Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

[Rost, Johann Christoph]: Schäfererzälungen. [Berlin], 1742.

Bild:
<< vorherige Seite
Den Wunsch, den er so oft getan,
Den sah er auch der Doris an,
Ob sie denselben gleich vor ihm verbergen wollte,
Vielleicht, daß ihn Amint nur stärker wünschen
sollte.

Sie liebten sich und wußten dieß,
Noch eh sie sichs gesagt, gewiß.
Doch, eine Liebe will nicht nur die andre wissen,
Die Sensucht nach den ungezälten Küssen;
Die Wollust, sich auch da noch schmachtend an-
zusehn,

Wenn der verlangte Wunsch geschehn;
Die Freiheit, sich das zärtlichste zu sagen;
Die Hoffnung, das was man noch nie gewagt zu
wagen,

Dieß alles war an ihrer Ungeduld
Nach mererer Erfarung schuld.
Doch in der Liebe kömmt das Glücke
Zwar meistenteils, nur nicht im ersten Augenblicke.
Jhr Schönen eilt mit mir nach jener Gegend hinn,
Und weil ich nur im Geiste gegenwärtig bin,
So darf euch kein Bedenken qvälen,
Mich zum Begleiter zu erwälen.
Jhr
Den Wunſch, den er ſo oft getan,
Den ſah er auch der Doris an,
Ob ſie denſelben gleich vor ihm verbergen wollte,
Vielleicht, daß ihn Amint nur ſtaͤrker wuͤnſchen
ſollte.

Sie liebten ſich und wußten dieß,
Noch eh ſie ſichs geſagt, gewiß.
Doch, eine Liebe will nicht nur die andre wiſſen,
Die Senſucht nach den ungezaͤlten Kuͤſſen;
Die Wolluſt, ſich auch da noch ſchmachtend an-
zuſehn,

Wenn der verlangte Wunſch geſchehn;
Die Freiheit, ſich das zaͤrtlichſte zu ſagen;
Die Hoffnung, das was man noch nie gewagt zu
wagen,

Dieß alles war an ihrer Ungeduld
Nach mererer Erfarung ſchuld.
Doch in der Liebe koͤmmt das Gluͤcke
Zwar meiſtenteils, nur nicht im erſten Augenblicke.
Jhr Schoͤnen eilt mit mir nach jener Gegend hinn,
Und weil ich nur im Geiſte gegenwaͤrtig bin,
So darf euch kein Bedenken qvaͤlen,
Mich zum Begleiter zu erwaͤlen.
Jhr
<TEI>
  <text>
    <body>
      <lg type="poem">
        <pb facs="#f0049" n="45"/>
        <lg>
          <l>Den Wun&#x017F;ch, den er &#x017F;o oft getan,</l><lb/>
          <l>Den &#x017F;ah er auch der Doris an,</l><lb/>
          <l>Ob &#x017F;ie den&#x017F;elben gleich vor ihm verbergen wollte,</l><lb/>
          <l>Vielleicht, daß ihn Amint nur &#x017F;ta&#x0364;rker wu&#x0364;n&#x017F;chen<lb/><hi rendition="#et">&#x017F;ollte.</hi></l><lb/>
          <l>Sie liebten &#x017F;ich und wußten dieß,</l><lb/>
          <l>Noch eh &#x017F;ie &#x017F;ichs ge&#x017F;agt, gewiß.</l><lb/>
          <l>Doch, eine Liebe will nicht nur die andre wi&#x017F;&#x017F;en,</l><lb/>
          <l>Die Sen&#x017F;ucht nach den ungeza&#x0364;lten Ku&#x0364;&#x017F;&#x017F;en;</l><lb/>
          <l>Die Wollu&#x017F;t, &#x017F;ich auch da noch &#x017F;chmachtend an-<lb/><hi rendition="#et">zu&#x017F;ehn,</hi></l><lb/>
          <l>Wenn der verlangte Wun&#x017F;ch ge&#x017F;chehn;</l><lb/>
          <l>Die Freiheit, &#x017F;ich das za&#x0364;rtlich&#x017F;te zu &#x017F;agen;</l><lb/>
          <l>Die Hoffnung, das was man noch nie gewagt zu<lb/><hi rendition="#et">wagen,</hi></l><lb/>
          <l>Dieß alles war an ihrer Ungeduld</l><lb/>
          <l>Nach mererer Erfarung &#x017F;chuld.</l><lb/>
          <l>Doch in der Liebe ko&#x0364;mmt das Glu&#x0364;cke</l><lb/>
          <l>Zwar mei&#x017F;tenteils, nur nicht im er&#x017F;ten Augenblicke.</l>
        </lg><lb/>
        <lg>
          <l>Jhr Scho&#x0364;nen eilt mit mir nach jener Gegend hinn,</l><lb/>
          <l>Und weil ich nur im Gei&#x017F;te gegenwa&#x0364;rtig bin,</l><lb/>
          <l>So darf euch kein Bedenken qva&#x0364;len,</l><lb/>
          <l>Mich zum Begleiter zu erwa&#x0364;len.<lb/>
<fw place="bottom" type="catch">Jhr</fw><lb/></l>
        </lg>
      </lg>
    </body>
  </text>
</TEI>
[45/0049] Den Wunſch, den er ſo oft getan, Den ſah er auch der Doris an, Ob ſie denſelben gleich vor ihm verbergen wollte, Vielleicht, daß ihn Amint nur ſtaͤrker wuͤnſchen ſollte. Sie liebten ſich und wußten dieß, Noch eh ſie ſichs geſagt, gewiß. Doch, eine Liebe will nicht nur die andre wiſſen, Die Senſucht nach den ungezaͤlten Kuͤſſen; Die Wolluſt, ſich auch da noch ſchmachtend an- zuſehn, Wenn der verlangte Wunſch geſchehn; Die Freiheit, ſich das zaͤrtlichſte zu ſagen; Die Hoffnung, das was man noch nie gewagt zu wagen, Dieß alles war an ihrer Ungeduld Nach mererer Erfarung ſchuld. Doch in der Liebe koͤmmt das Gluͤcke Zwar meiſtenteils, nur nicht im erſten Augenblicke. Jhr Schoͤnen eilt mit mir nach jener Gegend hinn, Und weil ich nur im Geiſte gegenwaͤrtig bin, So darf euch kein Bedenken qvaͤlen, Mich zum Begleiter zu erwaͤlen. Jhr

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/rost_schaefererzaelungen_1742
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/rost_schaefererzaelungen_1742/49
Zitationshilfe: [Rost, Johann Christoph]: Schäfererzälungen. [Berlin], 1742, S. 45. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/rost_schaefererzaelungen_1742/49>, abgerufen am 21.11.2024.