Als er nach Hause gekommen, sperrete ihn sein Va- ter in seine Kammer ein, und ließ ihn bewachen. Da begab sichs, daß eben zu der Zeit eine nach Tür- ckey gehende Flotte zu Portsmouth auf guten Wind wartete, von welcher der alte Herr des fol- genden Tages Nachricht erhielte; Nachdem er nun einige Kauff-Leute um Rath gefragt, resol- virte er sich, seinen Sohn nach Smyrna zu sen- den, mit einem scharffen Befehl, ihn daselbst in Verwahrung zu halten, biß er weitere Ordre er- theilen würde. Er war so fürsichtig, daß er ihn biß ins Schiff begleitete, und satzte keinen Fuß von Portsmouth fort, biß man den Ancker gehoben, und die gantze Flotte unter Seegel gienge.
Es verlieffen unterschiedliche Tage, ehe sie die geringste Nachricht von ihrem Liebsten einziehen kunnte; Als sie aber hörete, wie sein Vater mit ihm umgegangen, daß er ihn wider seinen Willen nach Smyrna gesendet, grämte sie sich bald zu einem Schatten. Mittlerweile suchte ein anderer junger Courtisan Addresse bey ihr; weil er aber sa- he, daß alle seine Bemühungen vergeblich waren, (denn ihr gantzes Hertz hienge an dem andern;) gedachte er sie durch List zu erhalten: Er gieng des- wegen hin zu seines Mitbuhlers Vater, welcher, zu seinem grössesten Leidwesen, aus der Türckey Nach- richt erhalten, daß seines Sohns Liebe noch unver- änderlich wäre. Es stellete sich also dieser andere
Lieb-
Madame Robinſon,
Als er nach Hauſe gekommen, ſperrete ihn ſein Va- ter in ſeine Kammer ein, und ließ ihn bewachen. Da begab ſichs, daß eben zu der Zeit eine nach Tuͤr- ckey gehende Flotte zu Portsmouth auf guten Wind wartete, von welcher der alte Herr des fol- genden Tages Nachricht erhielte; Nachdem er nun einige Kauff-Leute um Rath gefragt, reſol- virte er ſich, ſeinen Sohn nach Smyrna zu ſen- den, mit einem ſcharffen Befehl, ihn daſelbſt in Verwahrung zu halten, biß er weitere Ordre er- theilen wuͤrde. Er war ſo fuͤrſichtig, daß er ihn biß ins Schiff begleitete, und ſatzte keinen Fuß von Portsmouth fort, biß man den Ancker gehoben, und die gantze Flotte unter Seegel gienge.
Es verlieffen unterſchiedliche Tage, ehe ſie die geringſte Nachricht von ihrem Liebſten einziehen kunnte; Als ſie aber hoͤrete, wie ſein Vater mit ihm umgegangen, daß er ihn wider ſeinen Willen nach Smyrna geſendet, graͤmte ſie ſich bald zu einem Schatten. Mittlerweile ſuchte ein anderer junger Courtiſan Addreſſe bey ihr; weil er aber ſa- he, daß alle ſeine Bemuͤhungen vergeblich waren, (denn ihr gantzes Hertz hienge an dem andern;) gedachte er ſie durch Liſt zu erhalten: Er gieng des- wegen hin zu ſeines Mitbuhlers Vater, welcher, zu ſeinem groͤſſeſten Leidweſen, aus der Tuͤrckey Nach- richt erhalten, daß ſeines Sohns Liebe noch unver- aͤnderlich waͤre. Es ſtellete ſich alſo dieſer andere
Lieb-
<TEI><text><body><divn="1"><divn="2"><p><pbfacs="#f0208"n="188"/><fwplace="top"type="header"><hirendition="#b"><hirendition="#aq">Madame Robinſon,</hi></hi></fw><lb/>
Als er nach Hauſe gekommen, ſperrete ihn ſein Va-<lb/>
ter in ſeine Kammer ein, und ließ ihn bewachen.<lb/>
Da begab ſichs, daß eben zu der Zeit eine nach Tuͤr-<lb/>
ckey gehende Flotte zu <hirendition="#aq">Portsmouth</hi> auf guten<lb/>
Wind wartete, von welcher der alte Herr des fol-<lb/>
genden Tages Nachricht erhielte; Nachdem er<lb/>
nun einige Kauff-Leute um Rath gefragt, <hirendition="#aq">reſol-<lb/>
vir</hi>te er ſich, ſeinen Sohn nach <hirendition="#aq">Smyrna</hi> zu ſen-<lb/>
