Roux, Wilhelm: Der Kampf der Teile des Organismus. Leipzig, 1881.II. Der Kampf der Theile im Organismus. stalt der Leber von den Nachbarorganen, indem hier die Leber oftweit zwischen den Darmschlingen, die von letzteren gelassenen Lücken abgussartig ausfüllend, nach hinten reicht. Ebenso zeigt sich bekanntlich die Lunge in ihrer Gestalt abhängig von der Brustwand, vom Herzen und von der Gestalt der Zwerchfell- kuppel; die Nebenniere ist abhängig von der Niere, die Milz von Magen und Darm und das Grosshirn plattet die Hemisphären des Kleinhirns ab. Sehr interessant und morphologisch wichtig ist die Abplattung der Muskeln z. B. der Wadenmuskeln an- einander. Bei angeborener abnormer Grösse der Zunge wer- den die Schneidezähne durch den Druck des Organes allmählich nach vorn gebogen, und wenn ein Zahn ausgezogen ist, rücken seine beiden Nachbarn allmählich näher gegen einander und verkleinern so die Zahnlücke. Es liessen sich noch viele solcher gegenseitiger Beeinflussungen anführen. Das für uns Wichtige an ihnen ist, dass diese Beeinflussung zur möglichsten Aus- nutzung des Raumes geführt hat, und dass danach nun eine Vergrösserung des einen Organes zumeist nur auf Kosten des anderen geschehen kann, sobald das letztere nicht die Kraft hat, dem Wachsthumsdruck des anderen zu widerstehen und das andere zu zwingen, sich blos noch aussen zu vergrössern. Falls, wie schon beim Kampf der Gewebe erwähnt und II. Der Kampf der Theile im Organismus. stalt der Leber von den Nachbarorganen, indem hier die Leber oftweit zwischen den Darmschlingen, die von letzteren gelassenen Lücken abgussartig ausfüllend, nach hinten reicht. Ebenso zeigt sich bekanntlich die Lunge in ihrer Gestalt abhängig von der Brustwand, vom Herzen und von der Gestalt der Zwerchfell- kuppel; die Nebenniere ist abhängig von der Niere, die Milz von Magen und Darm und das Grosshirn plattet die Hemisphären des Kleinhirns ab. Sehr interessant und morphologisch wichtig ist die Abplattung der Muskeln z. B. der Wadenmuskeln an- einander. Bei angeborener abnormer Grösse der Zunge wer- den die Schneidezähne durch den Druck des Organes allmählich nach vorn gebogen, und wenn ein Zahn ausgezogen ist, rücken seine beiden Nachbarn allmählich näher gegen einander und verkleinern so die Zahnlücke. Es liessen sich noch viele solcher gegenseitiger Beeinflussungen anführen. Das für uns Wichtige an ihnen ist, dass diese Beeinflussung zur möglichsten Aus- nutzung des Raumes geführt hat, und dass danach nun eine Vergrösserung des einen Organes zumeist nur auf Kosten des anderen geschehen kann, sobald das letztere nicht die Kraft hat, dem Wachsthumsdruck des anderen zu widerstehen und das andere zu zwingen, sich blos noch aussen zu vergrössern. Falls, wie schon beim Kampf der Gewebe erwähnt und <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <div n="3"> <p><pb facs="#f0118" n="104"/><fw place="top" type="header">II. 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II. Der Kampf der Theile im Organismus.
stalt der Leber von den Nachbarorganen, indem hier die Leber oft
weit zwischen den Darmschlingen, die von letzteren gelassenen
Lücken abgussartig ausfüllend, nach hinten reicht. Ebenso zeigt
sich bekanntlich die Lunge in ihrer Gestalt abhängig von der
Brustwand, vom Herzen und von der Gestalt der Zwerchfell-
kuppel; die Nebenniere ist abhängig von der Niere, die Milz
von Magen und Darm und das Grosshirn plattet die Hemisphären
des Kleinhirns ab. Sehr interessant und morphologisch wichtig
ist die Abplattung der Muskeln z. B. der Wadenmuskeln an-
einander. Bei angeborener abnormer Grösse der Zunge wer-
den die Schneidezähne durch den Druck des Organes allmählich
nach vorn gebogen, und wenn ein Zahn ausgezogen ist, rücken
seine beiden Nachbarn allmählich näher gegen einander und
verkleinern so die Zahnlücke. Es liessen sich noch viele solcher
gegenseitiger Beeinflussungen anführen. Das für uns Wichtige
an ihnen ist, dass diese Beeinflussung zur möglichsten Aus-
nutzung des Raumes geführt hat, und dass danach nun eine
Vergrösserung des einen Organes zumeist nur auf Kosten des
anderen geschehen kann, sobald das letztere nicht die Kraft
hat, dem Wachsthumsdruck des anderen zu widerstehen und
das andere zu zwingen, sich blos noch aussen zu vergrössern.
Falls, wie schon beim Kampf der Gewebe erwähnt und
angenommen wurde, die Gewebe die Eigenschaft haben, durch
den functionellen Reiz ihre Kräftigung zu erfahren, so wird
damit der Kampf der Organe in gleicher Weise wie der Kampf
der Gewebe zu einem sehr nützlichen Principe, zufolge dessen
einmal die Organe so gross sich entwickeln, als dem Bedürf-
niss des Organismus entspricht, und zweitens bei Verringerung
des Gebrauchs nicht blos der einfachen Inactivitätsatrophie ver-
fallen, sondern, von ihren stärkeren Nachbarn direct beeinträch-
tigt, rasch bis auf jenes Volumen verkleinert werden, welches
allein noch durch den Grad seiner Function für den Organismus
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