VI. Helena Gvvin, Königs Caroli des Andern Maitresse.
DAß Helena Gwin von gar geringen und unbekannten Eltern, in einem Keller im Cole-Yard in Drury-Lane, ge- bohren worden, ist fast iedermann bekannt; Weil sie aber unter dem Gezüchte derer von St. Giles in the Fields auferzogen worden, besasse sie von Natur einen grossen Vorrath von Schamlosigkeit, welches sie zur Profession, Pomerantzen feil zu haben, unvergleichlich geschickt machte, biß Herr Duncan, ein vornehmer Kauffmann in der Stadt London, den Narren an ihr fraß, der sie, nicht sowohl ihrer Schönheit, die eben nicht extraor- dinair war, als ihrer guten Gestalt, durchdrin- genden Verstandes und netten Fusses wegen, und weil sie den kleinsten Fuß unter allem Frauenzim- mer in England haben sollte, zu seiner Concubine erwählte, und ihr einen sehr ansehnlichen Unterhalt bestimmte, daher sie sich zwey Jahre lang gar propre und staatisch halten kunnte. Als aber derselbe sich dieser schweren Fesseln, nachdem er ih- rer müde und überdrüßig wurde, zu entschütten such- te, that er sie ins Comoedien-Hauß, allwo sie ihre Person so meisterlich zu spielen wuste, daß sie gar
bald
VI. Helena Gvvin, Koͤnigs Caroli des Andern Maitreſſe.
DAß Helena Gwin von gar geringen und unbekannten Eltern, in einem Keller im Cole-Yard in Drury-Lane, ge- bohren worden, iſt faſt iedermann bekannt; Weil ſie aber unter dem Gezuͤchte derer von St. Giles in the Fields auferzogen worden, beſaſſe ſie von Natur einen groſſen Vorrath von Schamloſigkeit, welches ſie zur Profeſſion, Pomerantzen feil zu haben, unvergleichlich geſchickt machte, biß Herr Duncan, ein vornehmer Kauffmann in der Stadt London, den Narren an ihr fraß, der ſie, nicht ſowohl ihrer Schoͤnheit, die eben nicht extraor- dinair war, als ihrer guten Geſtalt, durchdrin- genden Verſtandes und netten Fuſſes wegen, und weil ſie den kleinſten Fuß unter allem Frauenzim- mer in England haben ſollte, zu ſeiner Concubine erwaͤhlte, und ihr einen ſehr anſehnlichen Unterhalt beſtimmte, daher ſie ſich zwey Jahre lang gar propre und ſtaatiſch halten kunnte. Als aber derſelbe ſich dieſer ſchweren Feſſeln, nachdem er ih- rer muͤde und uͤberdruͤßig wurde, zu entſchuͤtten ſuch- te, that er ſie ins Comœdien-Hauß, allwo ſie ihre Perſon ſo meiſterlich zu ſpielen wuſte, daß ſie gar
bald
<TEI><text><body><divn="1"><pbfacs="#f0081"n="61"/><divn="2"><head><hirendition="#b"><hirendition="#aq">VI.<lb/>
Helena Gvvin,</hi> Koͤnigs <hirendition="#aq">Caroli</hi><lb/>
des Andern <hirendition="#aq">Maitreſſe.</hi></hi></head><lb/><p><hirendition="#in">D</hi>Aß <hirendition="#aq">Helena Gwin</hi> von gar geringen<lb/>
und unbekannten Eltern, in einem Keller<lb/>
im <hirendition="#aq">Cole-Yard</hi> in <hirendition="#aq">Drury-Lane,</hi> ge-<lb/>
bohren worden, iſt faſt iedermann bekannt; Weil<lb/>ſie aber unter dem Gezuͤchte derer von <hirendition="#aq">St. Giles<lb/>
in the Fields</hi> auferzogen worden, beſaſſe ſie von<lb/>
Natur einen groſſen Vorrath von Schamloſigkeit,<lb/>
