Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Rost, Johann Leonhard: Leben und Thaten Derer berühmtesten Englischen Coquetten und Maitressen. Nürnberg, 1721.

Bild:
<< vorherige Seite

Philogines und Meretricia.
[w]ünsche doch zu deiner Beruhigung die-
[se]s, daß du mich mit eben derselben
[G]leichgültigkeit vergessen mögest, mit
[w]elcher dich meine vergnügte Seele ver-
[l]sset! Fahre wohl!

Man kan sich leichtlich einbilden, zu was für
[ei]nem Grad der Unsinnigkeit, oder vielmehr, in was
[f]r eine Tieffe der Verzweifflung, ihn dieser Brieff
[verf]atzte. Jndem nun tausenderley Gedancken in
[de]m tollen Grillen-Gehäge seines umgekehrten
Verstandes wie eine Wind-Mühle umgetrieben
[w]urden, brach er endlich in diese Worte heraus:
[A]ch! ja! ich bin ruiniret, Meretricia ist
[n]icht mehr mein, sondern hat mich im
[g]antzen Ernst
abandoniret und trostloß
[h]interlassen, als einen Raub meiner Ver-
[zw]eiffelung. Ach! Grausame, must du
[a]n einem Menschen, der dir so vielfältige
[K]ennzeichen seiner aufrichtigsten und
[h]efftigsten Liebe gegeben, so unbarmher-
[tzi]g handeln? Ist dieses die Hochachtung
[al]le, die ich um dich verdienet habe?
Al-
[lein], seine Exclamationes waren alle vergeblich:
[D]enn sie wurde nunmehro in denen Umarmungen
[de]s Philoginis caressiret, der ihr des Jahrs
[25]000. Pfund, aus denen confiscirten Güthern
Terra Scelesta, bestimmete, welches Geld
[d]enjenigen hätte zugewandt werden sollen, die

ihr

Philogines und Meretricia.
[w]uͤnſche doch zu deiner Beruhigung die-
[ſe]s, daß du mich mit eben derſelben
[G]leichguͤltigkeit vergeſſen moͤgeſt, mit
[w]elcher dich meine vergnuͤgte Seele ver-
[l]ſſet! Fahre wohl!

Man kan ſich leichtlich einbilden, zu was fuͤr
[ei]nem Grad der Unſinnigkeit, oder vielmehr, in was
[f]r eine Tieffe der Verzweifflung, ihn dieſer Brieff
[verf]atzte. Jndem nun tauſenderley Gedancken in
[de]m tollen Grillen-Gehaͤge ſeines umgekehrten
Verſtandes wie eine Wind-Muͤhle umgetrieben
[w]urden, brach er endlich in dieſe Worte heraus:
[A]ch! ja! ich bin ruiniret, Meretricia iſt
[n]icht mehr mein, ſondern hat mich im
[g]antzen Ernſt
abandoniret und troſtloß
[h]interlaſſen, als einen Raub meiner Ver-
[zw]eiffelung. Ach! Grauſame, muſt du
[a]n einem Menſchen, der dir ſo vielfaͤltige
[K]ennzeichen ſeiner aufrichtigſten und
[h]efftigſten Liebe gegeben, ſo unbarmher-
[tzi]g handeln? Iſt dieſes die Hochachtung
[al]le, die ich um dich verdienet habe?
Al-
[lein], ſeine Exclamationes waren alle vergeblich:
[D]enn ſie wurde nunmehro in denen Umarmungen
[de]s Philoginis careſſiret, der ihr des Jahrs
[25]000. Pfund, aus denen confiſcirten Guͤthern
Terra Sceleſta, beſtimmete, welches Geld
[d]enjenigen haͤtte zugewandt werden ſollen, die

