Roux, Wilhelm: Der Kampf der Teile des Organismus. Leipzig, 1881.III. Nachweis der trophischen Wirkung der functionellen Reize. eine ausschliessliche Wirkung umschriebener Erweiterung derBlutgefässe nicht von der Art vorstellen können, dass sich an einer Stelle so viel Zellen entwickeln, dass sie sich drängend sogar ihre Ernährungsgefässe allmählich selber zusammen- drücken, wie dies beim Typhus und bei der Tuberculose ge- schieht, sodass sie danach selber absterben müssen; und da wir fernerhin entgegen Cohnheim annehmen, dass wohl chemische und mechanische Reize im Stande sind, eine Vermehrung der Zellen der Bindesubstanzen hervorzurufen, in der Weise, wie dies bei Pflanzen durch den Stich oder das Gift der Gallwespe oder durch die Ansiedelung von Blattläusen geschieht, so glauben wir, dass hier das specifische Gift als Vermehrungsreiz ge- wirkt hat. Die besondere Localisation und die Knötchenform der Geschwulst ist dabei eben nicht schwerer verständlich, als wenn man capillare Hyperämieen als Ursache annimmt, denn im letzteren Falle ist nicht einzusehen, warum bei der che- mischen Natur mehrerer dieser Gifte blos capillare, umschriebene und nicht ausgedehntere Hyperämieen entstehen. Es kann uns natürlich nicht nahe kommen, etwas darüber präjudiciren zu wollen, ob etwa diese Anhäufung von Zellen durch Vermehrung der fixen Bindegewebszellen oder durch Ansammlung und Ver- mehrung von weissen Blutzellen zu Stande kommt. Die Fort- setzung des Vorganges bis zur Compression der Blutcapillaren bleibt in beiden Fällen verständlich; denn auch bei Vermehrung der Zellen in loco kann das Wachsthum so lange dauern, als die Capillare noch ein Minimum offen ist und also noch Nahrung abzugeben vermag, wenn nur die Theile selbst genügend zur Nahrungsaufnahme angeregt sind. Diese Geschwülste haben auch nicht den Charakter des unbegrenzten Wachsthums und ihre weitere Bildung, sowie die weitere Fortdauer des Gebil- deten scheint nach der Tilgung oder Entfernung des ursäch- lichen Giftes aufgehoben zu werden. Somit scheint es uns das III. Nachweis der trophischen Wirkung der functionellen Reize. eine ausschliessliche Wirkung umschriebener Erweiterung derBlutgefässe nicht von der Art vorstellen können, dass sich an einer Stelle so viel Zellen entwickeln, dass sie sich drängend sogar ihre Ernährungsgefässe allmählich selber zusammen- drücken, wie dies beim Typhus und bei der Tuberculose ge- schieht, sodass sie danach selber absterben müssen; und da wir fernerhin entgegen Cohnheim annehmen, dass wohl chemische und mechanische Reize im Stande sind, eine Vermehrung der Zellen der Bindesubstanzen hervorzurufen, in der Weise, wie dies bei Pflanzen durch den Stich oder das Gift der Gallwespe oder durch die Ansiedelung von Blattläusen geschieht, so glauben wir, dass hier das specifische Gift als Vermehrungsreiz ge- wirkt hat. Die besondere Localisation und die Knötchenform der Geschwulst ist dabei eben nicht schwerer verständlich, als wenn man capillare Hyperämieen als Ursache annimmt, denn im letzteren Falle ist nicht einzusehen, warum bei der che- mischen Natur mehrerer dieser Gifte blos capillare, umschriebene und nicht ausgedehntere Hyperämieen entstehen. Es kann uns natürlich nicht nahe kommen, etwas darüber präjudiciren zu wollen, ob etwa diese Anhäufung von Zellen durch Vermehrung der fixen Bindegewebszellen oder durch Ansammlung und Ver- mehrung von weissen Blutzellen zu Stande kommt. Die Fort- setzung des Vorganges bis zur Compression der Blutcapillaren bleibt in beiden Fällen verständlich; denn auch bei Vermehrung der Zellen in loco kann das Wachsthum so lange dauern, als die Capillare noch ein Minimum offen ist und also noch Nahrung abzugeben vermag, wenn nur die Theile selbst genügend zur Nahrungsaufnahme angeregt sind. Diese Geschwülste haben auch nicht den Charakter des unbegrenzten Wachsthums und ihre weitere Bildung, sowie die weitere Fortdauer des Gebil- deten scheint nach der Tilgung oder Entfernung des ursäch- lichen Giftes aufgehoben zu werden. Somit scheint es uns das <TEI> <text> <body> <div n="1"> <p><pb facs="#f0150" n="136"/><fw place="top" type="header">III. 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III. Nachweis der trophischen Wirkung der functionellen Reize.
eine ausschliessliche Wirkung umschriebener Erweiterung der
Blutgefässe nicht von der Art vorstellen können, dass sich an
einer Stelle so viel Zellen entwickeln, dass sie sich drängend
sogar ihre Ernährungsgefässe allmählich selber zusammen-
drücken, wie dies beim Typhus und bei der Tuberculose ge-
schieht, sodass sie danach selber absterben müssen; und da wir
fernerhin entgegen Cohnheim annehmen, dass wohl chemische
und mechanische Reize im Stande sind, eine Vermehrung der
Zellen der Bindesubstanzen hervorzurufen, in der Weise, wie
dies bei Pflanzen durch den Stich oder das Gift der Gallwespe
oder durch die Ansiedelung von Blattläusen geschieht, so glauben
wir, dass hier das specifische Gift als Vermehrungsreiz ge-
wirkt hat. Die besondere Localisation und die Knötchenform
der Geschwulst ist dabei eben nicht schwerer verständlich, als
wenn man capillare Hyperämieen als Ursache annimmt, denn
im letzteren Falle ist nicht einzusehen, warum bei der che-
mischen Natur mehrerer dieser Gifte blos capillare, umschriebene
und nicht ausgedehntere Hyperämieen entstehen. Es kann uns
natürlich nicht nahe kommen, etwas darüber präjudiciren zu
wollen, ob etwa diese Anhäufung von Zellen durch Vermehrung
der fixen Bindegewebszellen oder durch Ansammlung und Ver-
mehrung von weissen Blutzellen zu Stande kommt. Die Fort-
setzung des Vorganges bis zur Compression der Blutcapillaren
bleibt in beiden Fällen verständlich; denn auch bei Vermehrung
der Zellen in loco kann das Wachsthum so lange dauern, als
die Capillare noch ein Minimum offen ist und also noch Nahrung
abzugeben vermag, wenn nur die Theile selbst genügend zur
Nahrungsaufnahme angeregt sind. Diese Geschwülste haben
auch nicht den Charakter des unbegrenzten Wachsthums und
ihre weitere Bildung, sowie die weitere Fortdauer des Gebil-
deten scheint nach der Tilgung oder Entfernung des ursäch-
lichen Giftes aufgehoben zu werden. Somit scheint es uns das
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