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Rudolphi, Caroline Christiane Louise: Gemälde weiblicher Erziehung. Bd. 1. Heidelberg, 1807.

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umher getrieben werden, ihn mir überlassen soll-
ten? Jch habe mir in diesen Tagen einen eig-
nen Erziehungsplan für dieß selten begabte Kind
entworfen. Soll ich ihn Jhnen bringen? Wol-
len Sie ihn den Eltern nebst meinem dringenden
Verlangen vorlegen? Sie wissen, ich bin so
glücklich, einer völlig unabhängigen Existenz zu
genießen. Sie wissen es auch, daß nichts in der
Welt mir so theuer ist, als diese Unabhängigkeit.
Jch habe nie geglaubt, daß ich ihr auch nur für
wenige Jahre entsagen könnte. Diesem Kinde
kann ich sie willig opfern; ja, ich fühle einen
heißen Drang darnach. Sagen Sie das den El-
tern." -- Sein Auge glänzte: er sah mich mit ge-
spannter Erwartung an, ob ich seine Jdeen bil-
ligend auffassen könnte. O Sie Guter! stam-
melte ich, und meine Augen floßen über. Wer-
den Sie es mir verzeihen, daß ich mit meinem
heißen Wunsch für dieselbe Sache so lange an
mich gehalten habe? Nehmen Sie ihn hin; ich
will mit der Mutter alles, was über diese Sache
noch nöthig seyn möchte, verabreden.

Statt aller Verabredung diene nun dieser Brief,



umher getrieben werden, ihn mir überlaſſen ſoll-
ten? Jch habe mir in dieſen Tagen einen eig-
nen Erziehungsplan für dieß ſelten begabte Kind
entworfen. Soll ich ihn Jhnen bringen? Wol-
len Sie ihn den Eltern nebſt meinem dringenden
Verlangen vorlegen? Sie wiſſen, ich bin ſo
glücklich, einer völlig unabhängigen Exiſtenz zu
genießen. Sie wiſſen es auch, daß nichts in der
Welt mir ſo theuer iſt, als dieſe Unabhängigkeit.
Jch habe nie geglaubt, daß ich ihr auch nur für
wenige Jahre entſagen könnte. Dieſem Kinde
kann ich ſie willig opfern; ja, ich fühle einen
heißen Drang darnach. Sagen Sie das den El-
tern.‟ — Sein Auge glänzte: er ſah mich mit ge-
ſpannter Erwartung an, ob ich ſeine Jdeen bil-
ligend auffaſſen könnte. O Sie Guter! ſtam-
melte ich, und meine Augen floßen über. Wer-
den Sie es mir verzeihen, daß ich mit meinem
heißen Wunſch für dieſelbe Sache ſo lange an
mich gehalten habe? Nehmen Sie ihn hin; ich
will mit der Mutter alles, was über dieſe Sache
noch nöthig ſeyn möchte, verabreden.

Statt aller Verabredung diene nun dieſer Brief,

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[120/0134] umher getrieben werden, ihn mir überlaſſen ſoll- ten? Jch habe mir in dieſen Tagen einen eig- nen Erziehungsplan für dieß ſelten begabte Kind entworfen. Soll ich ihn Jhnen bringen? Wol- len Sie ihn den Eltern nebſt meinem dringenden Verlangen vorlegen? Sie wiſſen, ich bin ſo glücklich, einer völlig unabhängigen Exiſtenz zu genießen. Sie wiſſen es auch, daß nichts in der Welt mir ſo theuer iſt, als dieſe Unabhängigkeit. Jch habe nie geglaubt, daß ich ihr auch nur für wenige Jahre entſagen könnte. Dieſem Kinde kann ich ſie willig opfern; ja, ich fühle einen heißen Drang darnach. Sagen Sie das den El- tern.‟ — Sein Auge glänzte: er ſah mich mit ge- ſpannter Erwartung an, ob ich ſeine Jdeen bil- ligend auffaſſen könnte. O Sie Guter! ſtam- melte ich, und meine Augen floßen über. Wer- den Sie es mir verzeihen, daß ich mit meinem heißen Wunſch für dieſelbe Sache ſo lange an mich gehalten habe? Nehmen Sie ihn hin; ich will mit der Mutter alles, was über dieſe Sache noch nöthig ſeyn möchte, verabreden. Statt aller Verabredung diene nun dieſer Brief,

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Zitationshilfe: Rudolphi, Caroline Christiane Louise: Gemälde weiblicher Erziehung. Bd. 1. Heidelberg, 1807, S. 120. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/rudolphi_erziehung01_1807/134>, abgerufen am 21.11.2024.