Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Rost, Johann Leonhard: Leben und Thaten Derer berühmtesten Englischen Coquetten und Maitressen. Nürnberg, 1721.

Bild:
<< vorherige Seite

Der Capitain P - - r,
weil er sie für ein Gespenst hielte, welches gesandt
wäre, ihn wegen seines sündlichen Extra-Gehens
zu bestraffen; woferne nicht die Furcht, sich verra-
then zu sehen, diese andern föchterlichen Einbildun-
gen überwogen hätte; Ja, sie gab ihm bald zu ver-
stehen, daß sie kein verdammter Geist oder teuffeli-
sche Bethörung wäre, indem sie mit einer leisen, aber
zornigen Stimme sagte: O! Herr! hab ich
euch gefangen? Sind dieses die Früchte
eurer Verheissungen und Eyd-Schwüh-
re? Kan der Strohm euerer so offt an-
gepriesenen Liebe so bald in einen andern

Canal lauffen? O falscher! O meyneidi-
ger Mensch! Diejenige so geschwind zu
verlassen, über deren
Affection eure Arg-
listigkeit einen so vollkommenen Sieg er-
halten.

Er gedachte anfangs, sein Weib hätte ihn ge-
fangen, und fieng an, sich zu entschuldigen und aufs
demüthigste um Verzeihung zu bitten; Da aber
J - - fortfuhre, ihm seine Treulosigkeit aufzurücken,
daß er, bey dem höchsten Grad ihrer Hoffnung, das
heimtückische Stückgen an ihr begangen, und sich
eine Neben-Inclination zugeleget, erkannte er ih-
re Sprache, (denn die Hände waren Esaus
Hände, aber die Stimme war Jacobs Stimme)
und weil er merckte, was sie hierzu verleitet, ver-
schwandt seine Furcht, und machte er ihr glaubend,

als

Der Capitain P ‒ ‒ r,
weil er ſie fuͤr ein Geſpenſt hielte, welches geſandt
waͤre, ihn wegen ſeines ſuͤndlichen Extra-Gehens
zu beſtraffen; woferne nicht die Furcht, ſich verra-
then zu ſehen, dieſe andern foͤchterlichen Einbildun-
gen uͤberwogen haͤtte; Ja, ſie gab ihm bald zu ver-
ſtehen, daß ſie kein verdammter Geiſt oder teuffeli-
ſche Bethoͤrung waͤre, indem ſie mit einer leiſen, aber
zornigen Stimme ſagte: O! Herr! hab ich
euch gefangen? Sind dieſes die Fruͤchte
eurer Verheiſſungen und Eyd-Schwuͤh-
re? Kan der Strohm euerer ſo offt an-
geprieſenen Liebe ſo bald in einen andern

Canal lauffen? O falſcher! O meyneidi-
ger Menſch! Diejenige ſo geſchwind zu
verlaſſen, uͤber deren
Affection eure Arg-
liſtigkeit einen ſo vollkommenen Sieg er-
halten.

Er gedachte anfangs, ſein Weib haͤtte ihn ge-
fangen, und fieng an, ſich zu entſchuldigen und aufs
demuͤthigſte um Verzeihung zu bitten; Da aber
J ‒ ‒ fortfuhre, ihm ſeine Treuloſigkeit aufzuruͤcken,
daß er, bey dem hoͤchſten Grad ihrer Hoffnung, das
heimtuͤckiſche Stuͤckgen an ihr begangen, und ſich
eine Neben-Inclination zugeleget, erkannte er ih-
re Sprache, (denn die Haͤnde waren Eſaus
Haͤnde, aber die Stimme war Jacobs Stimme)
und weil er merckte, was ſie hierzu verleitet, ver-
ſchwandt ſeine Furcht, und machte er ihr glaubend,

