Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Roßmäßler, Emil Adolf: Der Wald. Leipzig u. a., 1863.

Bild:
<< vorherige Seite
36. Die Eberesche, Sorbus aucuparia L.

Die Blüthen haben meist 3 Stempel und stehen in einer reich-
blüthigen gewölbten Trugdolde und haben kleine gelblich weiße Blumen-
blätter. Die Früchte sind erbsengroß kugelförmig und scharlachroth, lange
hängen bleibend. Die Blätter sind unpaarig gefiedert, in der Jugend
graufilzig, später oben kahl. Der gemeinsame Blattstiel ist oben durch
zwei herablaufende Linien von Blattsubstanz rinnenartig. Die länglich-
lanzettlichen 11--15 Fiedern sägezähnig. Die unregelmäßig gestalteten
Knospen sind filzig und stehen über der glänzend schwarzbraunen bleibenden
Blattstielbasis. Der Stamm ist meist regelmäßig walzig, bis zur Krone
geradschaftig mit silbergrauer ziemlich glatter Rinde, Zweige mit brauner
Rinde. Die Krone wölbt sich frühzeitig ab, ist bald mehr bald weniger
eirund oder mehr breit, immer etwas unterbrochen und ziemlich locker
belaubt. Wurzel tief eindringend mit weitausstreichenden Seitenwurzeln.
Das Holz ist ziemlich fein und zähe mit zahlreichen engen, gleichmäßig
vertheilten Poren und feinen zahlreichen Markstrahlen. Die Jahresringe
sind durch eine feine braune Linie sehr deutlich bezeichnet; Kernholz hell
rothbraun, Splint düster röthlich weiß.

Der Standort der Eberesche ist vorzüglich in dem frischen humus-
reichen zerklüfteten Felsenboden der Gebirgswaldungen, wo sie in allerlei
Bestandsarten sich einmengt und in ganz Deutschland und weiter nach
Norden überall verbreitet und bei uns auf den für Waldkultur noch ge-
eigneten höchsten Gebirgsebenen der aushaltendste Laubholzbaum ist.

Das Leben dieses schönen allgemein bekannten und beliebten Baumes
ist ein vagabundirendes zu nennen, denn sein leicht aufgehender Same
wird durch die beerenfressenden Vögel weit verbreitet, so daß wir jungen
vom 2. oder 3. Jahre einen freudigen Wuchs entwickelnden Ebereschen
überall begegnen. Sie trägt schon frühzeitig, oft schon vom 10. bis 12.
Lebensjahre an und dann fast alle Jahre reichlich Blüthe und Frucht, und
hat einen guten Stockausschlag. An ihrem Stamme findet man am
häufigsten die S. 199. erwähnten Kugelsprosse, welche, nachdem sie ab-
gestoßen sind, eine ringförmige Narbe auf der Rinde hinterlassen. An
Stocklohden und selbst an Stammausschlägen sind wie gewöhnlich die

36. Die Ebereſche, Sorbus aucuparia L.

Die Blüthen haben meiſt 3 Stempel und ſtehen in einer reich-
blüthigen gewölbten Trugdolde und haben kleine gelblich weiße Blumen-
blätter. Die Früchte ſind erbſengroß kugelförmig und ſcharlachroth, lange
hängen bleibend. Die Blätter ſind unpaarig gefiedert, in der Jugend
graufilzig, ſpäter oben kahl. Der gemeinſame Blattſtiel iſt oben durch
zwei herablaufende Linien von Blattſubſtanz rinnenartig. Die länglich-
lanzettlichen 11—15 Fiedern ſägezähnig. Die unregelmäßig geſtalteten
Knospen ſind filzig und ſtehen über der glänzend ſchwarzbraunen bleibenden
Blattſtielbaſis. Der Stamm iſt meiſt regelmäßig walzig, bis zur Krone
geradſchaftig mit ſilbergrauer ziemlich glatter Rinde, Zweige mit brauner
Rinde. Die Krone wölbt ſich frühzeitig ab, iſt bald mehr bald weniger
eirund oder mehr breit, immer etwas unterbrochen und ziemlich locker
belaubt. Wurzel tief eindringend mit weitausſtreichenden Seitenwurzeln.
Das Holz iſt ziemlich fein und zähe mit zahlreichen engen, gleichmäßig
vertheilten Poren und feinen zahlreichen Markſtrahlen. Die Jahresringe
ſind durch eine feine braune Linie ſehr deutlich bezeichnet; Kernholz hell
rothbraun, Splint düſter röthlich weiß.

