Rost, Johann Leonhard: Leben und Thaten Derer berühmtesten Englischen Coquetten und Maitressen. Nürnberg, 1721.Herr Thomas Wagstaff, cobs Park, Abends um 4. Uhr, nach demnächsten vollen Mond, welches euer gün- stiger Planet ist, werdet ihr ihn zu nächst dem St. Jacobs-Pallast, gantz allein auf ei- ner Banck sitzen sehen, da er Quevedos Vi- sions oder Einbildungen lesen wird; Und derselbe ist der Phoenix, nach den ihr euch umsehet. Nachdem ihn Madame Charlton ein schönes Honorarium gegeben, und hierauf ihren Abschied genommen hatte, wünschete sie, daß der überglückselige Augenblick nur schon angebro- chen seyn möchte, welcher ihrem unruhigen Gemüth die Wahrheit dieser wunderlichen Prophezeyung zu erkennen geben könnte. Die gelehrte Mytholo- gisten, welche die Geheimnisse derer poetischen Gedichte und Fabeln auslegen, geben vor, daß die alte Heyden den Mond, unter dem Nahmen Lu- cina, für die Göttin der Weh-Mütter und Kind- Betterin angebethet; und wenn sie eine Finsterniß erlitten, haben, die alten Weiber in denenselbigen Tagen darvor gehalten, sie befände sich in der Ge- buhrts-Arbeit, und sind sie demnach hergewesen, mit Kesseln und Tellern ein gräßliches Geklemper, Gekratze und Geschwirre zu machen, um dieselbe durch ihr rauhes Geplerre und erschreckliches Getöse von ihren ohnmächtigen Paroxismis wiederum zu er- muntern; Alleine sie haben nicht inbrünstiger be- then können, als Madame Charlton thate, da sie
Herr Thomas Wagſtaff, cobs Park, Abends um 4. Uhr, nach demnaͤchſten vollen Mond, welches euer guͤn- ſtiger Planet iſt, werdet ihr ihn zu naͤchſt dem St. Jacobs-Pallaſt, gantz allein auf ei- ner Banck ſitzen ſehen, da er Quevedos Vi- ſions oder Einbildungen leſen wird; Und derſelbe iſt der Phœnix, nach den ihr euch umſehet. Nachdem ihn Madame Charlton ein ſchoͤnes Honorarium gegeben, und hierauf ihren Abſchied genommen hatte, wuͤnſchete ſie, daß der uͤbergluͤckſelige Augenblick nur ſchon angebro- chen ſeyn moͤchte, welcher ihrem unruhigen Gemuͤth die Wahrheit dieſer wunderlichen Prophezeyung zu erkennen geben koͤnnte. Die gelehrte Mytholo- giſten, welche die Geheimniſſe derer poëtiſchen Gedichte und Fabeln auslegen, geben vor, daß die alte Heyden den Mond, unter dem Nahmen Lu- cina, fuͤr die Goͤttin der Weh-Muͤtter und Kind- Betterin angebethet; und wenn ſie eine Finſterniß erlitten, haben, die alten Weiber in denenſelbigen Tagen darvor gehalten, ſie befaͤnde ſich in der Ge- buhrts-Arbeit, und ſind ſie demnach hergeweſen, mit Keſſeln und Tellern ein graͤßliches Geklemper, Gekratze uñ Geſchwirre zu machen, um dieſelbe durch ihr rauhes Geplerre und erſchreckliches Getoͤſe von ihren ohnmaͤchtigen Paroxiſmis wiederum zu er- muntern; Alleine ſie haben nicht inbruͤnſtiger be- then koͤnnen, als Madame Charlton thate, da ſie
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Herr Thomas Wagſtaff,
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ſtiger Planet iſt, werdet ihr ihn zu naͤchſt
dem St. Jacobs-Pallaſt, gantz allein auf ei-
ner Banck ſitzen ſehen, da er Quevedos Vi-
ſions oder Einbildungen leſen wird; Und
derſelbe iſt der Phœnix, nach den ihr euch
umſehet. Nachdem ihn Madame Charlton
ein ſchoͤnes Honorarium gegeben, und hierauf
ihren Abſchied genommen hatte, wuͤnſchete ſie, daß
der uͤbergluͤckſelige Augenblick nur ſchon angebro-
chen ſeyn moͤchte, welcher ihrem unruhigen Gemuͤth
die Wahrheit dieſer wunderlichen Prophezeyung zu
erkennen geben koͤnnte. Die gelehrte Mytholo-
giſten, welche die Geheimniſſe derer poëtiſchen
Gedichte und Fabeln auslegen, geben vor, daß die
alte Heyden den Mond, unter dem Nahmen Lu-
cina, fuͤr die Goͤttin der Weh-Muͤtter und Kind-
Betterin angebethet; und wenn ſie eine Finſterniß
erlitten, haben, die alten Weiber in denenſelbigen
Tagen darvor gehalten, ſie befaͤnde ſich in der Ge-
buhrts-Arbeit, und ſind ſie demnach hergeweſen,
mit Keſſeln und Tellern ein graͤßliches Geklemper,
Gekratze uñ Geſchwirre zu machen, um dieſelbe durch
ihr rauhes Geplerre und erſchreckliches Getoͤſe von
ihren ohnmaͤchtigen Paroxiſmis wiederum zu er-
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