als
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="3">
          <p><pb facs="#f0536" n="516"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#b">Der <hi rendition="#aq">Capitain P &#x2012; &#x2012; r,</hi></hi></fw><lb/>
weil er &#x017F;ie fu&#x0364;r ein Ge&#x017F;pen&#x017F;t hielte, welches ge&#x017F;andt<lb/>
wa&#x0364;re, ihn wegen &#x017F;eines &#x017F;u&#x0364;ndlichen <hi rendition="#aq">Extra-</hi>Gehens<lb/>
zu be&#x017F;traffen; woferne nicht die Furcht, &#x017F;ich verra-<lb/>
then zu &#x017F;ehen, die&#x017F;e andern fo&#x0364;chterlichen Einbildun-<lb/>
gen u&#x0364;berwogen ha&#x0364;tte; Ja, &#x017F;ie gab ihm bald zu ver-<lb/>
&#x017F;tehen, daß &#x017F;ie kein verdammter Gei&#x017F;t oder teuffeli-<lb/>
&#x017F;che Betho&#x0364;rung wa&#x0364;re, indem &#x017F;ie mit einer lei&#x017F;en, aber<lb/>
zornigen Stimme &#x017F;agte: <hi rendition="#fr">O! Herr! hab ich<lb/>
euch gefangen? Sind die&#x017F;es die Fru&#x0364;chte<lb/>
eurer Verhei&#x017F;&#x017F;ungen und Eyd-Schwu&#x0364;h-<lb/>
re? Kan der Strohm euerer &#x017F;o offt an-<lb/>
geprie&#x017F;enen Liebe &#x017F;o bald in einen andern</hi><lb/><hi rendition="#aq">Canal</hi> <hi rendition="#fr">lauffen? O fal&#x017F;cher! O meyneidi-<lb/>
ger Men&#x017F;ch! Diejenige &#x017F;o ge&#x017F;chwind zu<lb/>
verla&#x017F;&#x017F;en, u&#x0364;ber deren</hi> <hi rendition="#aq">Affection</hi> <hi rendition="#fr">eure Arg-<lb/>
li&#x017F;tigkeit einen &#x017F;o vollkommenen Sieg er-<lb/>
halten.</hi></p><lb/>
          <p>Er gedachte anfangs, &#x017F;ein Weib ha&#x0364;tte ihn ge-<lb/>
fangen, und fieng an, &#x017F;ich zu ent&#x017F;chuldigen und aufs<lb/>
demu&#x0364;thig&#x017F;te um Verzeihung zu bitten; Da aber<lb/><hi rendition="#aq">J</hi> &#x2012; &#x2012; fortfuhre, ihm &#x017F;eine Treulo&#x017F;igkeit aufzuru&#x0364;cken,<lb/>
daß er, bey dem ho&#x0364;ch&#x017F;ten <hi rendition="#aq">Grad</hi> ihrer Hoffnung, das<lb/>
heimtu&#x0364;cki&#x017F;che Stu&#x0364;ckgen an ihr begangen, und &#x017F;ich<lb/>
eine Neben-<hi rendition="#aq">Inclination</hi> zugeleget, erkannte er ih-<lb/>
re Sprache, (denn die Ha&#x0364;nde waren <hi rendition="#aq">E&#x017F;au</hi>s<lb/>
Ha&#x0364;nde, aber die Stimme war <hi rendition="#aq">Jacob</hi>s Stimme)<lb/>
und weil er merckte, was &#x017F;ie hierzu verleitet, ver-<lb/>
&#x017F;chwandt &#x017F;eine Furcht, und machte er ihr glaubend,<lb/>
<fw place="bottom" type="catch">als</fw><lb/></p>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[516/0536] Der Capitain P ‒ ‒ r, weil er ſie fuͤr ein Geſpenſt hielte, welches geſandt waͤre, ihn wegen ſeines ſuͤndlichen Extra-Gehens zu beſtraffen; woferne nicht die Furcht, ſich verra- then zu ſehen, dieſe andern foͤchterlichen Einbildun- gen uͤberwogen haͤtte; Ja, ſie gab ihm bald zu ver- ſtehen, daß ſie kein verdammter Geiſt oder teuffeli- ſche Bethoͤrung waͤre, indem ſie mit einer leiſen, aber zornigen Stimme ſagte: O! Herr! hab ich euch gefangen? Sind dieſes die Fruͤchte eurer Verheiſſungen und Eyd-Schwuͤh- re? Kan der Strohm euerer ſo offt an- geprieſenen Liebe ſo bald in einen andern Canal lauffen? O falſcher! O meyneidi- ger Menſch! Diejenige ſo geſchwind zu verlaſſen, uͤber deren Affection eure Arg- liſtigkeit einen ſo vollkommenen Sieg er- halten. Er gedachte anfangs, ſein Weib haͤtte ihn ge- fangen, und fieng an, ſich zu entſchuldigen und aufs demuͤthigſte um Verzeihung zu bitten; Da aber J ‒ ‒ fortfuhre, ihm ſeine Treuloſigkeit aufzuruͤcken, daß er, bey dem hoͤchſten Grad ihrer Hoffnung, das heimtuͤckiſche Stuͤckgen an ihr begangen, und ſich eine Neben-Inclination zugeleget, erkannte er ih- re Sprache, (denn die Haͤnde waren Eſaus Haͤnde, aber die Stimme war Jacobs Stimme) und weil er merckte, was ſie hierzu verleitet, ver- ſchwandt ſeine Furcht, und machte er ihr glaubend, als

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Die Angaben des Verlagsortes und des Verlegers si… [mehr]

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/rost_thaten_1721
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/rost_thaten_1721/536
Zitationshilfe: Rost, Johann Leonhard: Leben und Thaten Derer berühmtesten Englischen Coquetten und Maitressen. Nürnberg, 1721, S. 516. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/rost_thaten_1721/536>, abgerufen am 21.11.2024.