ihr
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="3">
          <p>
            <pb facs="#f0339" n="319"/>
            <fw place="top" type="header"> <hi rendition="#b"><hi rendition="#aq">Philogines</hi> und <hi rendition="#aq">Meretricia.</hi></hi> </fw><lb/> <hi rendition="#fr"><supplied>w</supplied>u&#x0364;n&#x017F;che doch zu deiner Beruhigung die-<lb/><supplied>&#x017F;e</supplied>s, daß du mich mit eben der&#x017F;elben<lb/><supplied>G</supplied>leichgu&#x0364;ltigkeit verge&#x017F;&#x017F;en mo&#x0364;ge&#x017F;t, mit<lb/><supplied>w</supplied>elcher dich meine vergnu&#x0364;gte Seele ver-<lb/><supplied>l</supplied>&#x017F;&#x017F;et! Fahre wohl!</hi> </p><lb/>
          <p>Man kan &#x017F;ich leichtlich einbilden, zu was fu&#x0364;r<lb/><supplied>ei</supplied>nem <hi rendition="#aq">Grad</hi> der Un&#x017F;innigkeit, oder vielmehr, in was<lb/><supplied>f</supplied>r eine Tieffe der Verzweifflung, ihn die&#x017F;er Brieff<lb/><supplied>verf</supplied>atzte. Jndem nun tau&#x017F;enderley Gedancken in<lb/><supplied>de</supplied>m tollen Grillen-Geha&#x0364;ge &#x017F;eines umgekehrten<lb/>
Ver&#x017F;tandes wie eine Wind-Mu&#x0364;hle umgetrieben<lb/><supplied>w</supplied>urden, brach er endlich in die&#x017F;e Worte heraus:<lb/><hi rendition="#fr"><supplied>A</supplied>ch! ja! ich bin</hi> <hi rendition="#aq">ruini</hi><hi rendition="#fr">ret,</hi> <hi rendition="#aq">Meretricia</hi> <hi rendition="#fr">i&#x017F;t<lb/><supplied>n</supplied>icht mehr mein, &#x017F;ondern hat mich im<lb/><supplied>g</supplied>antzen Ern&#x017F;t</hi> <hi rendition="#aq">abandoni</hi><hi rendition="#fr">ret und tro&#x017F;tloß<lb/><supplied>h</supplied>interla&#x017F;&#x017F;en, als einen Raub meiner Ver-<lb/><supplied>zw</supplied>eiffelung. Ach! Grau&#x017F;ame, mu&#x017F;t du<lb/><supplied>a</supplied>n einem Men&#x017F;chen, der dir &#x017F;o vielfa&#x0364;ltige<lb/><supplied>K</supplied>ennzeichen &#x017F;einer aufrichtig&#x017F;ten und<lb/><supplied>h</supplied>efftig&#x017F;ten Liebe gegeben, &#x017F;o unbarmher-<lb/><supplied>tzi</supplied>g handeln? I&#x017F;t die&#x017F;es die Hochachtung<lb/><supplied>al</supplied>le, die ich um dich verdienet habe?</hi> Al-<lb/><supplied>lein</supplied>, &#x017F;eine <hi rendition="#aq">Exclamationes</hi> waren alle vergeblich:<lb/><supplied>D</supplied>enn &#x017F;ie wurde nunmehro in denen Umarmungen<lb/><supplied>de</supplied>s <hi rendition="#aq">Philoginis care&#x017F;&#x017F;i</hi>ret, der ihr des Jahrs<lb/><supplied>25</supplied>000. Pfund, aus denen <hi rendition="#aq">confi&#x017F;cir</hi>ten Gu&#x0364;thern<lb/><hi rendition="#aq">Terra Scele&#x017F;ta,</hi> be&#x017F;timmete, welches Geld<lb/><supplied>d</supplied>enjenigen ha&#x0364;tte zugewandt werden &#x017F;ollen, die<lb/>
<fw place="bottom" type="catch">ihr</fw><lb/></p>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[319/0339] Philogines und Meretricia. wuͤnſche doch zu deiner Beruhigung die- ſes, daß du mich mit eben derſelben Gleichguͤltigkeit vergeſſen moͤgeſt, mit welcher dich meine vergnuͤgte Seele ver- lſſet! Fahre wohl! Man kan ſich leichtlich einbilden, zu was fuͤr einem Grad der Unſinnigkeit, oder vielmehr, in was fr eine Tieffe der Verzweifflung, ihn dieſer Brieff verfatzte. Jndem nun tauſenderley Gedancken in dem tollen Grillen-Gehaͤge ſeines umgekehrten Verſtandes wie eine Wind-Muͤhle umgetrieben wurden, brach er endlich in dieſe Worte heraus: Ach! ja! ich bin ruiniret, Meretricia iſt nicht mehr mein, ſondern hat mich im gantzen Ernſt abandoniret und troſtloß hinterlaſſen, als einen Raub meiner Ver- zweiffelung. Ach! Grauſame, muſt du an einem Menſchen, der dir ſo vielfaͤltige Kennzeichen ſeiner aufrichtigſten und hefftigſten Liebe gegeben, ſo unbarmher- tzig handeln? Iſt dieſes die Hochachtung alle, die ich um dich verdienet habe? Al- lein, ſeine Exclamationes waren alle vergeblich: Denn ſie wurde nunmehro in denen Umarmungen des Philoginis careſſiret, der ihr des Jahrs 25000. Pfund, aus denen confiſcirten Guͤthern Terra Sceleſta, beſtimmete, welches Geld denjenigen haͤtte zugewandt werden ſollen, die ihr

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Die Angaben des Verlagsortes und des Verlegers si… [mehr]

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/rost_thaten_1721
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/rost_thaten_1721/339
Zitationshilfe: Rost, Johann Leonhard: Leben und Thaten Derer berühmtesten Englischen Coquetten und Maitressen. Nürnberg, 1721, S. 319. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/rost_thaten_1721/339>, abgerufen am 23.11.2024.