Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Rost, Johann Leonhard: Leben und Thaten Derer berühmtesten Englischen Coquetten und Maitressen. Nürnberg, 1721.

Bild:
<< vorherige Seite

und König Edward IV.
aufgesetzten Formul öffentlich bekannte und ihre
Bußfertigkeit und Reue deßwegen bezeugte. Nun
ist diese geringe, verachtete und verlassene Weibs-
Person von dem Königlichen Pallast hinab ins Ge-
fängniß gefallen, vom höchsten Gipfel der Ehre zur
niedrigsten Stuffe der Schande und Verachtung
gesuncken; Beydes vom Ehe-Mann und Liebha-
bern sahe sie sich verlassen, derer Freunde beraubet,
alles Vermögens entblösset. Jhr Vater und Mut-
ter sturben für Hertzeleid, und alle ihre Anverwand-
ten verlohren alles, was sie hatten, durch den buck-
ligten Richard, der eine Proclamation aus-
gehen und allem Volck anbefehlen ließ, bey Todes-
Straffe und Confiscation aller Güter, daß sie
niemand in seinem Hause beherbergen, noch ihr mit
Speise oder andern Lebens-Mitteln zu Hülffe kom-
men sollte. Man saget, daß ein Becker in der Stadt
gehencket worden, weil er ihr für einen Stüber
Brodt, als sie vor seine Thür gekommen, mitge-
theilet hatte, und zwar aus Danckbarkeit, daß sie
ihm das Leben erbethen, da er unter der Regierung
des letzten Königs einer Frevel-That wegen gehan-
gen werden sollen. Also wurde sie gezwungen, auf
und nieder zu wandern, und alles weggeworffene
und unnütze Zeug, so sie auf denen Feldern und Stras-
sen finden kunnte, zu ihres Lebens Erhaltung, aufzu-
lesen. Man solte gemeynet haben, daß eine Dame,
die in denen Tagen ihrer grossen Glückseligkeit und

Ge-
D

und Koͤnig Edward IV.
aufgeſetzten Formul oͤffentlich bekannte und ihre
Bußfertigkeit und Reue deßwegen bezeugte. Nun
iſt dieſe geringe, verachtete und verlaſſene Weibs-
Perſon von dem Koͤniglichen Pallaſt hinab ins Ge-
faͤngniß gefallen, vom hoͤchſten Gipfel der Ehre zur
niedrigſten Stuffe der Schande und Verachtung
geſuncken; Beydes vom Ehe-Mann und Liebha-
bern ſahe ſie ſich verlaſſen, derer Freunde beraubet,
alles Vermoͤgens entbloͤſſet. Jhr Vater und Mut-
ter ſturben fuͤr Hertzeleid, und alle ihre Anverwand-
ten verlohren alles, was ſie hatten, durch den buck-
ligten Richard, der eine Proclamation aus-
gehen und allem Volck anbefehlen ließ, bey Todes-
Straffe und Confiſcation aller Guͤter, daß ſie
niemand in ſeinem Hauſe beherbergen, noch ihr mit
Speiſe oder andern Lebens-Mitteln zu Huͤlffe kom-
men ſollte. Man ſaget, daß ein Becker in der Stadt
gehencket worden, weil er ihr fuͤr einen Stuͤber
Brodt, als ſie vor ſeine Thuͤr gekommen, mitge-
theilet hatte, und zwar aus Danckbarkeit, daß ſie
ihm das Leben erbethen, da er unter der Regierung
des letzten Koͤnigs einer Frevel-That wegen gehan-
gen werden ſollen. Alſo wurde ſie gezwungen, auf
und nieder zu wandern, und alles weggeworffene
und unnuͤtze Zeug, ſo ſie auf denen Feldern uñ Straſ-
ſen finden kunnte, zu ihres Lebens Erhaltung, aufzu-
leſen. Man ſolte gemeynet haben, daß eine Dame,
die in denen Tagen ihrer groſſen Gluͤckſeligkeit und

