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Rudolphi, Caroline Christiane Louise: Gemälde weiblicher Erziehung. Bd. 1. Heidelberg, 1807.

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kommt zuerst daran, hernach Jda. Jch schreibe
oder lese unterdessen in dem dicht daran stoßenden
Kabinet, von dem die Thüre offen steht. Neulich
Morgens schlich Jda im Nachtröckchen leise zu mir
herein, während Gertrud die Mathilde besorgte.
Jch siegelte gerade meinen ersten Brief an Dich
seit unserer Trennung.

Als er fertig war, nahm sie ihn vom Tisch auf,
küßte Deinen Namen, und küßte das Siegel.
O das Siegel wird Mutter auch küssen, ich habe
wohl gesehen, wie sie es machte, wenn ein Brief
von Tante Selma kam: oft drückte sie ihren Mund
fest darauf, ehe sie es aufmachte. Und nun kom-
men ja unsere beiden Küsse zusammen. -- Wie
rührte mich die süße Schwärmerin! Gertrud rief
sie ab zum Anziehen, und sie hüpfte fröhlich davon.

Jn der Schlafkammer hat jedes seine eigene
Kommode zur Verwahrung seiner Sache. Es
darf kein einzig Stückchen herumliegen. Ehe sie
hinunter gehen, muß ein jedes selbst alles bei
Seite thun, was gebraucht worden. Gertrud



kommt zuerſt daran, hernach Jda. Jch ſchreibe
oder leſe unterdeſſen in dem dicht daran ſtoßenden
Kabinet, von dem die Thüre offen ſteht. Neulich
Morgens ſchlich Jda im Nachtröckchen leiſe zu mir
herein, während Gertrud die Mathilde beſorgte.
Jch ſiegelte gerade meinen erſten Brief an Dich
ſeit unſerer Trennung.

Als er fertig war, nahm ſie ihn vom Tiſch auf,
küßte Deinen Namen, und küßte das Siegel.
O das Siegel wird Mutter auch küſſen, ich habe
wohl geſehen, wie ſie es machte, wenn ein Brief
von Tante Selma kam: oft drückte ſie ihren Mund
feſt darauf, ehe ſie es aufmachte. Und nun kom-
men ja unſere beiden Küſſe zuſammen. — Wie
rührte mich die ſüße Schwärmerin! Gertrud rief
ſie ab zum Anziehen, und ſie hüpfte fröhlich davon.

Jn der Schlafkammer hat jedes ſeine eigene
Kommode zur Verwahrung ſeiner Sache. Es
darf kein einzig Stückchen herumliegen. Ehe ſie
hinunter gehen, muß ein jedes ſelbſt alles bei
Seite thun, was gebraucht worden. Gertrud

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[142/0156] kommt zuerſt daran, hernach Jda. Jch ſchreibe oder leſe unterdeſſen in dem dicht daran ſtoßenden Kabinet, von dem die Thüre offen ſteht. Neulich Morgens ſchlich Jda im Nachtröckchen leiſe zu mir herein, während Gertrud die Mathilde beſorgte. Jch ſiegelte gerade meinen erſten Brief an Dich ſeit unſerer Trennung. Als er fertig war, nahm ſie ihn vom Tiſch auf, küßte Deinen Namen, und küßte das Siegel. O das Siegel wird Mutter auch küſſen, ich habe wohl geſehen, wie ſie es machte, wenn ein Brief von Tante Selma kam: oft drückte ſie ihren Mund feſt darauf, ehe ſie es aufmachte. Und nun kom- men ja unſere beiden Küſſe zuſammen. — Wie rührte mich die ſüße Schwärmerin! Gertrud rief ſie ab zum Anziehen, und ſie hüpfte fröhlich davon. Jn der Schlafkammer hat jedes ſeine eigene Kommode zur Verwahrung ſeiner Sache. Es darf kein einzig Stückchen herumliegen. Ehe ſie hinunter gehen, muß ein jedes ſelbſt alles bei Seite thun, was gebraucht worden. Gertrud

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Zitationshilfe: Rudolphi, Caroline Christiane Louise: Gemälde weiblicher Erziehung. Bd. 1. Heidelberg, 1807, S. 142. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/rudolphi_erziehung01_1807/156>, abgerufen am 24.11.2024.