Rudolphi, Caroline Christiane Louise: Gemälde weiblicher Erziehung. Bd. 1. Heidelberg, 1807.Briefträger schellte, und man mir Deinen lieben Aber das wird Zeit und Geduld kosten. Zwanzigster Brief. Jch habe Dir noch nicht gesagt, wie unser Tag Briefträger ſchellte, und man mir Deinen lieben Aber das wird Zeit und Geduld koſten. Zwanzigſter Brief. Jch habe Dir noch nicht geſagt, wie unſer Tag <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <p><pb facs="#f0169" n="155"/> Briefträger ſchellte, und man mir Deinen lieben<lb/> Erſtling aus P … brachte. So früh wurdeſt Du<lb/> alſo mit Deinem D* wieder vereint? Was hätte<lb/> Dein tief verwundetes Herz auch eher beſänftigen<lb/> können, als dies unverhoffte Entgegenkommen<lb/> Deines Mannes? O! nun mußt Du auch heiter<lb/> ſeyn! Jch ſehe den Schmerz in Freude verſchmel-<lb/> zen, wenn Du unſere Briefe erhältſt. Lebe wohl!<lb/> Mathildens Natur liegt vor mir in Hieroglyphen,<lb/> die ich noch gar nicht entziffern kann. Doch ahnt<lb/> es mich ſehr ſtark, daß ſie kein gemeines Weſen<lb/> iſt. Meine Aufgabe iſt jetzt, auch dieſes mir noch<lb/> ganz fremde Herz zu gewinnen. Um ihrer ſelbſt<lb/> willen, und um Jda’s willen darf ihr Jnneres<lb/> mir nicht verſchloſſen bleiben.</p><lb/> <p>Aber das wird Zeit und Geduld koſten.</p> </div><lb/> <milestone rendition="#hr" unit="section"/><lb/> <div n="2"> <head><hi rendition="#g">Zwanzigſter Brief</hi>.</head><lb/> <p>Jch habe Dir noch nicht geſagt, wie unſer Tag<lb/> eingetheilt iſt. Um 8 Uhr kommt das Frühſtück.<lb/> Bis 9 Uhr dauert das Frühſtücken mit allem, was<lb/></p> </div> </div> </body> </text> </TEI> [155/0169]
Briefträger ſchellte, und man mir Deinen lieben
Erſtling aus P … brachte. So früh wurdeſt Du
alſo mit Deinem D* wieder vereint? Was hätte
Dein tief verwundetes Herz auch eher beſänftigen
können, als dies unverhoffte Entgegenkommen
Deines Mannes? O! nun mußt Du auch heiter
ſeyn! Jch ſehe den Schmerz in Freude verſchmel-
zen, wenn Du unſere Briefe erhältſt. Lebe wohl!
Mathildens Natur liegt vor mir in Hieroglyphen,
die ich noch gar nicht entziffern kann. Doch ahnt
es mich ſehr ſtark, daß ſie kein gemeines Weſen
iſt. Meine Aufgabe iſt jetzt, auch dieſes mir noch
ganz fremde Herz zu gewinnen. Um ihrer ſelbſt
willen, und um Jda’s willen darf ihr Jnneres
mir nicht verſchloſſen bleiben.
Aber das wird Zeit und Geduld koſten.
Zwanzigſter Brief.
Jch habe Dir noch nicht geſagt, wie unſer Tag
eingetheilt iſt. Um 8 Uhr kommt das Frühſtück.
Bis 9 Uhr dauert das Frühſtücken mit allem, was
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