den, mit einem ſcharffen Befehl, ihn daſelbſt in<lb/>
Verwahrung zu halten, biß er weitere <hirendition="#aq">Ordre</hi> er-<lb/>
theilen wuͤrde. Er war ſo fuͤrſichtig, daß er ihn<lb/>
biß ins Schiff begleitete, und ſatzte keinen Fuß von<lb/><hirendition="#aq">Portsmouth</hi> fort, biß man den Ancker gehoben,<lb/>
und die gantze Flotte unter Seegel gienge.</p><lb/><p>Es verlieffen unterſchiedliche Tage, ehe ſie die<lb/>
geringſte Nachricht von ihrem Liebſten einziehen<lb/>
kunnte; Als ſie aber hoͤrete, wie ſein Vater mit ihm<lb/>
umgegangen, daß er ihn wider ſeinen Willen nach<lb/><hirendition="#aq">Smyrna</hi> geſendet, graͤmte ſie ſich bald zu einem<lb/>
Schatten. Mittlerweile ſuchte ein anderer junger<lb/><hirendition="#aq">Courtiſan Addreſſe</hi> bey ihr; weil er aber ſa-<lb/>
he, daß alle ſeine Bemuͤhungen vergeblich waren,<lb/>
(denn ihr gantzes Hertz hienge an dem andern;)<lb/>
gedachte er ſie durch Liſt zu erhalten: Er gieng des-<lb/>
wegen hin zu ſeines Mitbuhlers Vater, welcher, zu<lb/>ſeinem groͤſſeſten Leidweſen, aus der Tuͤrckey Nach-<lb/>
richt erhalten, daß ſeines Sohns Liebe noch unver-<lb/>
aͤnderlich waͤre. Es ſtellete ſich alſo dieſer andere<lb/><fwplace="bottom"type="catch">Lieb-</fw><lb/></p></div></div></body></text></TEI>
[188/0208]
Madame Robinſon,
Als er nach Hauſe gekommen, ſperrete ihn ſein Va-
ter in ſeine Kammer ein, und ließ ihn bewachen.
Da begab ſichs, daß eben zu der Zeit eine nach Tuͤr-
ckey gehende Flotte zu Portsmouth auf guten
Wind wartete, von welcher der alte Herr des fol-
genden Tages Nachricht erhielte; Nachdem er
nun einige Kauff-Leute um Rath gefragt, reſol-
virte er ſich, ſeinen Sohn nach Smyrna zu ſen-
den, mit einem ſcharffen Befehl, ihn daſelbſt in
Verwahrung zu halten, biß er weitere Ordre er-
theilen wuͤrde. Er war ſo fuͤrſichtig, daß er ihn
biß ins Schiff begleitete, und ſatzte keinen Fuß von
Portsmouth fort, biß man den Ancker gehoben,
und die gantze Flotte unter Seegel gienge.
Es verlieffen unterſchiedliche Tage, ehe ſie die
geringſte Nachricht von ihrem Liebſten einziehen
kunnte; Als ſie aber hoͤrete, wie ſein Vater mit ihm
umgegangen, daß er ihn wider ſeinen Willen nach
Smyrna geſendet, graͤmte ſie ſich bald zu einem
Schatten. Mittlerweile ſuchte ein anderer junger
Courtiſan Addreſſe bey ihr; weil er aber ſa-
he, daß alle ſeine Bemuͤhungen vergeblich waren,
(denn ihr gantzes Hertz hienge an dem andern;)
gedachte er ſie durch Liſt zu erhalten: Er gieng des-
wegen hin zu ſeines Mitbuhlers Vater, welcher, zu
ſeinem groͤſſeſten Leidweſen, aus der Tuͤrckey Nach-
richt erhalten, daß ſeines Sohns Liebe noch unver-
aͤnderlich waͤre. Es ſtellete ſich alſo dieſer andere
Lieb-
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Sie haben einen Fehler gefunden?
Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform
DTAQ melden.
Kommentar zur DTA-Ausgabe
Die Angaben des Verlagsortes und des Verlegers si… [mehr]
Die Angaben des Verlagsortes und des Verlegers sind fingiert. Die Angaben basieren auf dem Katalogeintrag der Bayerische Staatsbibliothek München sowie Weller (Druckorte), Bd. 1, S. 70. - Bibliogr. Nachweis: BLC to 1975, Bd. 186, S. 449.
Rost, Johann Leonhard: Leben und Thaten Derer berühmtesten Englischen Coquetten und Maitressen. Nürnberg, 1721, S. 188. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/rost_thaten_1721/208>, abgerufen am 20.05.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.