seine Flammen dergestalt aufgeblasen wurden, daß er sie nicht länger bergen kundte, sondern sich gezwun- gen sahe, seine Neigung und Verlangen, sie auf ewig für sein eigen zu besitzen, ihrem Vater zu hinter- bringen. Dieser griffe mit beyden Händen in diese vermeynte Glücks-Bude, und befahl seiner Tochter an, ihn als ihren Liebsten zu tractiren.
Nun ist dieser gravitätische Doctor wiederum zu einem Kinde geworden, und begehet, als ein alter 60jähriger Gecke, alle Thorheiten eines jungen Le- ckers, auf eine solche curieuse Weise, daß man sich buckligt darüber lachen möchte. Er cour- tisiret mit diesem jungen Mägdgen von 18. Jah- ren, zertrucket ihr bald die Hände, spielet mit ihr, verkehrt die charmanten Augen wie ein verliebtes Thierigen aus Arcadien, discouriret mit ihr von Liebe, Feuer und Flammen, schertzet gleich einem minderjährigen Rehe-Böcklein, machet Verse und Sonnette, und erhebet ihren Verstand und Schönheit biß an die mit Sternen besäete Milch- Strasse: Jndem er aber also einen Galan und verliebten Hasen spielet, agiret sie gleichsam einen Stoicum und Philosophum, wenn sie ihm vorstellet, was solche ungleiche Heyrathen für üble Würckungen herfür zu bringen pflegten: Wie daß seine Flamme gleich einem Wischgen Werck bald verlodern werde, und seine Liebe nur ein Ignis fatuus, ein Jrrwisch, und ein in der Jrre herum
wan-
Madame Baxter,
ſeine Flammen dergeſtalt aufgeblaſen wurden, daß er ſie nicht laͤnger bergen kuñte, ſondern ſich gezwun- gen ſahe, ſeine Neigung und Verlangen, ſie auf ewig fuͤr ſein eigen zu beſitzen, ihrem Vater zu hinter- bringen. Dieſer griffe mit beyden Haͤnden in dieſe vermeynte Gluͤcks-Bude, und befahl ſeiner Tochter an, ihn als ihren Liebſten zu tractiren.
Nun iſt dieſer gravitaͤtiſche Doctor wiederum zu einem Kinde geworden, und begehet, als ein alter 60jaͤhriger Gecke, alle Thorheiten eines jungen Le- ckers, auf eine ſolche curieuſe Weiſe, daß man ſich buckligt daruͤber lachen moͤchte. Er cour- tiſiret mit dieſem jungen Maͤgdgen von 18. Jah- ren, zertrucket ihr bald die Haͤnde, ſpielet mit ihr, verkehrt die charmanten Augen wie ein verliebtes Thierigen aus Arcadien, diſcouriret mit ihr von Liebe, Feuer und Flammen, ſchertzet gleich einem minderjaͤhrigen Rehe-Boͤcklein, machet Verſe und Sonnette, und erhebet ihren Verſtand und Schoͤnheit biß an die mit Sternen beſaͤete Milch- Straſſe: Jndem er aber alſo einen Galan und verliebten Haſen ſpielet, agiret ſie gleichſam einen Stoicum und Philoſophum, wenn ſie ihm vorſtellet, was ſolche ungleiche Heyrathen fuͤr uͤble Wuͤrckungen herfuͤr zu bringen pflegten: Wie daß ſeine Flamme gleich einem Wiſchgen Werck bald verlodern werde, und ſeine Liebe nur ein Ignis fatuus, ein Jrrwiſch, und ein in der Jrre herum
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Madame Baxter,
ſeine Flammen dergeſtalt aufgeblaſen wurden, daß
er ſie nicht laͤnger bergen kuñte, ſondern ſich gezwun-
gen ſahe, ſeine Neigung und Verlangen, ſie auf ewig
fuͤr ſein eigen zu beſitzen, ihrem Vater zu hinter-
bringen. Dieſer griffe mit beyden Haͤnden in
dieſe vermeynte Gluͤcks-Bude, und befahl ſeiner
Tochter an, ihn als ihren Liebſten zu tractiren.
Nun iſt dieſer gravitaͤtiſche Doctor wiederum
zu einem Kinde geworden, und begehet, als ein alter
60jaͤhriger Gecke, alle Thorheiten eines jungen Le-
ckers, auf eine ſolche curieuſe Weiſe, daß man
ſich buckligt daruͤber lachen moͤchte. Er cour-
tiſiret mit dieſem jungen Maͤgdgen von 18. Jah-
ren, zertrucket ihr bald die Haͤnde, ſpielet mit ihr,
verkehrt die charmanten Augen wie ein verliebtes
Thierigen aus Arcadien, diſcouriret mit ihr von
Liebe, Feuer und Flammen, ſchertzet gleich einem
minderjaͤhrigen Rehe-Boͤcklein, machet Verſe und
Sonnette, und erhebet ihren Verſtand und
Schoͤnheit biß an die mit Sternen beſaͤete Milch-
Straſſe: Jndem er aber alſo einen Galan und
verliebten Haſen ſpielet, agiret ſie gleichſam einen
Stoicum und Philoſophum, wenn ſie ihm
vorſtellet, was ſolche ungleiche Heyrathen fuͤr uͤble
Wuͤrckungen herfuͤr zu bringen pflegten: Wie daß
ſeine Flamme gleich einem Wiſchgen Werck bald
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Kommentar zur DTA-Ausgabe
Die Angaben des Verlagsortes und des Verlegers si… [mehr]
Die Angaben des Verlagsortes und des Verlegers sind fingiert. Die Angaben basieren auf dem Katalogeintrag der Bayerische Staatsbibliothek München sowie Weller (Druckorte), Bd. 1, S. 70. - Bibliogr. Nachweis: BLC to 1975, Bd. 186, S. 449.
Rost, Johann Leonhard: Leben und Thaten Derer berühmtesten Englischen Coquetten und Maitressen. Nürnberg, 1721, S. 262. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/rost_thaten_1721/282>, abgerufen am 22.11.2024.
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