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Roux, Wilhelm: Der Kampf der Teile des Organismus. Leipzig, 1881.

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I. Die functionelle Anpassung.
"Bei verstärkter Thätigkeit vergrössert sich
jedes Organ blos in derjenigen, resp. denje-
nigen Dimensionen, welche die Verstärkung
der Thätigkeit leisten
."

Dieses Gesetz der dimensionalen Hypertrophie,
wie wir es kurz bezeichnen wollen, bekundet sich am deutlich-
sten in dem Verhalten der Muskeln bei Vergrösserung durch
verstärkte Inanspruchnahme ihrer Function. Während der Mus-
kel, an Dicke zunehmend, sich nach und nach eventuell bis
zum Doppelten seines ursprünglichen Querschnittes vergrössert,
bleibt seine Länge unverändert; wenigstens nimmt sie, wenn
überhaupt, nur in so geringem Maasse zu, dass es noch Nie-
mandem aufgefallen ist, und es bestehen Gründe, im Gegentheil
eher eine Verkürzung zu erwarten.

Die Vergrösserung hat sich also auf die zwei Dimensionen
des Querschnittes beschränkt.

Die mikroskopische Untersuchung eines solchen Muskels
zeigt, dass die einzelnen Muskelfasern zwar etwas dicker sind,
als an anderen weniger beschäftigten Muskeln desselben Indivi-
duums; aber durchaus nicht in dem Maasse, dass die Verdickung
des ganzen Organes allein darauf bezogen werden kann; viel-
mehr findet noch eine Vermehrung der Zahl der Fasern statt. (S.
Zielonko, Virchow's Archiv. Bd. 61.) Die erstere Erschei-
nung, die Vergrösserung der specifischen Elementartheile, der
Zellen, wollen wir in Folgendem nach Virchow analytisch als
Hypertrophie von der letzteren, von der Vermehrung der
Zahl der specifischen Elementartheile oder der Hyperplasie
unterscheiden, wenn auch beide meist nur zugleich vorkommen.

Es hat sich im vorliegenden Falle also die Hypertrophie
der einzelnen Muskelfasern auf die beiden Dimensionen des
Querschnittes beschränkt, ohne Vergrösserung der dritten Di-
mension, der Länge. Das Ausbleiben der letzteren ergiebt sich

I. Die functionelle Anpassung.
»Bei verstärkter Thätigkeit vergrössert sich
jedes Organ blos in derjenigen, resp. denje-
nigen Dimensionen, welche die Verstärkung
der Thätigkeit leisten

Dieses Gesetz der dimensionalen Hypertrophie,
wie wir es kurz bezeichnen wollen, bekundet sich am deutlich-
sten in dem Verhalten der Muskeln bei Vergrösserung durch
verstärkte Inanspruchnahme ihrer Function. Während der Mus-
kel, an Dicke zunehmend, sich nach und nach eventuell bis
zum Doppelten seines ursprünglichen Querschnittes vergrössert,
bleibt seine Länge unverändert; wenigstens nimmt sie, wenn
überhaupt, nur in so geringem Maasse zu, dass es noch Nie-
mandem aufgefallen ist, und es bestehen Gründe, im Gegentheil
eher eine Verkürzung zu erwarten.

Die Vergrösserung hat sich also auf die zwei Dimensionen
des Querschnittes beschränkt.

Die mikroskopische Untersuchung eines solchen Muskels
zeigt, dass die einzelnen Muskelfasern zwar etwas dicker sind,
als an anderen weniger beschäftigten Muskeln desselben Indivi-
duums; aber durchaus nicht in dem Maasse, dass die Verdickung
des ganzen Organes allein darauf bezogen werden kann; viel-
mehr findet noch eine Vermehrung der Zahl der Fasern statt. (S.
Zielonko, Virchow’s Archiv. Bd. 61.) Die erstere Erschei-
nung, die Vergrösserung der specifischen Elementartheile, der
Zellen, wollen wir in Folgendem nach Virchow analytisch als
Hypertrophie von der letzteren, von der Vermehrung der
Zahl der specifischen Elementartheile oder der Hyperplasie
unterscheiden, wenn auch beide meist nur zugleich vorkommen.

Es hat sich im vorliegenden Falle also die Hypertrophie
der einzelnen Muskelfasern auf die beiden Dimensionen des
Querschnittes beschränkt, ohne Vergrösserung der dritten Di-
mension, der Länge. Das Ausbleiben der letzteren ergiebt sich

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[16/0030] I. Die functionelle Anpassung. »Bei verstärkter Thätigkeit vergrössert sich jedes Organ blos in derjenigen, resp. denje- nigen Dimensionen, welche die Verstärkung der Thätigkeit leisten.« Dieses Gesetz der dimensionalen Hypertrophie, wie wir es kurz bezeichnen wollen, bekundet sich am deutlich- sten in dem Verhalten der Muskeln bei Vergrösserung durch verstärkte Inanspruchnahme ihrer Function. Während der Mus- kel, an Dicke zunehmend, sich nach und nach eventuell bis zum Doppelten seines ursprünglichen Querschnittes vergrössert, bleibt seine Länge unverändert; wenigstens nimmt sie, wenn überhaupt, nur in so geringem Maasse zu, dass es noch Nie- mandem aufgefallen ist, und es bestehen Gründe, im Gegentheil eher eine Verkürzung zu erwarten. Die Vergrösserung hat sich also auf die zwei Dimensionen des Querschnittes beschränkt. Die mikroskopische Untersuchung eines solchen Muskels zeigt, dass die einzelnen Muskelfasern zwar etwas dicker sind, als an anderen weniger beschäftigten Muskeln desselben Indivi- duums; aber durchaus nicht in dem Maasse, dass die Verdickung des ganzen Organes allein darauf bezogen werden kann; viel- mehr findet noch eine Vermehrung der Zahl der Fasern statt. (S. Zielonko, Virchow’s Archiv. Bd. 61.) Die erstere Erschei- nung, die Vergrösserung der specifischen Elementartheile, der Zellen, wollen wir in Folgendem nach Virchow analytisch als Hypertrophie von der letzteren, von der Vermehrung der Zahl der specifischen Elementartheile oder der Hyperplasie unterscheiden, wenn auch beide meist nur zugleich vorkommen. Es hat sich im vorliegenden Falle also die Hypertrophie der einzelnen Muskelfasern auf die beiden Dimensionen des Querschnittes beschränkt, ohne Vergrösserung der dritten Di- mension, der Länge. Das Ausbleiben der letzteren ergiebt sich

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Zitationshilfe: Roux, Wilhelm: Der Kampf der Teile des Organismus. Leipzig, 1881, S. 16. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/roux_kampf_1881/30>, abgerufen am 21.11.2024.