Rost, Johann Leonhard: Leben und Thaten Derer berühmtesten Englischen Coquetten und Maitressen. Nürnberg, 1721.Der schöne Seymour, Diese aber, indem sie darüber auffuhr, befahl ihr, siesollte fragen, wer so unbescheiden wäre, und was es gäbe? Der Diener, dessen Stimme gar wohl be- kannt war, antwortete: Er hätte einen Brief an die gnädige Frau von grosser Importanz. Die Dame, welche sich nichts weniger besorgte, als was über sie beschlossen war, ertheilte dem Mägdgen Befehl, aufzumachen, und den Brieff anzunehmen, dem Diener aber zu sagen, daß er ihre Antwort un- ten erwartete. Das Kammer-Kätzgen hatte nicht so bald die Thür geöffnet, so wischte der Baronet mit einem entblösseten Degen hinein, und sein Die- ner mit einem Paar geladenen Pistolen hinter ihm her. Herr Middleton schlieff, und die Dame, die plötzlich erschrack, that einen lauten Schrey, worüber der Galan erwachte, und denselben Au- genblick des Baronets Degen zugleich in seiner Brust hatte, welcher durch offt wiederholte Wun- den seiner flüchtigen Seele einen schnellen Weg in die andere Welt bahnete. Die Dame lag darneben, und zitterte und be- der
Der ſchoͤne Seymour, Dieſe aber, indem ſie daruͤber auffuhr, befahl ihr, ſieſollte fragen, wer ſo unbeſcheiden waͤre, und was es gaͤbe? Der Diener, deſſen Stimme gar wohl be- kannt war, antwortete: Er haͤtte einen Brief an die gnaͤdige Frau von groſſer Importanz. Die Dame, welche ſich nichts weniger beſorgte, als was uͤber ſie beſchloſſen war, ertheilte dem Maͤgdgen Befehl, aufzumachen, und den Brieff anzunehmen, dem Diener aber zu ſagen, daß er ihre Antwort un- ten erwartete. Das Kammer-Kaͤtzgen hatte nicht ſo bald die Thuͤr geoͤffnet, ſo wiſchte der Baronet mit einem entbloͤſſeten Degen hinein, und ſein Die- ner mit einem Paar geladenen Piſtolen hinter ihm her. Herr Middleton ſchlieff, und die Dame, die ploͤtzlich erſchrack, that einen lauten Schrey, woruͤber der Galan erwachte, und denſelben Au- genblick des Baronets Degen zugleich in ſeiner Bruſt hatte, welcher durch offt wiederholte Wun- den ſeiner fluͤchtigen Seele einen ſchnellen Weg in die andere Welt bahnete. Die Dame lag darneben, und zitterte und be- der
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Der ſchoͤne Seymour,
Dieſe aber, indem ſie daruͤber auffuhr, befahl ihr, ſie
ſollte fragen, wer ſo unbeſcheiden waͤre, und was es
gaͤbe? Der Diener, deſſen Stimme gar wohl be-
kannt war, antwortete: Er haͤtte einen Brief an die
gnaͤdige Frau von groſſer Importanz. Die
Dame, welche ſich nichts weniger beſorgte, als was
uͤber ſie beſchloſſen war, ertheilte dem Maͤgdgen
Befehl, aufzumachen, und den Brieff anzunehmen,
dem Diener aber zu ſagen, daß er ihre Antwort un-
ten erwartete. Das Kammer-Kaͤtzgen hatte nicht
ſo bald die Thuͤr geoͤffnet, ſo wiſchte der Baronet
mit einem entbloͤſſeten Degen hinein, und ſein Die-
ner mit einem Paar geladenen Piſtolen hinter ihm
her. Herr Middleton ſchlieff, und die Dame,
die ploͤtzlich erſchrack, that einen lauten Schrey,
woruͤber der Galan erwachte, und denſelben Au-
genblick des Baronets Degen zugleich in ſeiner
Bruſt hatte, welcher durch offt wiederholte Wun-
den ſeiner fluͤchtigen Seele einen ſchnellen Weg in
die andere Welt bahnete.
Die Dame lag darneben, und zitterte und be-
bete, weil ſie nunmehro nichts anders ſich zu getroͤ-
ſten hatte, als daß ſie ſich alle Augenblicke verſahe,
wenn ſein rachgieriger Stahl gleichmaͤßige Gerech-
tigkeit an ihrer Treu-bruͤchigen Bruſt ausuͤben
wuͤrde; Allein er that ihr weiter nichts, als daß er
ihr einen Circumflex uͤber das ſchoͤne Angeſicht
machte, indem er demſelben auf beyden Seiten, von
der
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