Der Standort der Ebereſche iſt vorzüglich in dem friſchen humus-
reichen zerklüfteten Felſenboden der Gebirgswaldungen, wo ſie in allerlei
Beſtandsarten ſich einmengt und in ganz Deutſchland und weiter nach
Norden überall verbreitet und bei uns auf den für Waldkultur noch ge-
eigneten höchſten Gebirgsebenen der aushaltendſte Laubholzbaum iſt.

Das Leben dieſes ſchönen allgemein bekannten und beliebten Baumes
iſt ein vagabundirendes zu nennen, denn ſein leicht aufgehender Same
wird durch die beerenfreſſenden Vögel weit verbreitet, ſo daß wir jungen
vom 2. oder 3. Jahre einen freudigen Wuchs entwickelnden Ebereſchen
überall begegnen. Sie trägt ſchon frühzeitig, oft ſchon vom 10. bis 12.
Lebensjahre an und dann faſt alle Jahre reichlich Blüthe und Frucht, und
hat einen guten Stockausſchlag. An ihrem Stamme findet man am
häufigſten die S. 199. erwähnten Kugelſproſſe, welche, nachdem ſie ab-
geſtoßen ſind, eine ringförmige Narbe auf der Rinde hinterlaſſen. An
Stocklohden und ſelbſt an Stammausſchlägen ſind wie gewöhnlich die

