Socrates, einer von denen berühmtesten Philosophis seiner Zeit, saget, daß die Schönheit in derer Huren ihrem Ange- sicht, und die Thorheit in ihren Köpffen, zween Würmer wären, welche denen Männern das Leben abfrässen, und ihre Güther verwüsteten. Euripides meldet, daß, obschon einige Weiber keusch zu seyn schienen, sie doch einen heimlichen Gefal- len am Wechsel hätten; und ungeachtet ihre Aufführung iederman noch so einge- zogen vorkäme, nichts destoweniger könn- ten sie es gar wohl über das Hertze brin- gen, daß sie ihre Ehre denen Umarmun- gen einer oder der andern Manns-Per- son insonderheit überliessen. Plato be- richtet uns, was massen derer Huren ihre Angesichter Lock-Speisen, ihre Blicke Netze, und ihre Worte reitzende Bezaube- [r]ungen wären. Und Sophocles thut den weisen Ausspruch, daß einer leichten Me- tze ihr Gemüth ungewiß sey, und so viel [n]eue Anschläge, als ein Baum Blätter, habe: Denn die Zähne wässerten ihr al- [l]ezeit nach dem Wechsel, und sie pflege [d]enjenigen selten recht hertzlich zu lieben, mit dem sie eine Zeitlang umgegangen wäre.
Ja,
zur andern Abtheilung.
Socrates, einer von denen beruͤhmteſten Philoſophis ſeiner Zeit, ſaget, daß die Schoͤnheit in derer Huren ihrem Ange- ſicht, und die Thorheit in ihren Koͤpffen, zween Wuͤrmer waͤren, welche denen Maͤnnern das Leben abfraͤſſen, und ihre Guͤther verwuͤſteten. Euripides meldet, daß, obſchon einige Weiber keuſch zu ſeyn ſchienen, ſie doch einen heimlichen Gefal- len am Wechſel haͤtten; und ungeachtet ihre Auffuͤhrung iederman noch ſo einge- zogen vorkaͤme, nichts deſtoweniger koͤñ- ten ſie es gar wohl uͤber das Hertze brin- gen, daß ſie ihre Ehre denen Umarmun- gen einer oder der andern Manns-Per- ſon inſonderheit uͤberlieſſen. Plato be- richtet uns, was maſſen derer Huren ihre Angeſichter Lock-Speiſen, ihre Blicke Netze, und ihre Worte reitzende Bezaube- [r]ungen waͤren. Und Sophocles thut den weiſen Ausſpruch, daß einer leichten Me- tze ihr Gemuͤth ungewiß ſey, und ſo viel [n]eue Anſchlaͤge, als ein Baum Blaͤtter, habe: Denn die Zaͤhne waͤſſerten ihr al- [l]ezeit nach dem Wechſel, und ſie pflege [d]enjenigen ſelten recht hertzlich zu lieben, mit dem ſie eine Zeitlang umgegangen waͤre.
Ja,
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zur andern Abtheilung.
Socrates, einer von denen beruͤhmteſten
Philoſophis ſeiner Zeit, ſaget, daß die
Schoͤnheit in derer Huren ihrem Ange-
ſicht, und die Thorheit in ihren Koͤpffen,
zween Wuͤrmer waͤren, welche denen
Maͤnnern das Leben abfraͤſſen, und ihre
Guͤther verwuͤſteten. Euripides meldet,
daß, obſchon einige Weiber keuſch zu ſeyn
ſchienen, ſie doch einen heimlichen Gefal-
len am Wechſel haͤtten; und ungeachtet
ihre Auffuͤhrung iederman noch ſo einge-
zogen vorkaͤme, nichts deſtoweniger koͤñ-
ten ſie es gar wohl uͤber das Hertze brin-
gen, daß ſie ihre Ehre denen Umarmun-
gen einer oder der andern Manns-Per-
ſon inſonderheit uͤberlieſſen. Plato be-
richtet uns, was maſſen derer Huren ihre
Angeſichter Lock-Speiſen, ihre Blicke
Netze, und ihre Worte reitzende Bezaube-
rungen waͤren. Und Sophocles thut den
weiſen Ausſpruch, daß einer leichten Me-
tze ihr Gemuͤth ungewiß ſey, und ſo viel
neue Anſchlaͤge, als ein Baum Blaͤtter,
habe: Denn die Zaͤhne waͤſſerten ihr al-
lezeit nach dem Wechſel, und ſie pflege
denjenigen ſelten recht hertzlich zu lieben,
mit dem ſie eine Zeitlang umgegangen
waͤre.
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Die Angaben des Verlagsortes und des Verlegers si… [mehr]
Die Angaben des Verlagsortes und des Verlegers sind fingiert. Die Angaben basieren auf dem Katalogeintrag der Bayerische Staatsbibliothek München sowie Weller (Druckorte), Bd. 1, S. 70. - Bibliogr. Nachweis: BLC to 1975, Bd. 186, S. 449.
Rost, Johann Leonhard: Leben und Thaten Derer berühmtesten Englischen Coquetten und Maitressen. Nürnberg, 1721, S. 283. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/rost_thaten_1721/303>, abgerufen am 22.11.2024.
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