Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Rost, Johann Leonhard: Leben und Thaten Derer berühmtesten Englischen Coquetten und Maitressen. Nürnberg, 1721.

Bild:
<< vorherige Seite

Herr Oldys, der Poet,
brauchte, dem jungen Mann aber in Vertheidi-
gung seines Weibes durch das Hertz schoß; Die
trostlose Wittwe wurde alsdann in ein ohnweit da-
von gelegenes Feld geschleppet und daselbst geschän-
det, die Thäter aber flohen nach diesem barbarischen
Strassen- und Ehren-Raub nach Holland.

Frau Latch reisete nach Hause zu ihren Eltern,
welche wegen des Verlusts, den ihre Tochter so
wohl am Mann als Ehre erlitten, nach einem Mo-
nate für Hertzeleid den Geist aufgaben. Und weil
sie der Sohn, ihr Bruder, auch kaum über die Ach-
sel ansahe, begab sie sich nach London, ihr Glücke
daselbst zu suchen; Da sie es aber nicht anders fin-
den kunnte, verleitete sie die Noth und Verführun-
gen eines Schiff-Lieutenants zur Vertände-
lung ihrer Ehe: Denn, weil ihr derselbe grosse Pro-
mess
en thate, sie als eine vornehme Dame, so lan-
ge biß sie der Tod von einander schiede, zu halten,
griffe sie mit beyden Händen nach einem solchen ver-
meynten Glücke; So bald er aber seine Lust gebüs-
set, ließ er die arme Hure im Elend sitzen. Nun
logirte sie nachmals in einem Hause, worinnen
Monsr. Alexander Oldys, ein Poet, wohnte,
der seiner scheußlichen Gestalt wegen, welche des
Thersitis oder AEsopi seiner nicht viel nachgab,
gar wohl bekannt ist; Dieser vernarrte sich mit sei-
ner lahmen Muse dergestalt in ihre Schönheit, daß
er alle Kunst aus seinem Verse-Kasten hervor

such-

Herr Oldys, der Poët,
brauchte, dem jungen Mann aber in Vertheidi-
gung ſeines Weibes durch das Hertz ſchoß; Die
troſtloſe Wittwe wurde alsdann in ein ohnweit da-
von gelegenes Feld geſchleppet und daſelbſt geſchaͤn-
det, die Thaͤter aber flohen nach dieſem barbariſchen
Straſſen- und Ehren-Raub nach Holland.

Frau Latch reiſete nach Hauſe zu ihren Eltern,
welche wegen des Verluſts, den ihre Tochter ſo
wohl am Mann als Ehre erlitten, nach einem Mo-
nate fuͤr Hertzeleid den Geiſt aufgaben. Und weil
ſie der Sohn, ihr Bruder, auch kaum uͤber die Ach-
ſel anſahe, begab ſie ſich nach London, ihr Gluͤcke
daſelbſt zu ſuchen; Da ſie es aber nicht anders fin-
den kunnte, verleitete ſie die Noth und Verfuͤhrun-
gen eines Schiff-Lieutenants zur Vertaͤnde-
lung ihrer Ehe: Denn, weil ihr derſelbe groſſe Pro-
meſſ
en thate, ſie als eine vornehme Dame, ſo lan-
ge biß ſie der Tod von einander ſchiede, zu halten,
griffe ſie mit beyden Haͤnden nach einem ſolchen ver-
meynten Gluͤcke; So bald er aber ſeine Luſt gebuͤſ-
ſet, ließ er die arme Hure im Elend ſitzen. Nun
logirte ſie nachmals in einem Hauſe, worinnen
Monſr. Alexander Oldys, ein Poët, wohnte,
der ſeiner ſcheußlichen Geſtalt wegen, welche des
Therſitis oder Æſopi ſeiner nicht viel nachgab,
gar wohl bekannt iſt; Dieſer vernarrte ſich mit ſei-
ner lahmen Muſe dergeſtalt in ihre Schoͤnheit, daß
er alle Kunſt aus ſeinem Verſe-Kaſten hervor

