Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Rost, Johann Leonhard: Leben und Thaten Derer berühmtesten Englischen Coquetten und Maitressen. Nürnberg, 1721.

Bild:
<< vorherige Seite

und der Pater Peter.
fangen wurde, eine gantz unterschiedene Art von
einer Gefangenschafft: Denn der Gefangene war
frey, ausserhalb des Gatters, und wünschete hinein;
und sie, durch deren Schönheit seine Seele ver-
arrestiret worden, war dargegen genau verwahret
und der Freyheit beraubet.

Nachdem sich nun der Pater Peter in einen
weltlichen Habit verkleidet hatte, kunnte er nicht
mehr zur Seite des Gatters gelangen, wo die mit
Schleyern vermummte Buhlerinnen, Platoni-
cae
genannt, ihre erste Auferziehung genossen:
Dieses waren nehmlich die saubere Schwestern,
welche sich mit der blossen Einbildung, als ob sich
ihre Seelen vermischeten, zu tode marterten, ob sich
schon ihre Leiber weiter keine Mühe, als durch
Küssung derer Hände und Wechslung charman-
ter
Blicke, geben kunnten. Es ist aber mehr als
zu wohl bekannt, daß unser Ehrwürdiger Herr Pa-
ter
keinen solchen verderbten Magen, seinen Hun-
ger nur damit zu stillen, sondern einen Appetit
nach einem gantzen Kloster hatte: Wenn demnach
die Frau Aebtin nicht genaue Sorgfalt getragen,
dergleichen fleischliche Versuchungen zu dämpffen,
so dürffte er dieses Nonnen-Kloster, ohne den ge-
ringsten Regard auf das solenne Geliebde sei-
ner Societät, welches sie zur Armuth, Keuschheit
und Gehorsam verpflichtet, in ein unzüchtiges Se-
rail
verwandelt haben. Dieser einsame Ort satzte

seine
O

und der Pater Peter.
fangen wurde, eine gantz unterſchiedene Art von
einer Gefangenſchafft: Denn der Gefangene war
frey, auſſerhalb des Gatters, und wuͤnſchete hinein;
und ſie, durch deren Schoͤnheit ſeine Seele ver-
arreſtiret worden, war dargegen genau verwahret
und der Freyheit beraubet.

Nachdem ſich nun der Pater Peter in einen
weltlichen Habit verkleidet hatte, kunnte er nicht
mehr zur Seite des Gatters gelangen, wo die mit
Schleyern vermummte Buhlerinnen, Platoni-
genannt, ihre erſte Auferziehung genoſſen:
Dieſes waren nehmlich die ſaubere Schweſtern,
welche ſich mit der bloſſen Einbildung, als ob ſich
ihre Seelen vermiſcheten, zu tode marterten, ob ſich
ſchon ihre Leiber weiter keine Muͤhe, als durch
Kuͤſſung derer Haͤnde und Wechslung charman-
ter
Blicke, geben kunnten. Es iſt aber mehr als
zu wohl bekannt, daß unſer Ehrwuͤrdiger Herr Pa-
ter
keinen ſolchen verderbten Magen, ſeinen Hun-
ger nur damit zu ſtillen, ſondern einen Appetit
nach einem gantzen Kloſter hatte: Wenn demnach
die Frau Aebtin nicht genaue Sorgfalt getragen,
dergleichen fleiſchliche Verſuchungen zu daͤmpffen,
ſo duͤrffte er dieſes Nonnen-Kloſter, ohne den ge-
ringſten Regard auf das ſolenne Geliebde ſei-
ner Societaͤt, welches ſie zur Armuth, Keuſchheit
und Gehorſam verpflichtet, in ein unzuͤchtiges Se-
rail
verwandelt haben. Dieſer einſame Ort ſatzte

