Rost, Johann Leonhard: Leben und Thaten Derer berühmtesten Englischen Coquetten und Maitressen. Nürnberg, 1721.Philogines und Meretricia. nehmlichkeiten ihrer Schönheit, die noch mit andernQualitäten mehr ausgezieret war, manchen unter- thänigen Diener: Unter andern wurde ein vorneh- mer Ritter, der reicher, als die andern alle, war, durch ihre Seltenheiten und annehmliche Con- versation dergestalt mit Bewunderung einge- nommen, daß er, alles Widerstandes ungeachtet, der gewaltsamen Liebe das Feld räumen muste. Er betrachtete sie, so offt er sie sahe, mit sonderbarer Aufmercksamkeit, und befande ihre Schönheit so unvergleichlich vollkommen, daß, ie mehr er sie beobachtete, desto mehr er sie bewundern muste; und seine Leidenschafft wurde von Tag zu Tag im- mer grösser und grösser. Er entdeckte demnach sein Anliegen einem vertrauten Freunde, auf den er sich verlassen kunnte; und wurde beschlossen, daß derselbe den Handel der Meretriciae Mutter vor- tragen und ihr bekannt machen sollte, was massen sein Freund gesonnen wäre, ihre Tochter, wenn sie das Ja-Wort von sich gäbe, zu heyrathen. Die- semnach begab sich der Braut-Werber in der al- ten Matrone ihre Behausung, wo er sich über der Mittags-Mahlzeit also vernehmen ließ: Mada- me, ich bin gekommen, ihr das Glücke, welches beydes ihrer Tochter und ihr selbsten bevorstehet, zu hinterbringen; und woferne sie dem, was ich ihr sage, glauben giebet, und allen Scrupel bey Seite
Philogines und Meretricia. nehmlichkeiten ihrer Schoͤnheit, die noch mit andernQualitaͤten mehr ausgezieret war, manchen unter- thaͤnigen Diener: Unter andern wurde ein vorneh- mer Ritter, der reicher, als die andern alle, war, durch ihre Seltenheiten und annehmliche Con- verſation dergeſtalt mit Bewunderung einge- nommen, daß er, alles Widerſtandes ungeachtet, der gewaltſamen Liebe das Feld raͤumen muſte. Er betrachtete ſie, ſo offt er ſie ſahe, mit ſonderbarer Aufmerckſamkeit, und befande ihre Schoͤnheit ſo unvergleichlich vollkommen, daß, ie mehr er ſie beobachtete, deſto mehr er ſie bewundern muſte; und ſeine Leidenſchafft wurde von Tag zu Tag im- mer groͤſſer und groͤſſer. Er entdeckte demnach ſein Anliegen einem vertrauten Freunde, auf den er ſich verlaſſen kunnte; und wurde beſchloſſen, daß derſelbe den Handel der Meretriciæ Mutter vor- tragen und ihr bekannt machen ſollte, was maſſen ſein Freund geſonnen waͤre, ihre Tochter, wenn ſie das Ja-Wort von ſich gaͤbe, zu heyrathen. Die- ſemnach begab ſich der Braut-Werber in der al- ten Matrone ihre Behauſung, wo er ſich uͤber der Mittags-Mahlzeit alſo vernehmen ließ: Mada- me, ich bin gekommen, ihr das Gluͤcke, welches beydes ihrer Tochter und ihr ſelbſten bevorſtehet, zu hinterbringen; und woferne ſie dem, was ich ihr ſage, glauben giebet, und allen Scrupel bey Seite
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Philogines und Meretricia.
nehmlichkeiten ihrer Schoͤnheit, die noch mit andern
Qualitaͤten mehr ausgezieret war, manchen unter-
thaͤnigen Diener: Unter andern wurde ein vorneh-
mer Ritter, der reicher, als die andern alle, war,
durch ihre Seltenheiten und annehmliche Con-
verſation dergeſtalt mit Bewunderung einge-
nommen, daß er, alles Widerſtandes ungeachtet,
der gewaltſamen Liebe das Feld raͤumen muſte.
Er betrachtete ſie, ſo offt er ſie ſahe, mit ſonderbarer
Aufmerckſamkeit, und befande ihre Schoͤnheit ſo
unvergleichlich vollkommen, daß, ie mehr er ſie
beobachtete, deſto mehr er ſie bewundern muſte;
und ſeine Leidenſchafft wurde von Tag zu Tag im-
mer groͤſſer und groͤſſer. Er entdeckte demnach
ſein Anliegen einem vertrauten Freunde, auf den er
ſich verlaſſen kunnte; und wurde beſchloſſen, daß
derſelbe den Handel der Meretriciæ Mutter vor-
tragen und ihr bekannt machen ſollte, was maſſen
ſein Freund geſonnen waͤre, ihre Tochter, wenn ſie
das Ja-Wort von ſich gaͤbe, zu heyrathen. Die-
ſemnach begab ſich der Braut-Werber in der al-
ten Matrone ihre Behauſung, wo er ſich uͤber der
Mittags-Mahlzeit alſo vernehmen ließ: Mada-
me, ich bin gekommen, ihr das Gluͤcke,
welches beydes ihrer Tochter und ihr
ſelbſten bevorſtehet, zu hinterbringen;
und woferne ſie dem, was ich ihr ſage,
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