Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Roßmäßler, Emil Adolf: Der Wald. Leipzig u. a., 1863.

Bild:
<< vorherige Seite

breiten, 10 -- 12 F. hohen Strauch, selten ein bis 20 F. hohes Bäumchen
mit brauner unten weißgrauer und rissiger Rinde.

Das schöne dichte Holz wird zu allerlei kleinen Gegenständen, zu
Zahnstochern und namentlich von den Schuhmachern zu Schuhstiften sehr
gesucht.

Der breitblätterige Spindelbaum hat fünfmännige Blüthen
mit hellrothen Blumenblättern, die gemeinsamen Blüthen- und Fruchtstiele
sind außerordentlich lang und die Blätter viel größer als bei dem andern.
Die fünf Frucht abtheilungen verschmälern sich in deutliche Flügel.
Knospen sehr lang, fast lanzettlich, spitz, an dem Trieb angedrückt, End-
knospen sehr groß. Holz und Mark der Triebe auf dem Querschnitt deutlich
vierseitig, aber durch die Rinde dennoch äußerlich vollkommen abgerundet.

Diese Art ist viel seltner als die vorige; sie kommt nur in Süd-
deutschland und hie und da in Böhmen und Schlesien vor, als Strauch
oder Bäumchen von ähnlichem Umfange wie die vorige.

Schon die großen, denen der Traubenkirsche sehr ähnlichen Blätter
unterscheiden diese Art leicht von der vorigen.

Im Walde wie in den Parkanlagen sind beide Arten eine große
Zierde, wenn die pfaffenmützenähnlichen purpurrothen Früchte aufspringen
und aus ihren Fächern die von der pommeranzengelben Haut umhüllten
Samen hervortreten lassen. Wahrscheinlich stellt man auch jetzt der ge-
meinen Art nicht mehr so sehr nach, seit die Schuhstifte fabrikmäßig aus
anderem Holze gemacht werden und billig zu haben sind.

An einigen Orten Deutschlands, z. B. mehrfach in Ostpreußen,
kommt in rauhen Berggegenden noch eine dritte Art vor, welche leicht
durch schwarze Wärzchen an den Zweigen zu erkennen ist und deshalb
der warzige Spindelbaum, E. verrucosus L., heißt. Er bildet ein
zartes höchstens 5 -- 6 Fuß hohes Büschchen.

56. Die kleinblättrige oder Winterlinde,
Tilia parvifolia Ehrhard.

Wenn auch die verschiedenen Versuche, das Pflanzenreich in eine
verwandschaftlich zusammenhängende, vom Unvollkommneren zum Voll-

breiten, 10 — 12 F. hohen Strauch, ſelten ein bis 20 F. hohes Bäumchen
mit brauner unten weißgrauer und riſſiger Rinde.

Das ſchöne dichte Holz wird zu allerlei kleinen Gegenſtänden, zu
Zahnſtochern und namentlich von den Schuhmachern zu Schuhſtiften ſehr
geſucht.

Der breitblätterige Spindelbaum hat fünfmännige Blüthen
mit hellrothen Blumenblättern, die gemeinſamen Blüthen- und Fruchtſtiele
ſind außerordentlich lang und die Blätter viel größer als bei dem andern.
Die fünf Frucht abtheilungen verſchmälern ſich in deutliche Flügel.
Knospen ſehr lang, faſt lanzettlich, ſpitz, an dem Trieb angedrückt, End-
knospen ſehr groß. Holz und Mark der Triebe auf dem Querſchnitt deutlich
vierſeitig, aber durch die Rinde dennoch äußerlich vollkommen abgerundet.

Dieſe Art iſt viel ſeltner als die vorige; ſie kommt nur in Süd-
deutſchland und hie und da in Böhmen und Schleſien vor, als Strauch
oder Bäumchen von ähnlichem Umfange wie die vorige.

Schon die großen, denen der Traubenkirſche ſehr ähnlichen Blätter
unterſcheiden dieſe Art leicht von der vorigen.

