Rost, Johann Leonhard: Leben und Thaten Derer berühmtesten Englischen Coquetten und Maitressen. Nürnberg, 1721.Madame Raymond, gab, nichts auszusetzen hatte; Und als sie und ihrLiebhaber kurtz darauf zusammen kamen, geschahe es zu einer solchen glücklichen Stunde, welche ihre Zusammenkunfft, nach neun Monaten, mit einer winselnden Offenbahrung verriethe: Sie bekam, will ich sagen, ein Affections-Kindgen, welches aber nebst noch einem, so sie mit diesem Herrn, der sie noch beständig verehrte, erzeuget hatte, die Welt bey Zeiten gesegnete. Drittehalbes Jahr waren sie sehr glücklich in ihrer Liebe, biß einer, Monsieur B - - ein junger Edelmann, ohngefehr in ihre Compagnie kam, und ihr liebreitzendes Wesen einen so scharffen Eindruck in denen Kräfften seiner Seele hinterliesse, daß er sich gantz sterblich in sie verliebte: Denn es setzte dieser seine Liebe bey ihr so heimlich und glücklich fort, daß der Sieg, den er über ihr Hertz erhielte, sie dahin vermochte, ihrem andern Amanten den Korb zu geben, und ihm an- zudeuten, daß er nicht wieder vor ihre Augen kom- men möchte. Diese plötzliche Metamorphosis oder Unbeständigkeit folterte den Ritter L - - mit unerträglicher Marter: Denn er liebete sie ohne einige Verstellung. Und nun sahe er, wie schänd- lich er sich betrogen, daß er geglaubet, als ob sie keinen als ihn zum Quartier-Meister ihres Hertzens machen werde. O! sagte er, der letzte ist allemal am glücklichsten bey ihr, und wie einfältig ist ein Mensch, der auf Beständigkeit, die Wasser-Blase des
Madame Raymond, gab, nichts auszuſetzen hatte; Und als ſie und ihrLiebhaber kurtz darauf zuſammen kamen, geſchahe es zu einer ſolchen gluͤcklichen Stunde, welche ihre Zuſammenkunfft, nach neun Monaten, mit einer winſelnden Offenbahrung verriethe: Sie bekam, will ich ſagen, ein Affections-Kindgen, welches aber nebſt noch einem, ſo ſie mit dieſem Herrn, der ſie noch beſtaͤndig verehrte, erzeuget hatte, die Welt bey Zeiten geſegnete. Drittehalbes Jahr waren ſie ſehr gluͤcklich in ihrer Liebe, biß einer, Monſieur B ‒ ‒ ein junger Edelmann, ohngefehr in ihre Compagnie kam, und ihr liebreitzendes Weſen einen ſo ſcharffen Eindruck in denen Kraͤfften ſeiner Seele hinterlieſſe, daß er ſich gantz ſterblich in ſie verliebte: Denn es ſetzte dieſer ſeine Liebe bey ihr ſo heimlich und gluͤcklich fort, daß der Sieg, den er uͤber ihr Hertz erhielte, ſie dahin vermochte, ihrem andern Amanten den Korb zu geben, und ihm an- zudeuten, daß er nicht wieder vor ihre Augen kom- men moͤchte. Dieſe ploͤtzliche Metamorphoſis oder Unbeſtaͤndigkeit folterte den Ritter L ‒ ‒ mit unertraͤglicher Marter: Denn er liebete ſie ohne einige Verſtellung. Und nun ſahe er, wie ſchaͤnd- lich er ſich betrogen, daß er geglaubet, als ob ſie keinen als ihn zum Quartier-Meiſter ihres Hertzens machen werde. O! ſagte er, der letzte iſt allemal am gluͤcklichſten bey ihr, und wie einfaͤltig iſt ein Menſch, der auf Beſtaͤndigkeit, die Waſſer-Blaſe des
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Madame Raymond,
gab, nichts auszuſetzen hatte; Und als ſie und ihr
Liebhaber kurtz darauf zuſammen kamen, geſchahe
es zu einer ſolchen gluͤcklichen Stunde, welche ihre
Zuſammenkunfft, nach neun Monaten, mit einer
winſelnden Offenbahrung verriethe: Sie bekam,
will ich ſagen, ein Affections-Kindgen, welches
aber nebſt noch einem, ſo ſie mit dieſem Herrn, der
ſie noch beſtaͤndig verehrte, erzeuget hatte, die Welt
bey Zeiten geſegnete. Drittehalbes Jahr waren
ſie ſehr gluͤcklich in ihrer Liebe, biß einer, Monſieur
B ‒ ‒ ein junger Edelmann, ohngefehr in ihre
Compagnie kam, und ihr liebreitzendes Weſen
einen ſo ſcharffen Eindruck in denen Kraͤfften ſeiner
Seele hinterlieſſe, daß er ſich gantz ſterblich in ſie
verliebte: Denn es ſetzte dieſer ſeine Liebe bey ihr
ſo heimlich und gluͤcklich fort, daß der Sieg, den er
uͤber ihr Hertz erhielte, ſie dahin vermochte, ihrem
andern Amanten den Korb zu geben, und ihm an-
zudeuten, daß er nicht wieder vor ihre Augen kom-
men moͤchte. Dieſe ploͤtzliche Metamorphoſis
oder Unbeſtaͤndigkeit folterte den Ritter L ‒ ‒ mit
unertraͤglicher Marter: Denn er liebete ſie ohne
einige Verſtellung. Und nun ſahe er, wie ſchaͤnd-
lich er ſich betrogen, daß er geglaubet, als ob ſie
keinen als ihn zum Quartier-Meiſter ihres Hertzens
machen werde. O! ſagte er, der letzte iſt allemal
am gluͤcklichſten bey ihr, und wie einfaͤltig iſt ein
Menſch, der auf Beſtaͤndigkeit, die Waſſer-Blaſe
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