ſuch-
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="3">
          <p><pb facs="#f0514" n="494"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#b">Herr <hi rendition="#aq">Oldys,</hi> der <hi rendition="#aq">Poë</hi>t,</hi></fw><lb/>
brauchte, dem jungen Mann aber in Vertheidi-<lb/>
gung &#x017F;eines Weibes durch das Hertz &#x017F;choß; Die<lb/>
tro&#x017F;tlo&#x017F;e Wittwe wurde alsdann in ein ohnweit da-<lb/>
von gelegenes Feld ge&#x017F;chleppet und da&#x017F;elb&#x017F;t ge&#x017F;cha&#x0364;n-<lb/>
det, die Tha&#x0364;ter aber flohen nach die&#x017F;em barbari&#x017F;chen<lb/>
Stra&#x017F;&#x017F;en- und Ehren-Raub nach Holland.</p><lb/>
          <p>Frau <hi rendition="#aq">Latch</hi> rei&#x017F;ete nach Hau&#x017F;e zu ihren Eltern,<lb/>
welche wegen des Verlu&#x017F;ts, den ihre Tochter &#x017F;o<lb/>
wohl am Mann als Ehre erlitten, nach einem Mo-<lb/>
nate fu&#x0364;r Hertzeleid den Gei&#x017F;t aufgaben. Und weil<lb/>
&#x017F;ie der Sohn, ihr Bruder, auch kaum u&#x0364;ber die Ach-<lb/>
&#x017F;el an&#x017F;ahe, begab &#x017F;ie &#x017F;ich nach <hi rendition="#aq">London,</hi> ihr Glu&#x0364;cke<lb/>
da&#x017F;elb&#x017F;t zu &#x017F;uchen; Da &#x017F;ie es aber nicht anders fin-<lb/>
den kunnte, verleitete &#x017F;ie die Noth und Verfu&#x0364;hrun-<lb/>
gen eines Schiff-<hi rendition="#aq">Lieutenants</hi> zur Verta&#x0364;nde-<lb/>
lung ihrer Ehe: Denn, weil ihr der&#x017F;elbe gro&#x017F;&#x017F;e <hi rendition="#aq">Pro-<lb/>
me&#x017F;&#x017F;</hi>en thate, &#x017F;ie als eine vornehme <hi rendition="#aq">Dame,</hi> &#x017F;o lan-<lb/>
ge biß &#x017F;ie der Tod von einander &#x017F;chiede, zu halten,<lb/>
griffe &#x017F;ie mit beyden Ha&#x0364;nden nach einem &#x017F;olchen ver-<lb/>
meynten Glu&#x0364;cke; So bald er aber &#x017F;eine Lu&#x017F;t gebu&#x0364;&#x017F;-<lb/>
&#x017F;et, ließ er die arme Hure im Elend &#x017F;itzen. Nun<lb/><hi rendition="#aq">logir</hi>te &#x017F;ie nachmals in einem Hau&#x017F;e, worinnen<lb/><hi rendition="#aq">Mon&#x017F;r. Alexander Oldys,</hi> ein <hi rendition="#aq">Poët,</hi> wohnte,<lb/>
der &#x017F;einer &#x017F;cheußlichen Ge&#x017F;talt wegen, welche des<lb/><hi rendition="#aq">Ther&#x017F;itis</hi> oder <hi rendition="#aq">Æ&#x017F;opi</hi> &#x017F;einer nicht viel nachgab,<lb/>
gar wohl bekannt i&#x017F;t; Die&#x017F;er vernarrte &#x017F;ich mit &#x017F;ei-<lb/>
ner lahmen <hi rendition="#aq">Mu&#x017F;e</hi> derge&#x017F;talt in ihre Scho&#x0364;nheit, daß<lb/>
er alle Kun&#x017F;t aus &#x017F;einem <hi rendition="#aq">Ver&#x017F;e-</hi>Ka&#x017F;ten hervor<lb/>
<fw place="bottom" type="catch">&#x017F;uch-</fw><lb/></p>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[494/0514] Herr Oldys, der Poët, brauchte, dem jungen Mann aber in Vertheidi- gung ſeines Weibes durch das Hertz ſchoß; Die troſtloſe Wittwe wurde alsdann in ein ohnweit da- von gelegenes Feld geſchleppet und daſelbſt geſchaͤn- det, die Thaͤter aber flohen nach dieſem barbariſchen Straſſen- und Ehren-Raub nach Holland. Frau Latch reiſete nach Hauſe zu ihren Eltern, welche wegen des Verluſts, den ihre Tochter ſo wohl am Mann als Ehre erlitten, nach einem Mo- nate fuͤr Hertzeleid den Geiſt aufgaben. Und weil ſie der Sohn, ihr Bruder, auch kaum uͤber die Ach- ſel anſahe, begab ſie ſich nach London, ihr Gluͤcke daſelbſt zu ſuchen; Da ſie es aber nicht anders fin- den kunnte, verleitete ſie die Noth und Verfuͤhrun- gen eines Schiff-Lieutenants zur Vertaͤnde- lung ihrer Ehe: Denn, weil ihr derſelbe groſſe Pro- meſſen thate, ſie als eine vornehme Dame, ſo lan- ge biß ſie der Tod von einander ſchiede, zu halten, griffe ſie mit beyden Haͤnden nach einem ſolchen ver- meynten Gluͤcke; So bald er aber ſeine Luſt gebuͤſ- ſet, ließ er die arme Hure im Elend ſitzen. Nun logirte ſie nachmals in einem Hauſe, worinnen Monſr. Alexander Oldys, ein Poët, wohnte, der ſeiner ſcheußlichen Geſtalt wegen, welche des Therſitis oder Æſopi ſeiner nicht viel nachgab, gar wohl bekannt iſt; Dieſer vernarrte ſich mit ſei- ner lahmen Muſe dergeſtalt in ihre Schoͤnheit, daß er alle Kunſt aus ſeinem Verſe-Kaſten hervor ſuch-

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Die Angaben des Verlagsortes und des Verlegers si… [mehr]

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/rost_thaten_1721
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/rost_thaten_1721/514
Zitationshilfe: Rost, Johann Leonhard: Leben und Thaten Derer berühmtesten Englischen Coquetten und Maitressen. Nürnberg, 1721, S. 494. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/rost_thaten_1721/514>, abgerufen am 21.11.2024.