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Rubens, Heinrich: Gedächtnisrede auf Friedrich Kohlrausch. Berlin, 1910.

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RUBENS:


Geboren am 14. Oktober 1840 zu Rinteln, bestimmten ihn natürliche
Veranlagung und das väterliche Beispiel dazu, sich gleichfalls der Physik
zu widmen. Er studierte in Erlangen und Göttingen und geriet dort,
ebenso wie sein Vater unter den Einfluß der machtvollen Persönlichkeit
Wilhelm Webers. 1863 promovierte er mit einer Arbeit über die elasti-
sche Nachwirkung und erhielt bereits im folgenden Jahre einen Ruf als
Dozent an den Physikalischen Verein zu Frankfurt a. M., eine bescheidene
Stellung, welche ihm aber reichlich Zeit zu eigenen Arbeiten gewährte.
Über die äußeren Hilfsmittel, welche ihm das Frankfurter Laboratorium
darbot, erfahren wir einiges Charakteristische aus einem Briefe, welchen
er 1908 an den Physikalischen Verein gelegentlich der Einweihung des
neuen Laboratoriums richtete. Er schreibt:

"Damals, in den Jahren 1864--66, hatte Kollege Boettger1 eine Höhle
neben dem Hörsaal, einer anderen Höhle; und auf der anderen Seite vom
Hörsaal bildete eine dritte Höhle die Physikalische Sammlung mit mir.
Außer diesem Raum stand mir ein Zimmer im dritten Stock zur Verfügung.
Es war also dafür gesorgt, daß der junge Physiker reichlich Bewegung
hatte, um gesund zu bleiben, welch letzteres in der Tat erzielt wurde. Und
erzogen wurde er zu einfachen Ansprüchen, und zwar solchen, die ihn bis
auf die Reinigungsarbeiten, zu denen täglich ein Frankfurter Militärinvalide
einmal erschien, ganz auf sich selbst anwiesen, einschließlich teilweise der
Ofenheizung. In Summa Zustände, die der jetzigen Generation als unmög-
lich erscheinen würden.


Die Einfachheit brachte aber auf der anderen Seite den unschätzbaren
Vorteil, daß man durch Verwaltung und andere Nebendinge nicht belästigt
wurde. Alles in allem, hätte ich heute zwischen einem glänzenden Institut
zu wählen und den damaligen Höhlen, ich würde mich vielleicht für die
letzteren entscheiden."


Hier tritt Kohlrauschs einfacher und bescheidener Sinn, welcher
eine der wesentlichsten Seiten seines Charakters bildete, in besonders ge-
winnender Weise hervor.


Im Jahre 1866 folgte Kohlrausch einem Ruf als außerordentlicher
Professor nach Göttingen, wo er in Gemeinschaft mit Wilhelm Weber
eine intensive Lehr- und Forschertätigkeit ausübte. Seine weitere Lauf-

1 Dozent für Chemie an dem Physikalischen Verein.

RUBENS:


Geboren am 14. Oktober 1840 zu Rinteln, bestimmten ihn natürliche
Veranlagung und das väterliche Beispiel dazu, sich gleichfalls der Physik
zu widmen. Er studierte in Erlangen und Göttingen und geriet dort,
ebenso wie sein Vater unter den Einfluß der machtvollen Persönlichkeit
Wilhelm Webers. 1863 promovierte er mit einer Arbeit über die elasti-
sche Nachwirkung und erhielt bereits im folgenden Jahre einen Ruf als
Dozent an den Physikalischen Verein zu Frankfurt a. M., eine bescheidene
Stellung, welche ihm aber reichlich Zeit zu eigenen Arbeiten gewährte.
Über die äußeren Hilfsmittel, welche ihm das Frankfurter Laboratorium
darbot, erfahren wir einiges Charakteristische aus einem Briefe, welchen
er 1908 an den Physikalischen Verein gelegentlich der Einweihung des
neuen Laboratoriums richtete. Er schreibt:

»Damals, in den Jahren 1864—66, hatte Kollege Boettger1 eine Höhle
neben dem Hörsaal, einer anderen Höhle; und auf der anderen Seite vom
Hörsaal bildete eine dritte Höhle die Physikalische Sammlung mit mir.
Außer diesem Raum stand mir ein Zimmer im dritten Stock zur Verfügung.
Es war also dafür gesorgt, daß der junge Physiker reichlich Bewegung
hatte, um gesund zu bleiben, welch letzteres in der Tat erzielt wurde. Und
erzogen wurde er zu einfachen Ansprüchen, und zwar solchen, die ihn bis
auf die Reinigungsarbeiten, zu denen täglich ein Frankfurter Militärinvalide
einmal erschien, ganz auf sich selbst anwiesen, einschließlich teilweise der
Ofenheizung. In Summa Zustände, die der jetzigen Generation als unmög-
lich erscheinen würden.


Die Einfachheit brachte aber auf der anderen Seite den unschätzbaren
Vorteil, daß man durch Verwaltung und andere Nebendinge nicht belästigt
wurde. Alles in allem, hätte ich heute zwischen einem glänzenden Institut
zu wählen und den damaligen Höhlen, ich würde mich vielleicht für die
letzteren entscheiden.«


Hier tritt Kohlrauschs einfacher und bescheidener Sinn, welcher
eine der wesentlichsten Seiten seines Charakters bildete, in besonders ge-
winnender Weise hervor.


Im Jahre 1866 folgte Kohlrausch einem Ruf als außerordentlicher
Professor nach Göttingen, wo er in Gemeinschaft mit Wilhelm Weber
eine intensive Lehr- und Forschertätigkeit ausübte. Seine weitere Lauf-

1 Dozent für Chemie an dem Physikalischen Verein.
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Zitationshilfe: Rubens, Heinrich: Gedächtnisrede auf Friedrich Kohlrausch. Berlin, 1910, S. 6. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/rubens_kohlrausch_1910/6>, abgerufen am 23.11.2024.