſtattgefunden haben. Die immer nur höchſtens einige
Zoll ſtarken Stämmchen können durch ihr feines, weißes, außerordentlich
dichtes und hartes Holz doch die forſtliche Beachtung auf den Nieder-
waldſchlägen ausgehaltener Liguſterbüſche lohnen, da man daraus die beſten
Holzſtifte macht.

Dieſer in den Parkanlagen doch zu wenig beachtete Strauch hat vor
allen einheimiſchen Laub-Holzarten — die folgende ausgenommen — den
Vorzug, daß man ſie in beſchränktem Sinne immergrün nennen kann, da
immer eine Menge kaum in der Farbe etwas veränderte Blätter ganz
friſch an den Trieben den Winter über ſitzen bleiben.

So wenig der Forſtmann den Liguſterſtrauch beachtet, ſo ſehr ſcheint
es von jeher das Volk gethan zu haben, denn er hat eine große Zahl örtlicher
Benennungen, von denen viele auf der Weidenähnlichkeit ſeiner Blätter
beruhen: Rain- oder Rheinweide, Thunriegel, Zaunriegel, ſelbſt dem
unter 27. beſprochenen Concurrenz machend: Hartriegel, wilde Weide,
Hartröhrle, Dintenbeer, ſpaniſche, wilde, Zaun-, Mund- und Schulweide

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[492/0544] ſtumpfſpitzige Weidenblätter; auch ſtehen die kleinen weißen Blüthen in einer endſtändigen äſtigen Traube wie bei dem Oelbaume und haben einen widerlich bitteren Geruch. Die Frucht iſt aber eine ſaftige blauſchwarze erbſengroße Beere. Der Liguſter blüht im Juni und ſeine erſt im Oktober reifenden Beeren bleiben meiſt den Winter über hängen, da ſie ſelbſt von den Vögeln verſchmäht zu werden ſcheinen. Er wächſt faſt auf jedem nicht zu trocknen und ſandigen Boden, namentlich an Waldrändern, mehr jedoch wie es ſcheint in der ſüdlichen Hälfte Deutſchlands als im Norden, ja es mag bei ihm wie bei dem ſchwarzen Hollunder die wirkliche urſprüng- liche Heimathsangehörigkeit von der Einwanderung vieler Orten ſchwer zu unterſcheiden ſein, da der Liguſter — früher entſchieden viel mehr als gegenwärtig — theils in Luſtgehölzen theils zu Hecken, welche zweimal im Jahre beſchnitten und dadurch ſehr dicht werden, vielfältig angepflanzt worden iſt, was durch Erziehung aus Samen oder durch Wurzelbrut und Stecklinge ſehr leicht geſchieht. Die Benutzung der Beeren mit ver- ſchiedenen Zuſätzen zu mancherlei Farben iſt wohl nie im Großen betrieben worden und auch die Anwendung der feinen zähen Ruthen zu Flechtwerk und als Bindwieden, wozu dieſe den Weidenruthen vorzuziehen ſind, mag nur ſehr beſchränkt ſtattgefunden haben. Die immer nur höchſtens einige Zoll ſtarken Stämmchen können durch ihr feines, weißes, außerordentlich dichtes und hartes Holz doch die forſtliche Beachtung auf den Nieder- waldſchlägen ausgehaltener Liguſterbüſche lohnen, da man daraus die beſten Holzſtifte macht. Dieſer in den Parkanlagen doch zu wenig beachtete Strauch hat vor allen einheimiſchen Laub-Holzarten — die folgende ausgenommen — den Vorzug, daß man ſie in beſchränktem Sinne immergrün nennen kann, da immer eine Menge kaum in der Farbe etwas veränderte Blätter ganz friſch an den Trieben den Winter über ſitzen bleiben. So wenig der Forſtmann den Liguſterſtrauch beachtet, ſo ſehr ſcheint es von jeher das Volk gethan zu haben, denn er hat eine große Zahl örtlicher Benennungen, von denen viele auf der Weidenähnlichkeit ſeiner Blätter beruhen: Rain- oder Rheinweide, Thunriegel, Zaunriegel, ſelbſt dem unter 27. beſprochenen Concurrenz machend: Hartriegel, wilde Weide, Hartröhrle, Dintenbeer, ſpaniſche, wilde, Zaun-, Mund- und Schulweide

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Zitationshilfe: Roßmäßler, Emil Adolf: Der Wald. Leipzig u. a., 1863, S. 492. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/rossmaessler_wald_1863/544>, abgerufen am 23.12.2024.