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Roßmäßler, Emil Adolf: Der Wald. Leipzig u. a., 1863.

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um sich sieht, der kann es kaum unbemerkt lassen, wie alt eine vor ihm
stehende etwa mannshohe Kiefer sei. Trifft sich's nun vollends, daß es
gerade Mai oder Anfang Juni ist, so müssen ihn die hellen neuen Triebe
mit den silbergrauen Nadelscheiden in ihrem augenfälligen Gegensatze zu
den dunkleren älteren Trieben, deren Fortsätze sie bilden, geradezu zum
Abwärtszählen auffordern. An der regelmäßigen Quirlstellung der Aeste
rings um den Stamm herum zählt man leicht Jahr um Jahr abwärts,
und nur ganz unten am Boden, wo die frühesten jungen Quirltriebe be-
reits abgestoßen sind, bleibt man zuweilen um ein, zwei Jahre ab und
zu im Ungewissen.

Wir dürfen darum den mehr frei und ungebunden sich entwickelnden
Laubhölzern gegenüber die Nadelhölzer ein "mathematisches Geschlecht"
nennen, denn wir finden nicht nur die Triebe, sondern an diesen auch
die Nadeln und an den Zapfen die Schuppen und Saamen in genauer
Regelmäßigkeit und zwar in Spirallinien geordnet.

[Abbildung] VI.

Triebzuwachs der Kiefer.

um ſich ſieht, der kann es kaum unbemerkt laſſen, wie alt eine vor ihm
ſtehende etwa mannshohe Kiefer ſei. Trifft ſich’s nun vollends, daß es
gerade Mai oder Anfang Juni iſt, ſo müſſen ihn die hellen neuen Triebe
mit den ſilbergrauen Nadelſcheiden in ihrem augenfälligen Gegenſatze zu
den dunkleren älteren Trieben, deren Fortſätze ſie bilden, geradezu zum
Abwärtszählen auffordern. An der regelmäßigen Quirlſtellung der Aeſte
rings um den Stamm herum zählt man leicht Jahr um Jahr abwärts,
und nur ganz unten am Boden, wo die früheſten jungen Quirltriebe be-
reits abgeſtoßen ſind, bleibt man zuweilen um ein, zwei Jahre ab und
zu im Ungewiſſen.

Wir dürfen darum den mehr frei und ungebunden ſich entwickelnden
Laubhölzern gegenüber die Nadelhölzer ein „mathematiſches Geſchlecht“
nennen, denn wir finden nicht nur die Triebe, ſondern an dieſen auch
die Nadeln und an den Zapfen die Schuppen und Saamen in genauer
Regelmäßigkeit und zwar in Spirallinien geordnet.

[Abbildung] VI.

Triebzuwachs der Kiefer.

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[70/0094] um ſich ſieht, der kann es kaum unbemerkt laſſen, wie alt eine vor ihm ſtehende etwa mannshohe Kiefer ſei. Trifft ſich’s nun vollends, daß es gerade Mai oder Anfang Juni iſt, ſo müſſen ihn die hellen neuen Triebe mit den ſilbergrauen Nadelſcheiden in ihrem augenfälligen Gegenſatze zu den dunkleren älteren Trieben, deren Fortſätze ſie bilden, geradezu zum Abwärtszählen auffordern. An der regelmäßigen Quirlſtellung der Aeſte rings um den Stamm herum zählt man leicht Jahr um Jahr abwärts, und nur ganz unten am Boden, wo die früheſten jungen Quirltriebe be- reits abgeſtoßen ſind, bleibt man zuweilen um ein, zwei Jahre ab und zu im Ungewiſſen. Wir dürfen darum den mehr frei und ungebunden ſich entwickelnden Laubhölzern gegenüber die Nadelhölzer ein „mathematiſches Geſchlecht“ nennen, denn wir finden nicht nur die Triebe, ſondern an dieſen auch die Nadeln und an den Zapfen die Schuppen und Saamen in genauer Regelmäßigkeit und zwar in Spirallinien geordnet. [Abbildung VI. Triebzuwachs der Kiefer.]

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Zitationshilfe: Roßmäßler, Emil Adolf: Der Wald. Leipzig u. a., 1863, S. 70. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/rossmaessler_wald_1863/94>, abgerufen am 22.12.2024.