Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Rost, Johann Leonhard: Leben und Thaten Derer berühmtesten Englischen Coquetten und Maitressen. Nürnberg, 1721.

Bild:
<< vorherige Seite

Betty Sands,
Thaler austräget) heraus genommen und solche
in seiner Studier-Stube aufs Fenster geleget, und
hernach vergessen. Dieser schimpffliche Zufall
machte, daß sein Hertz für Verdruß ärger kochte,
als ein Schöpfs-Kopff neben einem Kohl-Feuer:
Er wuste nicht was er thun, oder wie er mit Ma-
nier
davon kommen sollte; Endlich hielte er für
das beste Mittel, diese unvermutheten Umstände
der Betty bekannt zu machen; und nach vielen
unterbrochenen und unordentlichen Umschweiffen,
die er, gleich einem durch Uberzeugung seines Ge-
wissens vor dem Richter-Stuhl beschämten Uber-
treters, nahm, brach er loß, und offenbarte ihr sei-
nen besorglichen Unfall, jedoch so furchtsam, als eine
Weh-Mutter die Schrifft, oder ein Priester unflä-
tige Dinge vorbringet. Er verspürte aus ihrem
Antlitz, daß sie so sehr erschrocken, als er bestürtzt
war; und nach einer kleinen Pause fienge sie an
und sagte: Jch hoffe, mein Herr, da sie
mich so weit von
London hinweg ge-
bracht haben, sie werden ein Mittel er-
finden, mich sicher nacher Hause zu gelei-
ten: Denn versichert, ich bin ausser Sor-
gen gewesen, Geld mit mir zu nehmen,
weil ich darfür hielte, ich würde in Ge-
sellschafft eines so ansehnlichen Herrn, der
mir die Versicherungen seiner Freund-
schafft in so verbündlichen Worten ge-

geben,

Betty Sands,
Thaler austraͤget) heraus genommen und ſolche
in ſeiner Studier-Stube aufs Fenſter geleget, und
hernach vergeſſen. Dieſer ſchimpffliche Zufall
machte, daß ſein Hertz fuͤr Verdruß aͤrger kochte,
als ein Schoͤpfs-Kopff neben einem Kohl-Feuer:
Er wuſte nicht was er thun, oder wie er mit Ma-
nier
davon kommen ſollte; Endlich hielte er fuͤr
das beſte Mittel, dieſe unvermutheten Umſtaͤnde
der Betty bekannt zu machen; und nach vielen
unterbrochenen und unordentlichen Umſchweiffen,
die er, gleich einem durch Uberzeugung ſeines Ge-
wiſſens vor dem Richter-Stuhl beſchaͤmten Uber-
treters, nahm, brach er loß, und offenbarte ihr ſei-
nen beſorglichen Unfall, jedoch ſo furchtſam, als eine
Weh-Mutter die Schrifft, oder ein Prieſter unflaͤ-
tige Dinge vorbringet. Er verſpuͤrte aus ihrem
Antlitz, daß ſie ſo ſehr erſchrocken, als er beſtuͤrtzt
war; und nach einer kleinen Pauſe fienge ſie an
und ſagte: Jch hoffe, mein Herr, da ſie
mich ſo weit von
London hinweg ge-
bracht haben, ſie werden ein Mittel er-
finden, mich ſicher nacher Hauſe zu gelei-
ten: Denn verſichert, ich bin auſſer Sor-
gen geweſen, Geld mit mir zu nehmen,
weil ich darfuͤr hielte, ich wuͤrde in Ge-
ſellſchafft eines ſo anſehnlichen Herrn, der
mir die Verſicherungen ſeiner Freund-
ſchafft in ſo verbuͤndlichen Worten ge-