Ge-
D
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <p><pb facs="#f0069" n="49"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#b">und Ko&#x0364;nig <hi rendition="#aq">Edward IV.</hi></hi></fw><lb/>
aufge&#x017F;etzten <hi rendition="#aq">Formul</hi> o&#x0364;ffentlich bekannte und ihre<lb/>
Bußfertigkeit und Reue deßwegen bezeugte. Nun<lb/>
i&#x017F;t die&#x017F;e geringe, verachtete und verla&#x017F;&#x017F;ene Weibs-<lb/>
Per&#x017F;on von dem Ko&#x0364;niglichen Palla&#x017F;t hinab ins Ge-<lb/>
fa&#x0364;ngniß gefallen, vom ho&#x0364;ch&#x017F;ten Gipfel der Ehre zur<lb/>
niedrig&#x017F;ten Stuffe der Schande und Verachtung<lb/>
ge&#x017F;uncken; Beydes vom Ehe-Mann und Liebha-<lb/>
bern &#x017F;ahe &#x017F;ie &#x017F;ich verla&#x017F;&#x017F;en, derer Freunde beraubet,<lb/>
alles Vermo&#x0364;gens entblo&#x0364;&#x017F;&#x017F;et. Jhr Vater und Mut-<lb/>
ter &#x017F;turben fu&#x0364;r Hertzeleid, und alle ihre Anverwand-<lb/>
ten verlohren alles, was &#x017F;ie hatten, durch den buck-<lb/>
ligten <hi rendition="#aq">Richard,</hi> der eine <hi rendition="#aq">Proclamation</hi> aus-<lb/>
gehen und allem Volck anbefehlen ließ, bey Todes-<lb/>
Straffe und <hi rendition="#aq">Confi&#x017F;cation</hi> aller Gu&#x0364;ter, daß &#x017F;ie<lb/>
niemand in &#x017F;einem Hau&#x017F;e beherbergen, noch ihr mit<lb/>
Spei&#x017F;e oder andern Lebens-Mitteln zu Hu&#x0364;lffe kom-<lb/>
men &#x017F;ollte. Man &#x017F;aget, daß ein Becker in der Stadt<lb/>
gehencket worden, weil er ihr fu&#x0364;r einen Stu&#x0364;ber<lb/>
Brodt, als &#x017F;ie vor &#x017F;eine Thu&#x0364;r gekommen, mitge-<lb/>
theilet hatte, und zwar aus Danckbarkeit, daß &#x017F;ie<lb/>
ihm das Leben erbethen, da er unter der Regierung<lb/>
des letzten Ko&#x0364;nigs einer Frevel-That wegen gehan-<lb/>
gen werden &#x017F;ollen. Al&#x017F;o wurde &#x017F;ie gezwungen, auf<lb/>
und nieder zu wandern, und alles weggeworffene<lb/>
und unnu&#x0364;tze Zeug, &#x017F;o &#x017F;ie auf denen Feldern un&#x0303; Stra&#x017F;-<lb/>
&#x017F;en finden kunnte, zu ihres Lebens Erhaltung, aufzu-<lb/>
le&#x017F;en. Man &#x017F;olte gemeynet haben, daß eine <hi rendition="#aq">Dame,</hi><lb/>
die in denen Tagen ihrer gro&#x017F;&#x017F;en Glu&#x0364;ck&#x017F;eligkeit und<lb/>
<fw place="bottom" type="sig">D</fw><fw place="bottom" type="catch">Ge-</fw><lb/></p>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[49/0069] und Koͤnig Edward IV. aufgeſetzten Formul oͤffentlich bekannte und ihre Bußfertigkeit und Reue deßwegen bezeugte. Nun iſt dieſe geringe, verachtete und verlaſſene Weibs- Perſon von dem Koͤniglichen Pallaſt hinab ins Ge- faͤngniß gefallen, vom hoͤchſten Gipfel der Ehre zur niedrigſten Stuffe der Schande und Verachtung geſuncken; Beydes vom Ehe-Mann und Liebha- bern ſahe ſie ſich verlaſſen, derer Freunde beraubet, alles Vermoͤgens entbloͤſſet. Jhr Vater und Mut- ter ſturben fuͤr Hertzeleid, und alle ihre Anverwand- ten verlohren alles, was ſie hatten, durch den buck- ligten Richard, der eine Proclamation aus- gehen und allem Volck anbefehlen ließ, bey Todes- Straffe und Confiſcation aller Guͤter, daß ſie niemand in ſeinem Hauſe beherbergen, noch ihr mit Speiſe oder andern Lebens-Mitteln zu Huͤlffe kom- men ſollte. Man ſaget, daß ein Becker in der Stadt gehencket worden, weil er ihr fuͤr einen Stuͤber Brodt, als ſie vor ſeine Thuͤr gekommen, mitge- theilet hatte, und zwar aus Danckbarkeit, daß ſie ihm das Leben erbethen, da er unter der Regierung des letzten Koͤnigs einer Frevel-That wegen gehan- gen werden ſollen. Alſo wurde ſie gezwungen, auf und nieder zu wandern, und alles weggeworffene und unnuͤtze Zeug, ſo ſie auf denen Feldern uñ Straſ- ſen finden kunnte, zu ihres Lebens Erhaltung, aufzu- leſen. Man ſolte gemeynet haben, daß eine Dame, die in denen Tagen ihrer groſſen Gluͤckſeligkeit und Ge- D

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Die Angaben des Verlagsortes und des Verlegers si… [mehr]

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/rost_thaten_1721
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/rost_thaten_1721/69
Zitationshilfe: Rost, Johann Leonhard: Leben und Thaten Derer berühmtesten Englischen Coquetten und Maitressen. Nürnberg, 1721, S. 49. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/rost_thaten_1721/69>, abgerufen am 19.05.2024.