Diesemnach sandte die Demoiselle ihr Bild- niß an den Türcken, welches unschätzbare Kleinod, (wie er es nennete) er unter seine grössesten Ra- ritäten stellete. Bey ihrer nächsten Zusammen- kunfft, da er ihr einen herrlichen Diamant-Ring von einem sehr hohen Werth praesentirte, kunnte er nicht umhin, mehr als iemals, von der Gegen- wart Arabellens bezaubert zu werden: Und weil er sie für noch viel schöner hielte, als da er sie das letzte mal gesehen, welches nur 4. Tage war, be- fande er sich in einer continuirlichen Entzückung: Und indem er bißweilen die Grace, so in seiner kurtzen Abwesenheit ihrer Gestalt beygeleget wor- den, heraus striche, nahm er sie mit allen Zeichen einer ungemeinen Bewunderung in seine Arme, und erstickte sie bald mit seinen Umfahungen.
Die galante Art, die er in seinen verliebten Bedienungen gebrauchte, bewogen sie, daß sie ihm offt wiederholte Versicherungen ihres Respects gegen seine Person, in solchen zärtlichen Ausdru- ckungen gabe, welche sattsam bezeigten, daß sie nicht allein eine witzige Dame war, die ihre Annehmlich- keiten kannte, sondern auch einen guten Geschmack und Känntniß von der Liebe hatte. Sie besaß ei- nen durchdringenden Verstand; Und weil sie sich ziemlich in der Welt umgesehen, wuste sie sehr wohl von allen Menschen zu urtheilen: Als sie anfangs ihre Augen auf diesen Türcken geworffen und seine
höf-
Die heimlichen Liebes-Geſchichte
Dieſemnach ſandte die Demoiſelle ihr Bild- niß an den Tuͤrcken, welches unſchaͤtzbare Kleinod, (wie er es nennete) er unter ſeine groͤſſeſten Ra- ritaͤten ſtellete. Bey ihrer naͤchſten Zuſammen- kunfft, da er ihr einen herrlichen Diamant-Ring von einem ſehr hohen Werth præſentirte, kunnte er nicht umhin, mehr als iemals, von der Gegen- wart Arabellens bezaubert zu werden: Und weil er ſie fuͤr noch viel ſchoͤner hielte, als da er ſie das letzte mal geſehen, welches nur 4. Tage war, be- fande er ſich in einer continuirlichen Entzuͤckung: Und indem er bißweilen die Grace, ſo in ſeiner kurtzen Abweſenheit ihrer Geſtalt beygeleget wor- den, heraus ſtriche, nahm er ſie mit allen Zeichen einer ungemeinen Bewunderung in ſeine Arme, und erſtickte ſie bald mit ſeinen Umfahungen.
Die galante Art, die er in ſeinen verliebten Bedienungen gebrauchte, bewogen ſie, daß ſie ihm offt wiederholte Verſicherungen ihres Reſpects gegen ſeine Perſon, in ſolchen zaͤrtlichen Ausdru- ckungen gabe, welche ſattſam bezeigten, daß ſie nicht allein eine witzige Dame war, die ihre Annehmlich- keiten kannte, ſondern auch einen guten Geſchmack und Kaͤnntniß von der Liebe hatte. Sie beſaß ei- nen durchdringenden Verſtand; Und weil ſie ſich ziemlich in der Welt umgeſehen, wuſte ſie ſehr wohl von allen Menſchen zu urtheilen: Als ſie anfangs ihre Augen auf dieſen Tuͤrcken geworffen und ſeine
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Die heimlichen Liebes-Geſchichte
Dieſemnach ſandte die Demoiſelle ihr Bild-
niß an den Tuͤrcken, welches unſchaͤtzbare Kleinod,
(wie er es nennete) er unter ſeine groͤſſeſten Ra-
ritaͤten ſtellete. Bey ihrer naͤchſten Zuſammen-
kunfft, da er ihr einen herrlichen Diamant-Ring
von einem ſehr hohen Werth præſentirte, kunnte
er nicht umhin, mehr als iemals, von der Gegen-
wart Arabellens bezaubert zu werden: Und weil
er ſie fuͤr noch viel ſchoͤner hielte, als da er ſie das
letzte mal geſehen, welches nur 4. Tage war, be-
fande er ſich in einer continuirlichen Entzuͤckung:
Und indem er bißweilen die Grace, ſo in ſeiner
kurtzen Abweſenheit ihrer Geſtalt beygeleget wor-
den, heraus ſtriche, nahm er ſie mit allen Zeichen
einer ungemeinen Bewunderung in ſeine Arme, und
erſtickte ſie bald mit ſeinen Umfahungen.
Die galante Art, die er in ſeinen verliebten
Bedienungen gebrauchte, bewogen ſie, daß ſie ihm
offt wiederholte Verſicherungen ihres Reſpects
gegen ſeine Perſon, in ſolchen zaͤrtlichen Ausdru-
ckungen gabe, welche ſattſam bezeigten, daß ſie nicht
allein eine witzige Dame war, die ihre Annehmlich-
keiten kannte, ſondern auch einen guten Geſchmack
und Kaͤnntniß von der Liebe hatte. Sie beſaß ei-
nen durchdringenden Verſtand; Und weil ſie ſich
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von allen Menſchen zu urtheilen: Als ſie anfangs
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Kommentar zur DTA-Ausgabe
Die Angaben des Verlagsortes und des Verlegers si… [mehr]
Die Angaben des Verlagsortes und des Verlegers sind fingiert. Die Angaben basieren auf dem Katalogeintrag der Bayerische Staatsbibliothek München sowie Weller (Druckorte), Bd. 1, S. 70. - Bibliogr. Nachweis: BLC to 1975, Bd. 186, S. 449.
Rost, Johann Leonhard: Leben und Thaten Derer berühmtesten Englischen Coquetten und Maitressen. Nürnberg, 1721, S. 532. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/rost_thaten_1721/552>, abgerufen am 24.11.2024.
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