Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Rudolphi, Caroline Christiane Louise: Gemälde weiblicher Erziehung. Bd. 1. Heidelberg, 1807.

Bild:
<< vorherige Seite

du nun auch genug, Paul, bis es wieder Sam-
stag ist?" Paul griff nach ihrer kleinen Hand,
um sie zu küssen. "Nein, Paul, das sollst du
nicht. Hast du nun genug?" Ja, Fräulein Jda,
ich habe genug, und bin nun ein reicher Mann.
Gott muß den alten Paul wohl lieb haben, daß er
die Engel für ihn sorgen läßt.

Arbeiten kann ich nichts weiter, als daß ich
grobe Strümpfe stricke. Mit dem, was ich ver-
diene, bezahle ich mein Nachtlager. Brot habe
ich nun auch. Nun darf ich nicht mehr betteln.
Aber ich will auch alle Tage für Sie und den Bru-
der beten, und für Sie, Jhr Gnaden! auch.
"Thue das, Paul, sagt' ich. Von mir bekömmst
"du alle Tage einen Krug Bier." Nun ward er
wie außer sich vor Freude, und hinkte gar possier-
lich vor uns herum. Nein! das ist zu viel, das
ist zu viel! "Geh' nur, Alter!" sagt' ich, und
gab ihm für diesmal. Er konnte mit Danken gar
nicht aufhören. Wir entließen ihn.

Jetzt war Jda ganz glücklich! Und Woldemar
herzte sie mit ungestümer Heftigkeit, als wir wie-

du nun auch genug, Paul, bis es wieder Sam-
ſtag iſt?‟ Paul griff nach ihrer kleinen Hand,
um ſie zu küſſen. „Nein, Paul, das ſollſt du
nicht. Haſt du nun genug?‟ Ja, Fräulein Jda,
ich habe genug, und bin nun ein reicher Mann.
Gott muß den alten Paul wohl lieb haben, daß er
die Engel für ihn ſorgen läßt.

Arbeiten kann ich nichts weiter, als daß ich
grobe Strümpfe ſtricke. Mit dem, was ich ver-
diene, bezahle ich mein Nachtlager. Brot habe
ich nun auch. Nun darf ich nicht mehr betteln.
Aber ich will auch alle Tage für Sie und den Bru-
der beten, und für Sie, Jhr Gnaden! auch.
„Thue das, Paul, ſagt’ ich. Von mir bekömmſt
„du alle Tage einen Krug Bier.‟ Nun ward er
wie außer ſich vor Freude, und hinkte gar poſſier-
lich vor uns herum. Nein! das iſt zu viel, das
iſt zu viel! „Geh’ nur, Alter!‟ ſagt’ ich, und
gab ihm für diesmal. Er konnte mit Danken gar
nicht aufhören. Wir entließen ihn.

Jetzt war Jda ganz glücklich! Und Woldemar
herzte ſie mit ungeſtümer Heftigkeit, als wir wie-

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <p><pb facs="#f0166" n="152"/>
du nun auch genug, Paul, bis es wieder Sam-<lb/>
&#x017F;tag i&#x017F;t?&#x201F; Paul griff nach ihrer kleinen Hand,<lb/>
um &#x017F;ie zu kü&#x017F;&#x017F;en. &#x201E;Nein, Paul, das &#x017F;oll&#x017F;t du<lb/>
nicht. Ha&#x017F;t du nun genug?&#x201F; Ja, Fräulein Jda,<lb/>
ich habe genug, und bin nun ein reicher Mann.<lb/>
Gott muß den alten Paul wohl lieb haben, daß er<lb/>
die Engel für ihn &#x017F;orgen läßt.</p><lb/>
          <p>Arbeiten kann ich nichts weiter, als daß ich<lb/>
grobe Strümpfe &#x017F;tricke. Mit dem, was ich ver-<lb/>
diene, bezahle ich mein Nachtlager. Brot habe<lb/>
ich nun auch. Nun darf ich nicht mehr betteln.<lb/>
Aber ich will auch alle Tage für Sie und den Bru-<lb/>
der beten, und für Sie, Jhr Gnaden! auch.<lb/>
&#x201E;Thue das, Paul, &#x017F;agt&#x2019; ich. Von mir bekömm&#x017F;t<lb/>
&#x201E;du alle Tage einen Krug Bier.&#x201F; Nun ward er<lb/>
wie außer &#x017F;ich vor Freude, und hinkte gar po&#x017F;&#x017F;ier-<lb/>
lich vor uns herum. Nein! das i&#x017F;t zu viel, das<lb/>
i&#x017F;t zu viel! &#x201E;Geh&#x2019; nur, Alter!&#x201F; &#x017F;agt&#x2019; ich, und<lb/>
gab ihm für diesmal. Er konnte mit Danken gar<lb/>
nicht aufhören. Wir entließen ihn.</p><lb/>
          <p>Jetzt war Jda ganz glücklich! Und Woldemar<lb/>
herzte &#x017F;ie mit unge&#x017F;tümer Heftigkeit, als wir wie-<lb/></p>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[152/0166] du nun auch genug, Paul, bis es wieder Sam- ſtag iſt?‟ Paul griff nach ihrer kleinen Hand, um ſie zu küſſen. „Nein, Paul, das ſollſt du nicht. Haſt du nun genug?‟ Ja, Fräulein Jda, ich habe genug, und bin nun ein reicher Mann. Gott muß den alten Paul wohl lieb haben, daß er die Engel für ihn ſorgen läßt. Arbeiten kann ich nichts weiter, als daß ich grobe Strümpfe ſtricke. Mit dem, was ich ver- diene, bezahle ich mein Nachtlager. Brot habe ich nun auch. Nun darf ich nicht mehr betteln. Aber ich will auch alle Tage für Sie und den Bru- der beten, und für Sie, Jhr Gnaden! auch. „Thue das, Paul, ſagt’ ich. Von mir bekömmſt „du alle Tage einen Krug Bier.‟ Nun ward er wie außer ſich vor Freude, und hinkte gar poſſier- lich vor uns herum. Nein! das iſt zu viel, das iſt zu viel! „Geh’ nur, Alter!‟ ſagt’ ich, und gab ihm für diesmal. Er konnte mit Danken gar nicht aufhören. Wir entließen ihn. Jetzt war Jda ganz glücklich! Und Woldemar herzte ſie mit ungeſtümer Heftigkeit, als wir wie-

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/rudolphi_erziehung01_1807
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/rudolphi_erziehung01_1807/166
Zitationshilfe: Rudolphi, Caroline Christiane Louise: Gemälde weiblicher Erziehung. Bd. 1. Heidelberg, 1807, S. 152. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/rudolphi_erziehung01_1807/166>, abgerufen am 19.05.2024.