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Rudolphi, Caroline Christiane Louise: Gemälde weiblicher Erziehung. Bd. 1. Heidelberg, 1807.

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Es ist die harmonische Einheit und Liebe, es ist
der einige Geist, der durch das Ganze haucht.
Die Pfarrerin an sich hat nichts stark Ausgezeich-
netes, es müßte denn die stille Ruhe seyn, mit
der sie so viel schafft, ohne daß man von dem Wie
etwas gewahr wird; sehr ungleich ihrer Namens-
schwester, Deborah Primrose, die von jeder ih-
rer Schüsseln bei der Mahlzeit immer die Geschich-
te zum Besten gab, und die nächst ihren Apfelpaste-
ten und ihrem Johannisbeerwein nichts Herrlicheres
denken konnte, als ihr Meisterstück der Erziehung
an ihren Töchtern. Deborah Willich scheint
so wenig, und ist so viel, daß ich erschrecke,
wenn ich mir dies Haus ohne sie vorstelle. Und
doch scheint sie den Keim eines frühen Todes in
sich zu tragen. Ein feines dunkles Roth auf zar-
ter Wange, ein stilles in sich Wohnen, und noch
manches andere Zeichen machen mir bange für sie.
Jhr Mann sagt, noch habe sie kein weibliches We-
sen so schwärmerisch geliebt, wie mich. Mir hat
sie das nur sehr schüchtern und leise geäußert. Wir
drei gingen Abends immer mit einander spazieren;
denn am Tage erlaubt die Gute sich das niemals.

Es iſt die harmoniſche Einheit und Liebe, es iſt
der einige Geiſt, der durch das Ganze haucht.
Die Pfarrerin an ſich hat nichts ſtark Ausgezeich-
netes, es müßte denn die ſtille Ruhe ſeyn, mit
der ſie ſo viel ſchafft, ohne daß man von dem Wie
etwas gewahr wird; ſehr ungleich ihrer Namens-
ſchweſter, Deborah Primroſe, die von jeder ih-
rer Schüſſeln bei der Mahlzeit immer die Geſchich-
te zum Beſten gab, und die nächſt ihren Apfelpaſte-
ten und ihrem Johannisbeerwein nichts Herrlicheres
denken konnte, als ihr Meiſterſtück der Erziehung
an ihren Töchtern. Deborah Willich ſcheint
ſo wenig, und iſt ſo viel, daß ich erſchrecke,
wenn ich mir dies Haus ohne ſie vorſtelle. Und
doch ſcheint ſie den Keim eines frühen Todes in
ſich zu tragen. Ein feines dunkles Roth auf zar-
ter Wange, ein ſtilles in ſich Wohnen, und noch
manches andere Zeichen machen mir bange für ſie.
Jhr Mann ſagt, noch habe ſie kein weibliches We-
ſen ſo ſchwärmeriſch geliebt, wie mich. Mir hat
ſie das nur ſehr ſchüchtern und leiſe geäußert. Wir
drei gingen Abends immer mit einander ſpazieren;
denn am Tage erlaubt die Gute ſich das niemals.

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[179/0193] Es iſt die harmoniſche Einheit und Liebe, es iſt der einige Geiſt, der durch das Ganze haucht. Die Pfarrerin an ſich hat nichts ſtark Ausgezeich- netes, es müßte denn die ſtille Ruhe ſeyn, mit der ſie ſo viel ſchafft, ohne daß man von dem Wie etwas gewahr wird; ſehr ungleich ihrer Namens- ſchweſter, Deborah Primroſe, die von jeder ih- rer Schüſſeln bei der Mahlzeit immer die Geſchich- te zum Beſten gab, und die nächſt ihren Apfelpaſte- ten und ihrem Johannisbeerwein nichts Herrlicheres denken konnte, als ihr Meiſterſtück der Erziehung an ihren Töchtern. Deborah Willich ſcheint ſo wenig, und iſt ſo viel, daß ich erſchrecke, wenn ich mir dies Haus ohne ſie vorſtelle. Und doch ſcheint ſie den Keim eines frühen Todes in ſich zu tragen. Ein feines dunkles Roth auf zar- ter Wange, ein ſtilles in ſich Wohnen, und noch manches andere Zeichen machen mir bange für ſie. Jhr Mann ſagt, noch habe ſie kein weibliches We- ſen ſo ſchwärmeriſch geliebt, wie mich. Mir hat ſie das nur ſehr ſchüchtern und leiſe geäußert. Wir drei gingen Abends immer mit einander ſpazieren; denn am Tage erlaubt die Gute ſich das niemals.

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Zitationshilfe: Rudolphi, Caroline Christiane Louise: Gemälde weiblicher Erziehung. Bd. 1. Heidelberg, 1807, S. 179. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/rudolphi_erziehung01_1807/193>, abgerufen am 23.11.2024.