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Rudolphi, Caroline Christiane Louise: Gemälde weiblicher Erziehung. Bd. 1. Heidelberg, 1807.

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dem ich auch noch den geschriebenen Erziehungs-
plan für Woldemar beifüge. Daß so ein Plan
nur eine rohe Skizze seyn könne, die durch das
tägliche Leben mit dem Kinde bis zu seiner Reife
ausgemalt werden muß, fiehst Du, liebe Emma,
wohl ein; und weiter ist er also auch nichts. Dei-
nes Mannes volle Zustimmung kann uns nicht
fehlen, und so wäre diese Sache entschieden. So-
bald Deine Abreise von D. festgesetzt ist, komme
ich zu Dir, Jda abzuholen. O welch ein schmerz-
liches Sehen wird dies seyn! Und wie ich Jda
von Dir losbringen will, ich mag's gar nicht
denken. Aber ich komme unfehlbar, sobald Du
mich zu Dir rufst. Daß ich Dir posttäglich schrei-
be, wenn ich Dein zweites Kleinod auch habe,
Dir besonders von Jda's Entwickelung den ge-
treuesten Bericht erstatte, darauf rechne Du mit
höchster Gewißheit. Jch müßte das Mutterherz
nicht kennen, wenn's mir möglich seyn sollte,
Dich vergeblich auf die umständlichsten Berichte
von Deinen Kindern warten zu lassen. Stünde
es bei mir, den Sachen eine andere Wendung zu
geben, zu machen, daß Du Deine Kinder, we-

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dem ich auch noch den geſchriebenen Erziehungs-
plan für Woldemar beifüge. Daß ſo ein Plan
nur eine rohe Skizze ſeyn könne, die durch das
tägliche Leben mit dem Kinde bis zu ſeiner Reife
ausgemalt werden muß, fiehſt Du, liebe Emma,
wohl ein; und weiter iſt er alſo auch nichts. Dei-
nes Mannes volle Zuſtimmung kann uns nicht
fehlen, und ſo wäre dieſe Sache entſchieden. So-
bald Deine Abreiſe von D. feſtgeſetzt iſt, komme
ich zu Dir, Jda abzuholen. O welch ein ſchmerz-
liches Sehen wird dies ſeyn! Und wie ich Jda
von Dir losbringen will, ich mag’s gar nicht
denken. Aber ich komme unfehlbar, ſobald Du
mich zu Dir rufſt. Daß ich Dir poſttäglich ſchrei-
be, wenn ich Dein zweites Kleinod auch habe,
Dir beſonders von Jda’s Entwickelung den ge-
treueſten Bericht erſtatte, darauf rechne Du mit
höchſter Gewißheit. Jch müßte das Mutterherz
nicht kennen, wenn’s mir möglich ſeyn ſollte,
Dich vergeblich auf die umſtändlichſten Berichte
von Deinen Kindern warten zu laſſen. Stünde
es bei mir, den Sachen eine andere Wendung zu
geben, zu machen, daß Du Deine Kinder, we-

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[121/0135] dem ich auch noch den geſchriebenen Erziehungs- plan für Woldemar beifüge. Daß ſo ein Plan nur eine rohe Skizze ſeyn könne, die durch das tägliche Leben mit dem Kinde bis zu ſeiner Reife ausgemalt werden muß, fiehſt Du, liebe Emma, wohl ein; und weiter iſt er alſo auch nichts. Dei- nes Mannes volle Zuſtimmung kann uns nicht fehlen, und ſo wäre dieſe Sache entſchieden. So- bald Deine Abreiſe von D. feſtgeſetzt iſt, komme ich zu Dir, Jda abzuholen. O welch ein ſchmerz- liches Sehen wird dies ſeyn! Und wie ich Jda von Dir losbringen will, ich mag’s gar nicht denken. Aber ich komme unfehlbar, ſobald Du mich zu Dir rufſt. Daß ich Dir poſttäglich ſchrei- be, wenn ich Dein zweites Kleinod auch habe, Dir beſonders von Jda’s Entwickelung den ge- treueſten Bericht erſtatte, darauf rechne Du mit höchſter Gewißheit. Jch müßte das Mutterherz nicht kennen, wenn’s mir möglich ſeyn ſollte, Dich vergeblich auf die umſtändlichſten Berichte von Deinen Kindern warten zu laſſen. Stünde es bei mir, den Sachen eine andere Wendung zu geben, zu machen, daß Du Deine Kinder, we- (16)

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Zitationshilfe: Rudolphi, Caroline Christiane Louise: Gemälde weiblicher Erziehung. Bd. 1. Heidelberg, 1807, S. 121. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/rudolphi_erziehung01_1807/135>, abgerufen am 24.11.2024.