Rost, Johann Leonhard: Leben und Thaten Derer berühmtesten Englischen Coquetten und Maitressen. Nürnberg, 1721.Herr Thomas Wagstaff, noch, ich sollte ietzo, da ich schon mit demeinen Fusse im Grabe stehe, die wenigen Augenblicke, die ich noch zu leben habe, euren unersättlichen Begierden aufopf- fern? Haltet euch zu euerm Ehe-Man- ne, und erwartet von mir nichts mehr, der ich mich besser in die kalten Arme des To- des, als für die hitzigen Begierden euerer unzüchtigen Umarmungen, schicke! Hier- mit suncke er nieder ins Bette, und so plötzlich, daß Madame Charlton nicht ein. Wort mehr von ihm heraus bringen kunnte, sondern gleich einer trostlosen Wittwe bey der Beerdigung ihres hertz- innigst-liebgewesenen Ehe-Mannes, mit einem be- trübten und mißvergnügten Angesicht, in ihre Kam- mer zurück kehrete. Ritter Allen lag in einem Winckel des Stalles verborgen, biß sie wieder hin- weg war; alsdenn gieng er mit Verwunderung und Erstaunen, wegen der Abendtheuer dieses schö- nen Wunder-Thiers, nach Hause. Jnnerhalb drey oder vier Wochen, als er bey Madame Charltons Behausung vorbey gienge, wurde der schwartze Cupido auf einer Todten-Bahre her- aus getragen; und eine Woche darnach empfieng er, durch einen ihrer Diener, folgendes Brieffgen von ihr: Mein Herr! Sie haben mich bereden wollen, als ob etwas
Herr Thomas Wagſtaff, noch, ich ſollte ietzo, da ich ſchon mit demeinen Fuſſe im Grabe ſtehe, die wenigen Augenblicke, die ich noch zu leben habe, euren unerſaͤttlichen Begierden aufopf- fern? Haltet euch zu euerm Ehe-Man- ne, und erwartet von mir nichts mehr, der ich mich beſſer in die kalten Arme des To- des, als fuͤr die hitzigen Begierden euerer unzuͤchtigen Umarmungen, ſchicke! Hier- mit ſuncke er nieder ins Bette, und ſo ploͤtzlich, daß Madame Charlton nicht ein. Wort mehr von ihm heraus bringen kunnte, ſondern gleich einer troſtloſen Wittwe bey der Beerdigung ihres hertz- innigſt-liebgeweſenen Ehe-Mannes, mit einem be- truͤbten und mißvergnuͤgten Angeſicht, in ihre Kam- mer zuruͤck kehrete. Ritter Allen lag in einem Winckel des Stalles verborgen, biß ſie wieder hin- weg war; alsdenn gieng er mit Verwunderung und Erſtaunen, wegen der Abendtheuer dieſes ſchoͤ- nen Wunder-Thiers, nach Hauſe. Jnnerhalb drey oder vier Wochen, als er bey Madame Charltons Behauſung vorbey gienge, wurde der ſchwartze Cupido auf einer Todten-Bahre her- aus getragen; und eine Woche darnach empfieng er, durch einen ihrer Diener, folgendes Brieffgen von ihr: Mein Herr! Sie haben mich bereden wollen, als ob etwas
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Herr Thomas Wagſtaff,
noch, ich ſollte ietzo, da ich ſchon mit dem
einen Fuſſe im Grabe ſtehe, die wenigen
Augenblicke, die ich noch zu leben habe,
euren unerſaͤttlichen Begierden aufopf-
fern? Haltet euch zu euerm Ehe-Man-
ne, und erwartet von mir nichts mehr, der
ich mich beſſer in die kalten Arme des To-
des, als fuͤr die hitzigen Begierden euerer
unzuͤchtigen Umarmungen, ſchicke! Hier-
mit ſuncke er nieder ins Bette, und ſo ploͤtzlich, daß
Madame Charlton nicht ein. Wort mehr von
ihm heraus bringen kunnte, ſondern gleich einer
troſtloſen Wittwe bey der Beerdigung ihres hertz-
innigſt-liebgeweſenen Ehe-Mannes, mit einem be-
truͤbten und mißvergnuͤgten Angeſicht, in ihre Kam-
mer zuruͤck kehrete. Ritter Allen lag in einem
Winckel des Stalles verborgen, biß ſie wieder hin-
weg war; alsdenn gieng er mit Verwunderung
und Erſtaunen, wegen der Abendtheuer dieſes ſchoͤ-
nen Wunder-Thiers, nach Hauſe. Jnnerhalb
drey oder vier Wochen, als er bey Madame
Charltons Behauſung vorbey gienge, wurde der
ſchwartze Cupido auf einer Todten-Bahre her-
aus getragen; und eine Woche darnach empfieng
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Mein Herr!
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