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <div n="3">
            <pb facs="#f0552" n="500"/>
            <div n="4">
              <head> <hi rendition="#b">36. Die Ebere&#x017F;che, <hi rendition="#aq">Sorbus aucuparia L.</hi></hi> </head><lb/>
              <p>Die <hi rendition="#g">Blüthen</hi> haben mei&#x017F;t 3 Stempel und &#x017F;tehen in einer reich-<lb/>
blüthigen gewölbten Trugdolde und haben kleine gelblich weiße Blumen-<lb/>
blätter. Die <hi rendition="#g">Früchte</hi> &#x017F;ind erb&#x017F;engroß kugelförmig und &#x017F;charlachroth, lange<lb/>
hängen bleibend. Die <hi rendition="#g">Blätter</hi> &#x017F;ind unpaarig gefiedert, in der Jugend<lb/>
graufilzig, &#x017F;päter oben kahl. Der gemein&#x017F;ame Blatt&#x017F;tiel i&#x017F;t oben durch<lb/>
zwei herablaufende Linien von Blatt&#x017F;ub&#x017F;tanz rinnenartig. Die länglich-<lb/>
lanzettlichen 11&#x2014;15 Fiedern &#x017F;ägezähnig. Die unregelmäßig ge&#x017F;talteten<lb/><hi rendition="#g">Knospen</hi> &#x017F;ind filzig und &#x017F;tehen über der glänzend &#x017F;chwarzbraunen bleibenden<lb/>
Blatt&#x017F;tielba&#x017F;is. Der <hi rendition="#g">Stamm</hi> i&#x017F;t mei&#x017F;t regelmäßig walzig, bis zur Krone<lb/>
gerad&#x017F;chaftig mit &#x017F;ilbergrauer ziemlich glatter Rinde, Zweige mit brauner<lb/>
Rinde. Die <hi rendition="#g">Krone</hi> wölbt &#x017F;ich frühzeitig ab, i&#x017F;t bald mehr bald weniger<lb/>
eirund oder mehr breit, immer etwas unterbrochen und ziemlich locker<lb/>
belaubt. <hi rendition="#g">Wurzel</hi> tief eindringend mit weitaus&#x017F;treichenden Seitenwurzeln.<lb/>
Das <hi rendition="#g">Holz</hi> i&#x017F;t ziemlich fein und zähe mit zahlreichen engen, gleichmäßig<lb/>
vertheilten Poren und feinen zahlreichen Mark&#x017F;trahlen. Die Jahresringe<lb/>
&#x017F;ind durch eine feine braune Linie &#x017F;ehr deutlich bezeichnet; Kernholz hell<lb/>
rothbraun, Splint dü&#x017F;ter röthlich weiß.</p><lb/>
              <p>Der <hi rendition="#g">Standort</hi> der Ebere&#x017F;che i&#x017F;t vorzüglich in dem fri&#x017F;chen humus-<lb/>
reichen zerklüfteten Fel&#x017F;enboden der Gebirgswaldungen, wo &#x017F;ie in allerlei<lb/>
Be&#x017F;tandsarten &#x017F;ich einmengt und in ganz Deut&#x017F;chland und weiter nach<lb/>
Norden überall <hi rendition="#g">verbreitet</hi> und bei uns auf den für Waldkultur noch ge-<lb/>
eigneten höch&#x017F;ten Gebirgsebenen der aushaltend&#x017F;te Laubholzbaum i&#x017F;t.</p><lb/>
              <p>Das <hi rendition="#g">Leben</hi> die&#x017F;es &#x017F;chönen allgemein bekannten und beliebten Baumes<lb/>
i&#x017F;t ein vagabundirendes zu nennen, denn &#x017F;ein leicht aufgehender Same<lb/>
wird durch die beerenfre&#x017F;&#x017F;enden Vögel weit verbreitet, &#x017F;o daß wir jungen<lb/>
vom 2. oder 3. Jahre einen freudigen Wuchs entwickelnden Ebere&#x017F;chen<lb/>
überall begegnen. Sie trägt &#x017F;chon frühzeitig, oft &#x017F;chon vom 10. bis 12.<lb/>
Lebensjahre an und dann fa&#x017F;t alle Jahre reichlich Blüthe und Frucht, und<lb/>
hat einen guten Stockaus&#x017F;chlag. An ihrem Stamme findet man am<lb/>
häufig&#x017F;ten die S. 199. erwähnten Kugel&#x017F;pro&#x017F;&#x017F;e, welche, nachdem &#x017F;ie ab-<lb/>
ge&#x017F;toßen &#x017F;ind, eine ringförmige Narbe auf der Rinde hinterla&#x017F;&#x017F;en. An<lb/>
Stocklohden und &#x017F;elb&#x017F;t an Stammaus&#x017F;chlägen &#x017F;ind wie gewöhnlich die<lb/></p>
            </div>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[500/0552] 36. Die Ebereſche, Sorbus aucuparia L. Die Blüthen haben meiſt 3 Stempel und ſtehen in einer reich- blüthigen gewölbten Trugdolde und haben kleine gelblich weiße Blumen- blätter. Die Früchte ſind erbſengroß kugelförmig und ſcharlachroth, lange hängen bleibend. Die Blätter ſind unpaarig gefiedert, in der Jugend graufilzig, ſpäter oben kahl. Der gemeinſame Blattſtiel iſt oben durch zwei herablaufende Linien von Blattſubſtanz rinnenartig. Die länglich- lanzettlichen 11—15 Fiedern ſägezähnig. Die unregelmäßig geſtalteten Knospen ſind filzig und ſtehen über der glänzend ſchwarzbraunen bleibenden Blattſtielbaſis. Der Stamm iſt meiſt regelmäßig walzig, bis zur Krone geradſchaftig mit ſilbergrauer ziemlich glatter Rinde, Zweige mit brauner Rinde. Die Krone wölbt ſich frühzeitig ab, iſt bald mehr bald weniger eirund oder mehr breit, immer etwas unterbrochen und ziemlich locker belaubt. Wurzel tief eindringend mit weitausſtreichenden Seitenwurzeln. Das Holz iſt ziemlich fein und zähe mit zahlreichen engen, gleichmäßig vertheilten Poren und feinen zahlreichen Markſtrahlen. Die Jahresringe ſind durch eine feine braune Linie ſehr deutlich bezeichnet; Kernholz hell rothbraun, Splint düſter röthlich weiß. Der Standort der Ebereſche iſt vorzüglich in dem friſchen humus- reichen zerklüfteten Felſenboden der Gebirgswaldungen, wo ſie in allerlei Beſtandsarten ſich einmengt und in ganz Deutſchland und weiter nach Norden überall verbreitet und bei uns auf den für Waldkultur noch ge- eigneten höchſten Gebirgsebenen der aushaltendſte Laubholzbaum iſt. Das Leben dieſes ſchönen allgemein bekannten und beliebten Baumes iſt ein vagabundirendes zu nennen, denn ſein leicht aufgehender Same wird durch die beerenfreſſenden Vögel weit verbreitet, ſo daß wir jungen vom 2. oder 3. Jahre einen freudigen Wuchs entwickelnden Ebereſchen überall begegnen. Sie trägt ſchon frühzeitig, oft ſchon vom 10. bis 12. Lebensjahre an und dann faſt alle Jahre reichlich Blüthe und Frucht, und hat einen guten Stockausſchlag. An ihrem Stamme findet man am häufigſten die S. 199. erwähnten Kugelſproſſe, welche, nachdem ſie ab- geſtoßen ſind, eine ringförmige Narbe auf der Rinde hinterlaſſen. An Stocklohden und ſelbſt an Stammausſchlägen ſind wie gewöhnlich die

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/rossmaessler_wald_1863
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/rossmaessler_wald_1863/552
Zitationshilfe: Roßmäßler, Emil Adolf: Der Wald. Leipzig u. a., 1863, S. 500. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/rossmaessler_wald_1863/552>, abgerufen am 23.12.2024.