schiene dessen hohes Alter von desto gefährlicherer Folge zu seyn, indem die Fräulein vor ihrer Ver- mählung bereits eine sonderbare Hochachtung zu dem Grafen von Lincoln getragen, welche sie nachgehends fortsatzte; Jedoch hatte der alte Ba- ron wegen der Affaire zwischen seiner Liebsten und seinem Freunde nicht den geringsten Verdacht.
Und sie wusten auch ihre Sache so heimlich und so listig zu spielen, daß er nicht die allergeringste Lufft darvon bekam. Als aber Madame Corbet bey der gnädigen Frauen Kammer-Fräulein wurde, zu einer Zeit, da diese beyde Verliebte die Früchte ih- rer Wünsche, ohne den geringsten Verdruß oder Jalousie, so ihre Glückseligkeit stöhren mögen, am häuffigsten einerndeten; So musten auch sie befin- den, daß nichts wahrhaffter sey, als, daß man nicht allezeit glückselig seyn könne: Denn, weil diese Fräulein, so der Baronin aufwartete, von fürtreff- licher Schönheit, scharffen und artigen Sinnen, und einem so aufgeweckten und durchdringenden Judicio war, welche ihre zarten Jahre, indem sie kaum das 17de erreichet, weit zu übertreffen schienen; so erlangte sie einen so grossen Platz in des Grafen von Lincoln seinen Gedancken, daß er alle Reitzungen, so ihm bey unterschiedlichen Gelegenheiten von andern Weibs-Bildern gema- chet wurden, mit verächtlichen Augen anfahe. Es wurde aber die Baronin, so den Grafen ungemein
zärt-
F 2
und der Graf von Lincoln.
ſchiene deſſen hohes Alter von deſto gefaͤhrlicherer Folge zu ſeyn, indem die Fraͤulein vor ihrer Ver- maͤhlung bereits eine ſonderbare Hochachtung zu dem Grafen von Lincoln getragen, welche ſie nachgehends fortſatzte; Jedoch hatte der alte Ba- ron wegen der Affaire zwiſchen ſeiner Liebſten und ſeinem Freunde nicht den geringſten Verdacht.
Und ſie wuſten auch ihre Sache ſo heimlich und ſo liſtig zu ſpielen, daß er nicht die allergeringſte Lufft darvon bekam. Als aber Madame Corbet bey der gnaͤdigen Frauen Kammer-Fraͤulein wurde, zu einer Zeit, da dieſe beyde Verliebte die Fruͤchte ih- rer Wuͤnſche, ohne den geringſten Verdruß oder Jalouſie, ſo ihre Gluͤckſeligkeit ſtoͤhren moͤgen, am haͤuffigſten einerndeten; So muſten auch ſie befin- den, daß nichts wahrhaffter ſey, als, daß man nicht allezeit gluͤckſelig ſeyn koͤnne: Denn, weil dieſe Fraͤulein, ſo der Baronin aufwartete, von fuͤrtreff- licher Schoͤnheit, ſcharffen und artigen Sinnen, und einem ſo aufgeweckten und durchdringenden Judicio war, welche ihre zarten Jahre, indem ſie kaum das 17de erreichet, weit zu uͤbertreffen ſchienen; ſo erlangte ſie einen ſo groſſen Platz in des Grafen von Lincoln ſeinen Gedancken, daß er alle Reitzungen, ſo ihm bey unterſchiedlichen Gelegenheiten von andern Weibs-Bildern gema- chet wurden, mit veraͤchtlichen Augen anfahe. Es wurde aber die Baronin, ſo den Grafen ungemein
zaͤrt-
F 2
<TEI><text><body><divn="1"><divn="2"><p><pbfacs="#f0103"n="83"/><fwplace="top"type="header"><hirendition="#b">und der Graf von <hirendition="#aq">Lincoln.</hi></hi></fw><lb/>ſchiene deſſen hohes Alter von deſto gefaͤhrlicherer<lb/>
Folge zu ſeyn, indem die Fraͤulein vor ihrer Ver-<lb/>
maͤhlung bereits eine ſonderbare Hochachtung zu<lb/>
dem Grafen von <hirendition="#aq">Lincoln</hi> getragen, welche ſie<lb/>
nachgehends fortſatzte; Jedoch hatte der alte Ba-<lb/>
ron wegen der <hirendition="#aq">Affaire</hi> zwiſchen ſeiner Liebſten und<lb/>ſeinem Freunde nicht den geringſten Verdacht.</p><lb/><p>Und ſie wuſten auch ihre Sache ſo heimlich und<lb/>ſo liſtig zu ſpielen, daß er nicht die allergeringſte Lufft<lb/>
