Rudolphi, Caroline Christiane Louise: Gemälde weiblicher Erziehung. Bd. 1. Heidelberg, 1807.fühlt es, daß seine Ueberlegenheit still und rein aus der Kraft und Ruhe seines Geistes hervorgeht, und er sich ihrer fast nicht bewußt ist. Vorzüglich gern höre ich ihn über deutschen Geist und Deutschlands Geister reden; denn da kann ich ihn fassen. Er ist selbst produktiver Geist, hat aber zu kei- fühlt es, daß ſeine Ueberlegenheit ſtill und rein aus der Kraft und Ruhe ſeines Geiſtes hervorgeht, und er ſich ihrer faſt nicht bewußt iſt. Vorzüglich gern höre ich ihn über deutſchen Geiſt und Deutſchlands Geiſter reden; denn da kann ich ihn faſſen. Er iſt ſelbſt produktiver Geiſt, hat aber zu kei- <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <p><pb facs="#f0124" n="110"/><milestone rendition="#hr" unit="section"/><lb/> fühlt es, daß ſeine Ueberlegenheit ſtill und rein aus<lb/> der Kraft und Ruhe ſeines Geiſtes hervorgeht, und<lb/> er ſich ihrer faſt nicht bewußt iſt. Vorzüglich gern<lb/> höre ich ihn über deutſchen Geiſt und Deutſchlands<lb/> Geiſter reden; denn da kann ich ihn faſſen.</p><lb/> <p>Er iſt ſelbſt produktiver Geiſt, hat aber zu kei-<lb/> ner Fahne geſchworen, gehört keiner Schule aus-<lb/> ſchließend an. Mir iſt ſein Urtheil ſehr werth.<lb/> Er hat ſich eine rein liberale Anſicht von deutſchen<lb/> und ausländiſchen Geiſtesprodukten erhalten. Man<lb/> kann ihm mit völliger Geiſtesfreiheit zuhören. Am<lb/> allerliebſten ſehe ich ihn von Kindern und jungem<lb/> Volke umringt. Die Kleinſten trägt er auf dem<lb/> Arme, und erzählt ihnen die komiſchſten Mähr-<lb/> chen von der Welt; die heranwachſenden Knaben<lb/> umringen ihn, wenn ſie ihn irgendwo einen Augen-<lb/> blick allein ſehen, und haben ſie ihn einmal gefaßt,<lb/> dann laſſen ſie ſobald nicht wieder von ihm. Er<lb/> ſpielt das Pianoforte und ſingt einen herzergrei-<lb/> fenden, reinen und milden Tenor. Ob er auch<lb/> zeichnet, weiß ich nicht, aber Kunſtkenner iſt er. Auf<lb/> meiner neulichen Reiſe nach <hi rendition="#g">Kaſſel</hi> war er mein<lb/></p> </div> </div> </body> </text> </TEI> [110/0124]
fühlt es, daß ſeine Ueberlegenheit ſtill und rein aus
der Kraft und Ruhe ſeines Geiſtes hervorgeht, und
er ſich ihrer faſt nicht bewußt iſt. Vorzüglich gern
höre ich ihn über deutſchen Geiſt und Deutſchlands
Geiſter reden; denn da kann ich ihn faſſen.
Er iſt ſelbſt produktiver Geiſt, hat aber zu kei-
ner Fahne geſchworen, gehört keiner Schule aus-
ſchließend an. Mir iſt ſein Urtheil ſehr werth.
Er hat ſich eine rein liberale Anſicht von deutſchen
und ausländiſchen Geiſtesprodukten erhalten. Man
kann ihm mit völliger Geiſtesfreiheit zuhören. Am
allerliebſten ſehe ich ihn von Kindern und jungem
Volke umringt. Die Kleinſten trägt er auf dem
Arme, und erzählt ihnen die komiſchſten Mähr-
chen von der Welt; die heranwachſenden Knaben
umringen ihn, wenn ſie ihn irgendwo einen Augen-
blick allein ſehen, und haben ſie ihn einmal gefaßt,
dann laſſen ſie ſobald nicht wieder von ihm. Er
ſpielt das Pianoforte und ſingt einen herzergrei-
fenden, reinen und milden Tenor. Ob er auch
zeichnet, weiß ich nicht, aber Kunſtkenner iſt er. Auf
meiner neulichen Reiſe nach Kaſſel war er mein
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