Equisetum silvaticum, bis fußhohe Bäumchen bildend, deren gegliederter einfacher Stamm aus jedem Gelenk einen strahligen Schirm ebenfalls fein gegliederter Gebilde trägt, welche, obwohl beblätterte Zweige scheinend, doch nichts anderes sind, als fein zertheilte Zweigbildungen.
Was von den Farren gesagt wurde gilt auch von den Schachtelhalmen und den noch hervorzuhebenden Bärlapp-Pflanzen,Lycopodium, auch sie sind nur noch die wenigen schwächlichen Ueberreste von Pflanzenfamilien welche zur Zeit der Steinkohlenbildung in reicher Artenzahl und als statt- liche Bäume den deutschen Boden bedeckten, wie jetzt so auch damals im Vereine mit längst ausgestorbenen Geschlechtern von Nadelbäumen. Die wenigen uns verbliebenen Bärlapp-Arten kriechen meist moosähnlich und mehr vereinzelt am Waldboden und tragen daher nicht viel zu dessen Charakterisirung bei.
Fanden wir schon unter den blüthenlosen Pflanzen, den Kryptogamen Linne's, eine große Beflissenheit, den Waldboden zwischen den Stämmen mit einer lebendigen Decke zu verhüllen, so sind nun der Arten der Blüthenpflanzen (Phanerogamen des Linne), welche daran Theil nehmen, noch viel mehr; obgleich kein Waldgras oder Kraut so ausschließlich dies thut, wie wir sahen daß es oft von zwei oder drei Moosarten geschieht. Fast immer zeigt der Waldboden, welcher von Blüthenpflanzen bewachsen ist, ein Fülle zahlreicher Pflanzenarten auf einmal.
Die Blüthenpflanzen bedürfen als höher organisirte Wesen noth- wendig einer größeren Einwirkung des Lichtes, der Sonnenwärme und des Luftwechsels. Wir finden deshalb, je dichter der Waldbestand ist, desto weniger Blüthenpflanzen auf seinem Boden und selbst die bisher betrach- teten blüthenlosen vermögen nicht aufzukommen, wenn der Boden ganz beschattet ist, wie z. B. in Fichtendickichten oder angehenden Stangen- hölzern. Dann finden wir eben eine fast oder ganz reine Nadelstreu.
Je lockerer der Bestand und zugleich fruchtbarer der Boden, desto üppiger schießt eine Fülle von Blüthenpflanzen auf ihm empor und manch- mal kann man glauben, in einem verwilderten Garten zu sein. Schließt sich aber der aufwachsende Bestand mehr und mehr, z. B. in einem Fichtenbesaamungsschlage, der durch "Saamenanflug" von einzelnen "über- gehaltenen" "Saamenbäumen" erzielt werden soll, so müssen die großentheils einjährigen "Waldunkräuter" immer mehr weichen, wenn nicht, was
Equisetum silvaticum, bis fußhohe Bäumchen bildend, deren gegliederter einfacher Stamm aus jedem Gelenk einen ſtrahligen Schirm ebenfalls fein gegliederter Gebilde trägt, welche, obwohl beblätterte Zweige ſcheinend, doch nichts anderes ſind, als fein zertheilte Zweigbildungen.
Was von den Farren geſagt wurde gilt auch von den Schachtelhalmen und den noch hervorzuhebenden Bärlapp-Pflanzen,Lycopodium, auch ſie ſind nur noch die wenigen ſchwächlichen Ueberreſte von Pflanzenfamilien welche zur Zeit der Steinkohlenbildung in reicher Artenzahl und als ſtatt- liche Bäume den deutſchen Boden bedeckten, wie jetzt ſo auch damals im Vereine mit längſt ausgeſtorbenen Geſchlechtern von Nadelbäumen. Die wenigen uns verbliebenen Bärlapp-Arten kriechen meiſt moosähnlich und mehr vereinzelt am Waldboden und tragen daher nicht viel zu deſſen Charakteriſirung bei.
Fanden wir ſchon unter den blüthenloſen Pflanzen, den Kryptogamen Linné’s, eine große Befliſſenheit, den Waldboden zwiſchen den Stämmen mit einer lebendigen Decke zu verhüllen, ſo ſind nun der Arten der Blüthenpflanzen (Phanerogamen des Linné), welche daran Theil nehmen, noch viel mehr; obgleich kein Waldgras oder Kraut ſo ausſchließlich dies thut, wie wir ſahen daß es oft von zwei oder drei Moosarten geſchieht. Faſt immer zeigt der Waldboden, welcher von Blüthenpflanzen bewachſen iſt, ein Fülle zahlreicher Pflanzenarten auf einmal.