Im Walde wie in den Parkanlagen ſind beide Arten eine große
Zierde, wenn die pfaffenmützenähnlichen purpurrothen Früchte aufſpringen
und aus ihren Fächern die von der pommeranzengelben Haut umhüllten
Samen hervortreten laſſen. Wahrſcheinlich ſtellt man auch jetzt der ge-
meinen Art nicht mehr ſo ſehr nach, ſeit die Schuhſtifte fabrikmäßig aus
anderem Holze gemacht werden und billig zu haben ſind.

An einigen Orten Deutſchlands, z. B. mehrfach in Oſtpreußen,
kommt in rauhen Berggegenden noch eine dritte Art vor, welche leicht
durch ſchwarze Wärzchen an den Zweigen zu erkennen iſt und deshalb
der warzige Spindelbaum, E. verrucosus L., heißt. Er bildet ein
zartes höchſtens 5 — 6 Fuß hohes Büſchchen.

56. Die kleinblättrige oder Winterlinde,
Tilia parvifolia Ehrhard.

Wenn auch die verſchiedenen Verſuche, das Pflanzenreich in eine
verwandſchaftlich zuſammenhängende, vom Unvollkommneren zum Voll-

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <div n="3">
            <div n="4">
              <p><pb facs="#f0588" n="534"/>
breiten, 10 &#x2014; 12 F. hohen Strauch, &#x017F;elten ein bis 20 F. hohes Bäumchen<lb/>
mit brauner unten weißgrauer und ri&#x017F;&#x017F;iger Rinde.</p><lb/>
              <p>Das &#x017F;chöne dichte Holz wird zu allerlei kleinen Gegen&#x017F;tänden, zu<lb/>
Zahn&#x017F;tochern und namentlich von den Schuhmachern zu Schuh&#x017F;tiften &#x017F;ehr<lb/>
ge&#x017F;ucht.</p><lb/>
              <p>Der <hi rendition="#g">breitblätterige Spindelbaum</hi> hat fünfmännige <hi rendition="#g">Blüthen</hi><lb/>
mit hellrothen Blumenblättern, die gemein&#x017F;amen Blüthen- und Frucht&#x017F;tiele<lb/>
&#x017F;ind außerordentlich lang und die Blätter viel größer als bei dem andern.<lb/>
Die fünf <hi rendition="#g">Frucht</hi> abtheilungen ver&#x017F;chmälern &#x017F;ich in deutliche Flügel.<lb/><hi rendition="#g">Knospen</hi> &#x017F;ehr lang, fa&#x017F;t lanzettlich, &#x017F;pitz, an dem Trieb angedrückt, End-<lb/>
knospen &#x017F;ehr groß. <hi rendition="#g">Holz</hi> und <hi rendition="#g">Mark</hi> der Triebe auf dem Quer&#x017F;chnitt deutlich<lb/>
vier&#x017F;eitig, aber durch die Rinde dennoch äußerlich vollkommen abgerundet.</p><lb/>
              <p>Die&#x017F;e Art i&#x017F;t viel &#x017F;eltner als die vorige; &#x017F;ie kommt nur in Süd-<lb/>
deut&#x017F;chland und hie und da in Böhmen und Schle&#x017F;ien vor, als Strauch<lb/>
oder Bäumchen von ähnlichem Umfange wie die vorige.</p><lb/>
              <p>Schon die großen, denen der Traubenkir&#x017F;che &#x017F;ehr ähnlichen Blätter<lb/>
unter&#x017F;cheiden die&#x017F;e Art leicht von der vorigen.</p><lb/>
              <p>Im Walde wie in den Parkanlagen &#x017F;ind beide Arten eine große<lb/>
Zierde, wenn die pfaffenmützenähnlichen purpurrothen Früchte auf&#x017F;pringen<lb/>
und aus ihren Fächern die von der pommeranzengelben Haut umhüllten<lb/>
Samen hervortreten la&#x017F;&#x017F;en. Wahr&#x017F;cheinlich &#x017F;tellt man auch jetzt der ge-<lb/>
meinen Art nicht mehr &#x017F;o &#x017F;ehr nach, &#x017F;eit die Schuh&#x017F;tifte fabrikmäßig aus<lb/>
anderem Holze gemacht werden und billig zu haben &#x017F;ind.</p><lb/>
