fangen wurde, eine gantz unterschiedene Art von einer Gefangenschafft: Denn der Gefangene war frey, ausserhalb des Gatters, und wünschete hinein; und sie, durch deren Schönheit seine Seele ver- arrestiret worden, war dargegen genau verwahret und der Freyheit beraubet.
Nachdem sich nun der Pater Peter in einen weltlichen Habit verkleidet hatte, kunnte er nicht mehr zur Seite des Gatters gelangen, wo die mit Schleyern vermummte Buhlerinnen, Platoni- cae genannt, ihre erste Auferziehung genossen: Dieses waren nehmlich die saubere Schwestern, welche sich mit der blossen Einbildung, als ob sich ihre Seelen vermischeten, zu tode marterten, ob sich schon ihre Leiber weiter keine Mühe, als durch Küssung derer Hände und Wechslung charman- ter Blicke, geben kunnten. Es ist aber mehr als zu wohl bekannt, daß unser Ehrwürdiger Herr Pa- ter keinen solchen verderbten Magen, seinen Hun- ger nur damit zu stillen, sondern einen Appetit nach einem gantzen Kloster hatte: Wenn demnach die Frau Aebtin nicht genaue Sorgfalt getragen, dergleichen fleischliche Versuchungen zu dämpffen, so dürffte er dieses Nonnen-Kloster, ohne den ge- ringsten Regard auf das solenne Geliebde sei- ner Societät, welches sie zur Armuth, Keuschheit und Gehorsam verpflichtet, in ein unzüchtiges Se- rail verwandelt haben. Dieser einsame Ort satzte
seine
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und der Pater Peter.
fangen wurde, eine gantz unterſchiedene Art von einer Gefangenſchafft: Denn der Gefangene war frey, auſſerhalb des Gatters, und wuͤnſchete hinein; und ſie, durch deren Schoͤnheit ſeine Seele ver- arreſtiret worden, war dargegen genau verwahret und der Freyheit beraubet.
Nachdem ſich nun der Pater Peter in einen weltlichen Habit verkleidet hatte, kunnte er nicht mehr zur Seite des Gatters gelangen, wo die mit Schleyern vermummte Buhlerinnen, Platoni- cæ genannt, ihre erſte Auferziehung genoſſen: Dieſes waren nehmlich die ſaubere Schweſtern, welche ſich mit der bloſſen Einbildung, als ob ſich ihre Seelen vermiſcheten, zu tode marterten, ob ſich ſchon ihre Leiber weiter keine Muͤhe, als durch Kuͤſſung derer Haͤnde und Wechslung charman- ter Blicke, geben kunnten. Es iſt aber mehr als zu wohl bekannt, daß unſer Ehrwuͤrdiger Herr Pa- ter keinen ſolchen verderbten Magen, ſeinen Hun- ger nur damit zu ſtillen, ſondern einen Appetit nach einem gantzen Kloſter hatte: Wenn demnach die Frau Aebtin nicht genaue Sorgfalt getragen, dergleichen fleiſchliche Verſuchungen zu daͤmpffen, ſo duͤrffte er dieſes Nonnen-Kloſter, ohne den ge- ringſten Regard auf das ſolenne Geliebde ſei- ner Societaͤt, welches ſie zur Armuth, Keuſchheit und Gehorſam verpflichtet, in ein unzuͤchtiges Se- rail verwandelt haben. Dieſer einſame Ort ſatzte
ſeine
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und der Pater Peter.
fangen wurde, eine gantz unterſchiedene Art von
einer Gefangenſchafft: Denn der Gefangene war
frey, auſſerhalb des Gatters, und wuͤnſchete hinein;
und ſie, durch deren Schoͤnheit ſeine Seele ver-
arreſtiret worden, war dargegen genau verwahret
und der Freyheit beraubet.
Nachdem ſich nun der Pater Peter in einen
weltlichen Habit verkleidet hatte, kunnte er nicht
mehr zur Seite des Gatters gelangen, wo die mit
Schleyern vermummte Buhlerinnen, Platoni-
cæ genannt, ihre erſte Auferziehung genoſſen:
Dieſes waren nehmlich die ſaubere Schweſtern,
welche ſich mit der bloſſen Einbildung, als ob ſich
ihre Seelen vermiſcheten, zu tode marterten, ob ſich
ſchon ihre Leiber weiter keine Muͤhe, als durch
Kuͤſſung derer Haͤnde und Wechslung charman-
ter Blicke, geben kunnten. Es iſt aber mehr als
zu wohl bekannt, daß unſer Ehrwuͤrdiger Herr Pa-
ter keinen ſolchen verderbten Magen, ſeinen Hun-
ger nur damit zu ſtillen, ſondern einen Appetit
nach einem gantzen Kloſter hatte: Wenn demnach
die Frau Aebtin nicht genaue Sorgfalt getragen,
dergleichen fleiſchliche Verſuchungen zu daͤmpffen,
ſo duͤrffte er dieſes Nonnen-Kloſter, ohne den ge-
ringſten Regard auf das ſolenne Geliebde ſei-
ner Societaͤt, welches ſie zur Armuth, Keuſchheit
und Gehorſam verpflichtet, in ein unzuͤchtiges Se-
rail verwandelt haben. Dieſer einſame Ort ſatzte
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Die Angaben des Verlagsortes und des Verlegers si… [mehr]
Die Angaben des Verlagsortes und des Verlegers sind fingiert. Die Angaben basieren auf dem Katalogeintrag der Bayerische Staatsbibliothek München sowie Weller (Druckorte), Bd. 1, S. 70. - Bibliogr. Nachweis: BLC to 1975, Bd. 186, S. 449.
Rost, Johann Leonhard: Leben und Thaten Derer berühmtesten Englischen Coquetten und Maitressen. Nürnberg, 1721, S. 209. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/rost_thaten_1721/229>, abgerufen am 21.11.2024.
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