ſeine
O
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <p><pb facs="#f0229" n="209"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#b">und der <hi rendition="#aq">Pater Peter.</hi></hi></fw><lb/>
fangen wurde, eine gantz unter&#x017F;chiedene Art von<lb/>
einer Gefangen&#x017F;chafft: Denn der Gefangene war<lb/>
frey, au&#x017F;&#x017F;erhalb des Gatters, und wu&#x0364;n&#x017F;chete hinein;<lb/>
und &#x017F;ie, durch deren Scho&#x0364;nheit &#x017F;eine Seele ver-<lb/><hi rendition="#aq">arre&#x017F;ti</hi>ret worden, war dargegen genau verwahret<lb/>
und der Freyheit beraubet.</p><lb/>
          <p>Nachdem &#x017F;ich nun der <hi rendition="#aq">Pater Peter</hi> in einen<lb/>
weltlichen Habit verkleidet hatte, kunnte er nicht<lb/>
mehr zur Seite des Gatters gelangen, wo die mit<lb/>
Schleyern vermummte Buhlerinnen, <hi rendition="#aq">Platoni-<lb/></hi> genannt, ihre er&#x017F;te Auferziehung geno&#x017F;&#x017F;en:<lb/>
Die&#x017F;es waren nehmlich die &#x017F;aubere Schwe&#x017F;tern,<lb/>
welche &#x017F;ich mit der blo&#x017F;&#x017F;en Einbildung, als ob &#x017F;ich<lb/>
ihre Seelen vermi&#x017F;cheten, zu tode marterten, ob &#x017F;ich<lb/>
&#x017F;chon ihre Leiber weiter keine Mu&#x0364;he, als durch<lb/>
Ku&#x0364;&#x017F;&#x017F;ung derer Ha&#x0364;nde und Wechslung <hi rendition="#aq">charman-<lb/>
ter</hi> Blicke, geben kunnten. Es i&#x017F;t aber mehr als<lb/>
zu wohl bekannt, daß un&#x017F;er Ehrwu&#x0364;rdiger Herr <hi rendition="#aq">Pa-<lb/>
ter</hi> keinen &#x017F;olchen verderbten Magen, &#x017F;einen Hun-<lb/>
ger nur damit zu &#x017F;tillen, &#x017F;ondern einen <hi rendition="#aq">Appetit</hi><lb/>
nach einem gantzen Klo&#x017F;ter hatte: Wenn demnach<lb/>
die Frau Aebtin nicht genaue Sorgfalt getragen,<lb/>
dergleichen flei&#x017F;chliche Ver&#x017F;uchungen zu da&#x0364;mpffen,<lb/>
&#x017F;o du&#x0364;rffte er die&#x017F;es Nonnen-Klo&#x017F;ter, ohne den ge-<lb/>
ring&#x017F;ten <hi rendition="#aq">Regard</hi> auf das <hi rendition="#aq">&#x017F;olenne</hi> Geliebde &#x017F;ei-<lb/>
ner <hi rendition="#aq">Socie</hi>ta&#x0364;t, welches &#x017F;ie zur Armuth, Keu&#x017F;chheit<lb/>
und Gehor&#x017F;am verpflichtet, in ein unzu&#x0364;chtiges <hi rendition="#aq">Se-<lb/>
rail</hi> verwandelt haben. Die&#x017F;er ein&#x017F;ame Ort &#x017F;atzte<lb/>
<fw place="bottom" type="sig">O</fw><fw place="bottom" type="catch">&#x017F;eine</fw><lb/></p>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[209/0229] und der Pater Peter. fangen wurde, eine gantz unterſchiedene Art von einer Gefangenſchafft: Denn der Gefangene war frey, auſſerhalb des Gatters, und wuͤnſchete hinein; und ſie, durch deren Schoͤnheit ſeine Seele ver- arreſtiret worden, war dargegen genau verwahret und der Freyheit beraubet. Nachdem ſich nun der Pater Peter in einen weltlichen Habit verkleidet hatte, kunnte er nicht mehr zur Seite des Gatters gelangen, wo die mit Schleyern vermummte Buhlerinnen, Platoni- cæ genannt, ihre erſte Auferziehung genoſſen: Dieſes waren nehmlich die ſaubere Schweſtern, welche ſich mit der bloſſen Einbildung, als ob ſich ihre Seelen vermiſcheten, zu tode marterten, ob ſich ſchon ihre Leiber weiter keine Muͤhe, als durch Kuͤſſung derer Haͤnde und Wechslung charman- ter Blicke, geben kunnten. Es iſt aber mehr als zu wohl bekannt, daß unſer Ehrwuͤrdiger Herr Pa- ter keinen ſolchen verderbten Magen, ſeinen Hun- ger nur damit zu ſtillen, ſondern einen Appetit nach einem gantzen Kloſter hatte: Wenn demnach die Frau Aebtin nicht genaue Sorgfalt getragen, dergleichen fleiſchliche Verſuchungen zu daͤmpffen, ſo duͤrffte er dieſes Nonnen-Kloſter, ohne den ge- ringſten Regard auf das ſolenne Geliebde ſei- ner Societaͤt, welches ſie zur Armuth, Keuſchheit und Gehorſam verpflichtet, in ein unzuͤchtiges Se- rail verwandelt haben. Dieſer einſame Ort ſatzte ſeine O

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Die Angaben des Verlagsortes und des Verlegers si… [mehr]

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/rost_thaten_1721
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/rost_thaten_1721/229
Zitationshilfe: Rost, Johann Leonhard: Leben und Thaten Derer berühmtesten Englischen Coquetten und Maitressen. Nürnberg, 1721, S. 209. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/rost_thaten_1721/229>, abgerufen am 21.11.2024.