darvon bekam. Als aber <hirendition="#aq">Madame Corbet</hi> bey<lb/>
der gnaͤdigen Frauen Kammer-Fraͤulein wurde, zu<lb/>
einer Zeit, da dieſe beyde Verliebte die Fruͤchte ih-<lb/>
rer Wuͤnſche, ohne den geringſten Verdruß oder<lb/><hirendition="#aq">Jalouſie,</hi>ſo ihre Gluͤckſeligkeit ſtoͤhren moͤgen, am<lb/>
haͤuffigſten einerndeten; So muſten auch ſie befin-<lb/>
den, daß nichts wahrhaffter ſey, als, daß man nicht<lb/>
allezeit gluͤckſelig ſeyn koͤnne: Denn, weil dieſe<lb/>
Fraͤulein, ſo der Baronin aufwartete, von fuͤrtreff-<lb/>
licher Schoͤnheit, ſcharffen und artigen Sinnen,<lb/>
und einem ſo aufgeweckten und durchdringenden<lb/><hirendition="#aq">Judicio</hi> war, welche ihre zarten Jahre, indem<lb/>ſie kaum das 17de erreichet, weit zu uͤbertreffen<lb/>ſchienen; ſo erlangte ſie einen ſo groſſen Platz in<lb/>
des Grafen von <hirendition="#aq">Lincoln</hi>ſeinen Gedancken, daß<lb/>
er alle Reitzungen, ſo ihm bey unterſchiedlichen<lb/>
Gelegenheiten von andern Weibs-Bildern gema-<lb/>
chet wurden, mit veraͤchtlichen Augen anfahe. Es<lb/>
wurde aber die Baronin, ſo den Grafen ungemein<lb/><fwplace="bottom"type="sig">F 2</fw><fwplace="bottom"type="catch">zaͤrt-</fw><lb/></p></div></div></body></text></TEI>
[83/0103]
und der Graf von Lincoln.
ſchiene deſſen hohes Alter von deſto gefaͤhrlicherer
Folge zu ſeyn, indem die Fraͤulein vor ihrer Ver-
maͤhlung bereits eine ſonderbare Hochachtung zu
dem Grafen von Lincoln getragen, welche ſie
nachgehends fortſatzte; Jedoch hatte der alte Ba-
ron wegen der Affaire zwiſchen ſeiner Liebſten und
ſeinem Freunde nicht den geringſten Verdacht.
Und ſie wuſten auch ihre Sache ſo heimlich und
ſo liſtig zu ſpielen, daß er nicht die allergeringſte Lufft
darvon bekam. Als aber Madame Corbet bey
der gnaͤdigen Frauen Kammer-Fraͤulein wurde, zu
einer Zeit, da dieſe beyde Verliebte die Fruͤchte ih-
rer Wuͤnſche, ohne den geringſten Verdruß oder
Jalouſie, ſo ihre Gluͤckſeligkeit ſtoͤhren moͤgen, am
haͤuffigſten einerndeten; So muſten auch ſie befin-
den, daß nichts wahrhaffter ſey, als, daß man nicht
allezeit gluͤckſelig ſeyn koͤnne: Denn, weil dieſe
Fraͤulein, ſo der Baronin aufwartete, von fuͤrtreff-
licher Schoͤnheit, ſcharffen und artigen Sinnen,
und einem ſo aufgeweckten und durchdringenden
Judicio war, welche ihre zarten Jahre, indem
ſie kaum das 17de erreichet, weit zu uͤbertreffen
ſchienen; ſo erlangte ſie einen ſo groſſen Platz in
des Grafen von Lincoln ſeinen Gedancken, daß
er alle Reitzungen, ſo ihm bey unterſchiedlichen
Gelegenheiten von andern Weibs-Bildern gema-
chet wurden, mit veraͤchtlichen Augen anfahe. Es
wurde aber die Baronin, ſo den Grafen ungemein
zaͤrt-
F 2
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Sie haben einen Fehler gefunden?
Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform
DTAQ melden.
Kommentar zur DTA-Ausgabe
Die Angaben des Verlagsortes und des Verlegers si… [mehr]
Die Angaben des Verlagsortes und des Verlegers sind fingiert. Die Angaben basieren auf dem Katalogeintrag der Bayerische Staatsbibliothek München sowie Weller (Druckorte), Bd. 1, S. 70. - Bibliogr. Nachweis: BLC to 1975, Bd. 186, S. 449.
Rost, Johann Leonhard: Leben und Thaten Derer berühmtesten Englischen Coquetten und Maitressen. Nürnberg, 1721, S. 83. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/rost_thaten_1721/103>, abgerufen am 21.11.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.