Die Blüthenpflanzen bedürfen als höher organiſirte Weſen noth- wendig einer größeren Einwirkung des Lichtes, der Sonnenwärme und des Luftwechſels. Wir finden deshalb, je dichter der Waldbeſtand iſt, deſto weniger Blüthenpflanzen auf ſeinem Boden und ſelbſt die bisher betrach- teten blüthenloſen vermögen nicht aufzukommen, wenn der Boden ganz beſchattet iſt, wie z. B. in Fichtendickichten oder angehenden Stangen- hölzern. Dann finden wir eben eine faſt oder ganz reine Nadelſtreu.
Je lockerer der Beſtand und zugleich fruchtbarer der Boden, deſto üppiger ſchießt eine Fülle von Blüthenpflanzen auf ihm empor und manch- mal kann man glauben, in einem verwilderten Garten zu ſein. Schließt ſich aber der aufwachſende Beſtand mehr und mehr, z. B. in einem Fichtenbeſaamungsſchlage, der durch „Saamenanflug“ von einzelnen „über- gehaltenen“ „Saamenbäumen“ erzielt werden ſoll, ſo müſſen die großentheils einjährigen „Waldunkräuter“ immer mehr weichen, wenn nicht, was
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Equisetum silvaticum, bis fußhohe Bäumchen bildend, deren gegliederter
einfacher Stamm aus jedem Gelenk einen ſtrahligen Schirm ebenfalls fein
gegliederter Gebilde trägt, welche, obwohl beblätterte Zweige ſcheinend,
doch nichts anderes ſind, als fein zertheilte Zweigbildungen.
Was von den Farren geſagt wurde gilt auch von den Schachtelhalmen
und den noch hervorzuhebenden Bärlapp-Pflanzen, Lycopodium, auch
ſie ſind nur noch die wenigen ſchwächlichen Ueberreſte von Pflanzenfamilien
welche zur Zeit der Steinkohlenbildung in reicher Artenzahl und als ſtatt-
liche Bäume den deutſchen Boden bedeckten, wie jetzt ſo auch damals im
Vereine mit längſt ausgeſtorbenen Geſchlechtern von Nadelbäumen. Die
wenigen uns verbliebenen Bärlapp-Arten kriechen meiſt moosähnlich und
mehr vereinzelt am Waldboden und tragen daher nicht viel zu deſſen
Charakteriſirung bei.
Fanden wir ſchon unter den blüthenloſen Pflanzen, den Kryptogamen
Linné’s, eine große Befliſſenheit, den Waldboden zwiſchen den Stämmen
mit einer lebendigen Decke zu verhüllen, ſo ſind nun der Arten der
Blüthenpflanzen (Phanerogamen des Linné), welche daran Theil nehmen,
noch viel mehr; obgleich kein Waldgras oder Kraut ſo ausſchließlich dies
thut, wie wir ſahen daß es oft von zwei oder drei Moosarten geſchieht.
Faſt immer zeigt der Waldboden, welcher von Blüthenpflanzen bewachſen
iſt, ein Fülle zahlreicher Pflanzenarten auf einmal.
Die Blüthenpflanzen bedürfen als höher organiſirte Weſen noth-
wendig einer größeren Einwirkung des Lichtes, der Sonnenwärme und
des Luftwechſels. Wir finden deshalb, je dichter der Waldbeſtand iſt, deſto
weniger Blüthenpflanzen auf ſeinem Boden und ſelbſt die bisher betrach-
teten blüthenloſen vermögen nicht aufzukommen, wenn der Boden ganz
beſchattet iſt, wie z. B. in Fichtendickichten oder angehenden Stangen-
hölzern. Dann finden wir eben eine faſt oder ganz reine Nadelſtreu.
Je lockerer der Beſtand und zugleich fruchtbarer der Boden, deſto
üppiger ſchießt eine Fülle von Blüthenpflanzen auf ihm empor und manch-
mal kann man glauben, in einem verwilderten Garten zu ſein. Schließt
ſich aber der aufwachſende Beſtand mehr und mehr, z. B. in einem
Fichtenbeſaamungsſchlage, der durch „Saamenanflug“ von einzelnen „über-
gehaltenen“ „Saamenbäumen“ erzielt werden ſoll, ſo müſſen die großentheils
einjährigen „Waldunkräuter“ immer mehr weichen, wenn nicht, was
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Roßmäßler, Emil Adolf: Der Wald. Leipzig u. a., 1863, S. 38. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/rossmaessler_wald_1863/62>, abgerufen am 22.12.2024.
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