Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Rost, Johann Leonhard: Leben und Thaten Derer berühmtesten Englischen Coquetten und Maitressen. Nürnberg, 1721.

Bild:
<< vorherige Seite

Madame Cosens,
zu hinterbringen, daß sie den Schluß gefasset, ihn
niemals wieder vor ihre Augen zu lassen. Diese
unversehene Antwort machte ihn so unruhig und
bestürtzt, daß er Uberbringerin bathe, so lange zu
verziehen, biß er folgende Zeilen geschrieben, da er ihr
denn theuer einband, solche ihrer Frauen in eigene
Hände zu übergeben.


Der verlassne Strephon streckte seine mat-
ten Glieder aus,

Jn der Einsamkeit des Waldes, als dem
besten Sorgen-Haus.

Neben einer hohen Eiche, die ein starcker
Blitz gefällt,

Hatte sein zerschmettert Hertze seine Ruhe
angestellt.

Auf den Mooß verdeckter Wurtzeln lehnte
er den Scheitel auf,

Und zum Füssen hatten schöne Silber-
Ströhme ihren Lauff;

Jhr Gemurmel und Geräusche ahmte sei-
nen Klagen nach,

Da immittelst auch das Echo seinem Seuf-
tzen widersprach.

Und als der bethaute Morgen endlich hel-
len Tag gemacht,

War die Grösse seiner Sorgen erst recht
lebhafft aufgewacht.

Lufft und Wälder hörten alle dem Ge-
thön der Klagen zu:

Denn der höchst-verwirrte Strephon fande
nirgends keine Ruh.

Ach!

Madame Coſens,
zu hinterbringen, daß ſie den Schluß gefaſſet, ihn
niemals wieder vor ihre Augen zu laſſen. Dieſe
unverſehene Antwort machte ihn ſo unruhig und
beſtuͤrtzt, daß er Uberbringerin bathe, ſo lange zu
verziehen, biß er folgende Zeilen geſchrieben, da er ihr
denn theuer einband, ſolche ihrer Frauen in eigene
Haͤnde zu uͤbergeben.


Der verlaſſne Strephon ſtreckte ſeine mat-
ten Glieder aus,

Jn der Einſamkeit des Waldes, als dem
beſten Sorgen-Haus.

Neben einer hohen Eiche, die ein ſtarcker
Blitz gefaͤllt,

Hatte ſein zerſchmettert Hertze ſeine Ruhe
angeſtellt.

Auf den Mooß verdeckter Wurtzeln lehnte
er den Scheitel auf,

Und zum Fuͤſſen hatten ſchoͤne Silber-
Stroͤhme ihren Lauff;

Jhr Gemurmel und Geraͤuſche ahmte ſei-
nen Klagen nach,

Da immittelſt auch das Echo ſeinem Seuf-
tzen widerſprach.

Und als der bethaute Morgen endlich hel-
len Tag gemacht,

War die Groͤſſe ſeiner Sorgen erſt recht
lebhafft aufgewacht.

Lufft und Waͤlder hoͤrten alle dem Ge-
thoͤn der Klagen zu:

Denn der hoͤchſt-verwirrte Strephon fande
nirgends keine Ruh.