              <p>An einigen Orten Deut&#x017F;chlands, z. B. mehrfach in O&#x017F;tpreußen,<lb/>
kommt in rauhen Berggegenden noch eine dritte Art vor, welche leicht<lb/>
durch &#x017F;chwarze Wärzchen an den Zweigen zu erkennen i&#x017F;t und deshalb<lb/>
der <hi rendition="#g">warzige Spindelbaum</hi>, <hi rendition="#aq">E. verrucosus L.,</hi> heißt. Er bildet ein<lb/>
zartes höch&#x017F;tens 5 &#x2014; 6 Fuß hohes Bü&#x017F;chchen.</p>
            </div><lb/>
            <div n="4">
              <head> <hi rendition="#b">56. Die kleinblättrige oder Winterlinde,<lb/><hi rendition="#aq">Tilia parvifolia Ehrhard.</hi></hi> </head><lb/>
              <p>Wenn auch die ver&#x017F;chiedenen Ver&#x017F;uche, das Pflanzenreich in eine<lb/>
verwand&#x017F;chaftlich zu&#x017F;ammenhängende, vom Unvollkommneren zum Voll-<lb/></p>
            </div>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[534/0588] breiten, 10 — 12 F. hohen Strauch, ſelten ein bis 20 F. hohes Bäumchen mit brauner unten weißgrauer und riſſiger Rinde. Das ſchöne dichte Holz wird zu allerlei kleinen Gegenſtänden, zu Zahnſtochern und namentlich von den Schuhmachern zu Schuhſtiften ſehr geſucht. Der breitblätterige Spindelbaum hat fünfmännige Blüthen mit hellrothen Blumenblättern, die gemeinſamen Blüthen- und Fruchtſtiele ſind außerordentlich lang und die Blätter viel größer als bei dem andern. Die fünf Frucht abtheilungen verſchmälern ſich in deutliche Flügel. Knospen ſehr lang, faſt lanzettlich, ſpitz, an dem Trieb angedrückt, End- knospen ſehr groß. Holz und Mark der Triebe auf dem Querſchnitt deutlich vierſeitig, aber durch die Rinde dennoch äußerlich vollkommen abgerundet. Dieſe Art iſt viel ſeltner als die vorige; ſie kommt nur in Süd- deutſchland und hie und da in Böhmen und Schleſien vor, als Strauch oder Bäumchen von ähnlichem Umfange wie die vorige. Schon die großen, denen der Traubenkirſche ſehr ähnlichen Blätter unterſcheiden dieſe Art leicht von der vorigen. Im Walde wie in den Parkanlagen ſind beide Arten eine große Zierde, wenn die pfaffenmützenähnlichen purpurrothen Früchte aufſpringen und aus ihren Fächern die von der pommeranzengelben Haut umhüllten Samen hervortreten laſſen. Wahrſcheinlich ſtellt man auch jetzt der ge- meinen Art nicht mehr ſo ſehr nach, ſeit die Schuhſtifte fabrikmäßig aus anderem Holze gemacht werden und billig zu haben ſind. An einigen Orten Deutſchlands, z. B. mehrfach in Oſtpreußen, kommt in rauhen Berggegenden noch eine dritte Art vor, welche leicht durch ſchwarze Wärzchen an den Zweigen zu erkennen iſt und deshalb der warzige Spindelbaum, E. verrucosus L., heißt. Er bildet ein zartes höchſtens 5 — 6 Fuß hohes Büſchchen. 56. Die kleinblättrige oder Winterlinde, Tilia parvifolia Ehrhard. Wenn auch die verſchiedenen Verſuche, das Pflanzenreich in eine verwandſchaftlich zuſammenhängende, vom Unvollkommneren zum Voll-

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/rossmaessler_wald_1863
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/rossmaessler_wald_1863/588
Zitationshilfe: Roßmäßler, Emil Adolf: Der Wald. Leipzig u. a., 1863, S. 534. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/rossmaessler_wald_1863/588>, abgerufen am 23.12.2024.