Rost, Johann Leonhard: Leben und Thaten Derer berühmtesten Englischen Coquetten und Maitressen. Nürnberg, 1721.und Madame Charlton. Augen den kalten Schweiß mit ihrem Serviet vonseiner Stirne abtrocknete, nicht genugsam verwun- dern; Er wuste nicht, was er von einer so über- schwenglichen Mildigkeit dencken sollte, da sie ihn mit einem starcken Thränen-Guß aufs liebreichste fragte, wie er sich befände, und mit einer von Seuff- zen unterbrochenen Stimme zu ihm sagte: Mein werthester Francesco, willst du denn ster- ben, und mit deinem eigenen Tode mir den meinigen auch verursachen? Redest du nicht mit mir, mein Hertz? Fasse doch einen Muth, liebste Seele! wenn du ver- langest, daß ich leben soll, und iß ein we- nig von dieser Gallerte! Thue es um mei- netwillen, die ich dich liebe, die ich dich an- bethe; Küsse mich, mein Engel! Küsse mich, und werde wieder gesund, oder laß mich mit dir sterben! Dergleichen Jnnhalt hatten etwa ihre Klagen, indem sie ihr Englisches Angesicht an die höllische Larve des Mohren fügete, und dieselbe mit Thränen benetzete; Er stieß aber mit seinen klappernden Händen ihr schönes Antlitz hinweg, und sagte mit einer hohlen und düstern Stimme zu ihr: Was wollt ihr von mir ha- ben, Madame! Warum wollet ihr mich nicht mit Ruhe sterben lassen? Jsts nicht genug, daß ihr mich in diesen miserablen Zustand versetzet habt; Jhr meynet auch noch,
und Madame Charlton. Augen den kalten Schweiß mit ihrem Serviet vonſeiner Stirne abtrocknete, nicht genugſam verwun- dern; Er wuſte nicht, was er von einer ſo uͤber- ſchwenglichen Mildigkeit dencken ſollte, da ſie ihn mit einem ſtarcken Thraͤnen-Guß aufs liebreichſte fragte, wie er ſich befaͤnde, und mit einer von Seuff- zen unterbrochenen Stimme zu ihm ſagte: Mein wertheſter Franceſco, willſt du denn ſter- ben, und mit deinem eigenen Tode mir den meinigen auch verurſachen? Redeſt du nicht mit mir, mein Hertz? Faſſe doch einen Muth, liebſte Seele! wenn du ver- langeſt, daß ich leben ſoll, und iß ein we- nig von dieſer Gallerte! Thue es um mei- netwillen, die ich dich liebe, die ich dich an- bethe; Kuͤſſe mich, mein Engel! Kuͤſſe mich, und werde wieder geſund, oder laß mich mit dir ſterben! Dergleichen Jnnhalt hatten etwa ihre Klagen, indem ſie ihr Engliſches Angeſicht an die hoͤlliſche Larve des Mohren fuͤgete, und dieſelbe mit Thraͤnen benetzete; Er ſtieß aber mit ſeinen klappernden Haͤnden ihr ſchoͤnes Antlitz hinweg, und ſagte mit einer hohlen und duͤſtern Stimme zu ihr: Was wollt ihr von mir ha- ben, Madame! Warum wollet ihr mich nicht mit Ruhe ſterben laſſen? Jſts nicht genug, daß ihr mich in dieſen miſerablen Zuſtand verſetzet habt; Jhr meynet auch noch,
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und Madame Charlton.
Augen den kalten Schweiß mit ihrem Serviet von
ſeiner Stirne abtrocknete, nicht genugſam verwun-
dern; Er wuſte nicht, was er von einer ſo uͤber-
ſchwenglichen Mildigkeit dencken ſollte, da ſie ihn
mit einem ſtarcken Thraͤnen-Guß aufs liebreichſte
fragte, wie er ſich befaͤnde, und mit einer von Seuff-
zen unterbrochenen Stimme zu ihm ſagte: Mein
wertheſter Franceſco, willſt du denn ſter-
ben, und mit deinem eigenen Tode mir
den meinigen auch verurſachen? Redeſt
du nicht mit mir, mein Hertz? Faſſe doch
einen Muth, liebſte Seele! wenn du ver-
langeſt, daß ich leben ſoll, und iß ein we-
nig von dieſer Gallerte! Thue es um mei-
netwillen, die ich dich liebe, die ich dich an-
bethe; Kuͤſſe mich, mein Engel! Kuͤſſe
mich, und werde wieder geſund, oder laß
mich mit dir ſterben! Dergleichen Jnnhalt
hatten etwa ihre Klagen, indem ſie ihr Engliſches
Angeſicht an die hoͤlliſche Larve des Mohren fuͤgete,
und dieſelbe mit Thraͤnen benetzete; Er ſtieß aber
mit ſeinen klappernden Haͤnden ihr ſchoͤnes Antlitz
hinweg, und ſagte mit einer hohlen und duͤſtern
Stimme zu ihr: Was wollt ihr von mir ha-
ben, Madame! Warum wollet ihr mich
nicht mit Ruhe ſterben laſſen? Jſts nicht
genug, daß ihr mich in dieſen miſerablen
Zuſtand verſetzet habt; Jhr meynet auch
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