Ach!
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <p><pb facs="#f0124" n="104"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#b"><hi rendition="#aq">Madame Co&#x017F;ens,</hi></hi></fw><lb/>
zu hinterbringen, daß &#x017F;ie den Schluß gefa&#x017F;&#x017F;et, ihn<lb/>
niemals wieder vor ihre Augen zu la&#x017F;&#x017F;en. Die&#x017F;e<lb/>
unver&#x017F;ehene Antwort machte ihn &#x017F;o unruhig und<lb/>
be&#x017F;tu&#x0364;rtzt, daß er Uberbringerin bathe, &#x017F;o lange zu<lb/>
verziehen, biß er folgende Zeilen ge&#x017F;chrieben, da er ihr<lb/>
denn theuer einband, &#x017F;olche ihrer Frauen in eigene<lb/>
Ha&#x0364;nde zu u&#x0364;bergeben.</p><lb/>
          <cit>
            <quote>
              <lg rendition="#fr" type="poem"><lb/>
                <l>Der verla&#x017F;&#x017F;ne <hi rendition="#aq">Strephon</hi> &#x017F;treckte &#x017F;eine mat-<lb/><hi rendition="#et">ten Glieder aus,</hi></l><lb/>
                <l>Jn der Ein&#x017F;amkeit des Waldes, als dem<lb/><hi rendition="#et">be&#x017F;ten Sorgen-Haus.</hi></l><lb/>
                <l>Neben einer hohen Eiche, die ein &#x017F;tarcker<lb/><hi rendition="#et">Blitz gefa&#x0364;llt,</hi></l><lb/>
                <l>Hatte &#x017F;ein zer&#x017F;chmettert Hertze &#x017F;eine Ruhe<lb/><hi rendition="#et">ange&#x017F;tellt.</hi></l><lb/>
                <l>Auf den Mooß verdeckter Wurtzeln lehnte<lb/><hi rendition="#et">er den Scheitel auf,</hi></l><lb/>
                <l>Und zum Fu&#x0364;&#x017F;&#x017F;en hatten &#x017F;cho&#x0364;ne Silber-<lb/><hi rendition="#et">Stro&#x0364;hme ihren Lauff;</hi></l><lb/>
                <l>Jhr Gemurmel und Gera&#x0364;u&#x017F;che ahmte &#x017F;ei-<lb/><hi rendition="#et">nen Klagen nach,</hi></l><lb/>
                <l>Da immittel&#x017F;t auch das <hi rendition="#aq">Echo</hi> &#x017F;einem Seuf-<lb/><hi rendition="#et">tzen wider&#x017F;prach.</hi></l><lb/>
                <l>Und als der bethaute Morgen endlich hel-<lb/><hi rendition="#et">len Tag gemacht,</hi></l><lb/>
                <l>War die Gro&#x0364;&#x017F;&#x017F;e &#x017F;einer Sorgen er&#x017F;t recht<lb/><hi rendition="#et">lebhafft aufgewacht.</hi></l><lb/>
                <l>Lufft und Wa&#x0364;lder ho&#x0364;rten alle dem Ge-<lb/><hi rendition="#et">tho&#x0364;n der Klagen zu:</hi></l><lb/>
                <l>Denn der ho&#x0364;ch&#x017F;t-verwirrte <hi rendition="#aq">Strephon</hi> fande<lb/><hi rendition="#et">nirgends keine Ruh.</hi></l><lb/>
                <fw place="bottom" type="catch">Ach!</fw><lb/>
              </lg>
            </quote>
          </cit>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[104/0124] Madame Coſens, zu hinterbringen, daß ſie den Schluß gefaſſet, ihn niemals wieder vor ihre Augen zu laſſen. Dieſe unverſehene Antwort machte ihn ſo unruhig und beſtuͤrtzt, daß er Uberbringerin bathe, ſo lange zu verziehen, biß er folgende Zeilen geſchrieben, da er ihr denn theuer einband, ſolche ihrer Frauen in eigene Haͤnde zu uͤbergeben. Der verlaſſne Strephon ſtreckte ſeine mat- ten Glieder aus, Jn der Einſamkeit des Waldes, als dem beſten Sorgen-Haus. Neben einer hohen Eiche, die ein ſtarcker Blitz gefaͤllt, Hatte ſein zerſchmettert Hertze ſeine Ruhe angeſtellt. Auf den Mooß verdeckter Wurtzeln lehnte er den Scheitel auf, Und zum Fuͤſſen hatten ſchoͤne Silber- Stroͤhme ihren Lauff; Jhr Gemurmel und Geraͤuſche ahmte ſei- nen Klagen nach, Da immittelſt auch das Echo ſeinem Seuf- tzen widerſprach. Und als der bethaute Morgen endlich hel- len Tag gemacht, War die Groͤſſe ſeiner Sorgen erſt recht lebhafft aufgewacht. Lufft und Waͤlder hoͤrten alle dem Ge- thoͤn der Klagen zu: Denn der hoͤchſt-verwirrte Strephon fande nirgends keine Ruh. Ach!

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Die Angaben des Verlagsortes und des Verlegers si… [mehr]

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/rost_thaten_1721
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/rost_thaten_1721/124
Zitationshilfe: Rost, Johann Leonhard: Leben und Thaten Derer berühmtesten Englischen Coquetten und Maitressen. Nürnberg, 1721, S. 104. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/rost_thaten_1721/124>, abgerufen am 21.11.2024.