geben,
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <p><pb facs="#f0220" n="200"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#b"><hi rendition="#aq">Betty Sands,</hi></hi></fw><lb/>
Thaler austra&#x0364;get) heraus genommen und &#x017F;olche<lb/>
in &#x017F;einer Studier-Stube aufs Fen&#x017F;ter geleget, und<lb/>
hernach verge&#x017F;&#x017F;en. Die&#x017F;er &#x017F;chimpffliche Zufall<lb/>
machte, daß &#x017F;ein Hertz fu&#x0364;r Verdruß a&#x0364;rger kochte,<lb/>
als ein Scho&#x0364;pfs-Kopff neben einem Kohl-Feuer:<lb/>
Er wu&#x017F;te nicht was er thun, oder wie er mit <hi rendition="#aq">Ma-<lb/>
nier</hi> davon kommen &#x017F;ollte; Endlich hielte er fu&#x0364;r<lb/>
das be&#x017F;te Mittel, die&#x017F;e unvermutheten Um&#x017F;ta&#x0364;nde<lb/>
der <hi rendition="#aq">Betty</hi> bekannt zu machen; und nach vielen<lb/>
unterbrochenen und unordentlichen Um&#x017F;chweiffen,<lb/>
die er, gleich einem durch Uberzeugung &#x017F;eines Ge-<lb/>
wi&#x017F;&#x017F;ens vor dem Richter-Stuhl be&#x017F;cha&#x0364;mten Uber-<lb/>
treters, nahm, brach er loß, und offenbarte ihr &#x017F;ei-<lb/>
nen be&#x017F;orglichen Unfall, jedoch &#x017F;o furcht&#x017F;am, als eine<lb/>
Weh-Mutter die Schrifft, oder ein Prie&#x017F;ter unfla&#x0364;-<lb/>
tige Dinge vorbringet. Er ver&#x017F;pu&#x0364;rte aus ihrem<lb/>
Antlitz, daß &#x017F;ie &#x017F;o &#x017F;ehr er&#x017F;chrocken, als er be&#x017F;tu&#x0364;rtzt<lb/>
war; und nach einer kleinen <hi rendition="#aq">Pau&#x017F;e</hi> fienge &#x017F;ie an<lb/>
und &#x017F;agte: <hi rendition="#fr">Jch hoffe, mein Herr, da &#x017F;ie<lb/>
mich &#x017F;o weit von</hi> <hi rendition="#aq">London</hi> <hi rendition="#fr">hinweg ge-<lb/>
bracht haben, &#x017F;ie werden ein Mittel er-<lb/>
finden, mich &#x017F;icher nacher Hau&#x017F;e zu gelei-<lb/>
ten: Denn ver&#x017F;ichert, ich bin au&#x017F;&#x017F;er Sor-<lb/>
gen gewe&#x017F;en, Geld mit mir zu nehmen,<lb/>
weil ich darfu&#x0364;r hielte, ich wu&#x0364;rde in Ge-<lb/>
&#x017F;ell&#x017F;chafft eines &#x017F;o an&#x017F;ehnlichen Herrn, der<lb/>
mir die Ver&#x017F;icherungen &#x017F;einer Freund-<lb/>
&#x017F;chafft in &#x017F;o verbu&#x0364;ndlichen Worten ge-</hi><lb/>
<fw place="bottom" type="catch"><hi rendition="#fr">geben,</hi></fw><lb/></p>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[200/0220] Betty Sands, Thaler austraͤget) heraus genommen und ſolche in ſeiner Studier-Stube aufs Fenſter geleget, und hernach vergeſſen. Dieſer ſchimpffliche Zufall machte, daß ſein Hertz fuͤr Verdruß aͤrger kochte, als ein Schoͤpfs-Kopff neben einem Kohl-Feuer: Er wuſte nicht was er thun, oder wie er mit Ma- nier davon kommen ſollte; Endlich hielte er fuͤr das beſte Mittel, dieſe unvermutheten Umſtaͤnde der Betty bekannt zu machen; und nach vielen unterbrochenen und unordentlichen Umſchweiffen, die er, gleich einem durch Uberzeugung ſeines Ge- wiſſens vor dem Richter-Stuhl beſchaͤmten Uber- treters, nahm, brach er loß, und offenbarte ihr ſei- nen beſorglichen Unfall, jedoch ſo furchtſam, als eine Weh-Mutter die Schrifft, oder ein Prieſter unflaͤ- tige Dinge vorbringet. Er verſpuͤrte aus ihrem Antlitz, daß ſie ſo ſehr erſchrocken, als er beſtuͤrtzt war; und nach einer kleinen Pauſe fienge ſie an und ſagte: Jch hoffe, mein Herr, da ſie mich ſo weit von London hinweg ge- bracht haben, ſie werden ein Mittel er- finden, mich ſicher nacher Hauſe zu gelei- ten: Denn verſichert, ich bin auſſer Sor- gen geweſen, Geld mit mir zu nehmen, weil ich darfuͤr hielte, ich wuͤrde in Ge- ſellſchafft eines ſo anſehnlichen Herrn, der mir die Verſicherungen ſeiner Freund- ſchafft in ſo verbuͤndlichen Worten ge- geben,

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Die Angaben des Verlagsortes und des Verlegers si… [mehr]

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/rost_thaten_1721
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/rost_thaten_1721/220
Zitationshilfe: Rost, Johann Leonhard: Leben und Thaten Derer berühmtesten Englischen Coquetten und Maitressen. Nürnberg, 1721, S. 200. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/rost_thaten_1721/220>, abgerufen am 24.11.2024.