welches ſie zur <hirendition="#aq">Profeſſion,</hi> Pomerantzen feil zu<lb/>
haben, unvergleichlich geſchickt machte, biß Herr<lb/><hirendition="#aq">Duncan,</hi> ein vornehmer Kauffmann in der Stadt<lb/><hirendition="#aq">London,</hi> den Narren an ihr fraß, der ſie, nicht<lb/>ſowohl ihrer Schoͤnheit, die eben nicht <hirendition="#aq">extraor-<lb/>
dinair</hi> war, als ihrer guten Geſtalt, durchdrin-<lb/>
genden Verſtandes und netten Fuſſes wegen, und<lb/>
weil ſie den kleinſten Fuß unter allem Frauenzim-<lb/>
mer in England haben ſollte, zu ſeiner <hirendition="#aq">Concubine</hi><lb/>
erwaͤhlte, und ihr einen ſehr anſehnlichen Unterhalt<lb/>
beſtimmte, daher ſie ſich zwey Jahre lang gar<lb/><hirendition="#aq">propre</hi> und ſtaatiſch halten kunnte. Als aber<lb/>
derſelbe ſich dieſer ſchweren Feſſeln, nachdem er ih-<lb/>
rer muͤde und uͤberdruͤßig wurde, zu entſchuͤtten ſuch-<lb/>
te, that er ſie ins <hirendition="#aq">Comœdi</hi>en-Hauß, allwo ſie ihre<lb/>
Perſon ſo meiſterlich zu ſpielen wuſte, daß ſie gar<lb/><fwplace="bottom"type="catch">bald</fw><lb/></p></div></div></body></text></TEI>
[61/0081]
VI.
Helena Gvvin, Koͤnigs Caroli
des Andern Maitreſſe.
DAß Helena Gwin von gar geringen
und unbekannten Eltern, in einem Keller
im Cole-Yard in Drury-Lane, ge-
bohren worden, iſt faſt iedermann bekannt; Weil
ſie aber unter dem Gezuͤchte derer von St. Giles
in the Fields auferzogen worden, beſaſſe ſie von
Natur einen groſſen Vorrath von Schamloſigkeit,
welches ſie zur Profeſſion, Pomerantzen feil zu
haben, unvergleichlich geſchickt machte, biß Herr
Duncan, ein vornehmer Kauffmann in der Stadt
London, den Narren an ihr fraß, der ſie, nicht
ſowohl ihrer Schoͤnheit, die eben nicht extraor-
dinair war, als ihrer guten Geſtalt, durchdrin-
genden Verſtandes und netten Fuſſes wegen, und
weil ſie den kleinſten Fuß unter allem Frauenzim-
mer in England haben ſollte, zu ſeiner Concubine
erwaͤhlte, und ihr einen ſehr anſehnlichen Unterhalt
beſtimmte, daher ſie ſich zwey Jahre lang gar
propre und ſtaatiſch halten kunnte. Als aber
derſelbe ſich dieſer ſchweren Feſſeln, nachdem er ih-
rer muͤde und uͤberdruͤßig wurde, zu entſchuͤtten ſuch-
te, that er ſie ins Comœdien-Hauß, allwo ſie ihre
Perſon ſo meiſterlich zu ſpielen wuſte, daß ſie gar
bald
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Sie haben einen Fehler gefunden?
Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform
DTAQ melden.
Kommentar zur DTA-Ausgabe
Die Angaben des Verlagsortes und des Verlegers si… [mehr]
Die Angaben des Verlagsortes und des Verlegers sind fingiert. Die Angaben basieren auf dem Katalogeintrag der Bayerische Staatsbibliothek München sowie Weller (Druckorte), Bd. 1, S. 70. - Bibliogr. Nachweis: BLC to 1975, Bd. 186, S. 449.
Rost, Johann Leonhard: Leben und Thaten Derer berühmtesten Englischen Coquetten und Maitressen. Nürnberg, 1721, S. 61. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/rost_thaten_1721/81>, abgerufen am 24.11.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.