mischen, so würde das Gespräch bald zum Alttäg- lichen herabkommen, ohne daß ich's wollte. So freue ich mich, daß mein Geist mit dem Eurigen sich hebt." -- Jch konnte ihr nicht Recht geben, und doch war, was sie sagte, in ihrer Vorstellung so wahr. Auch würden wir alle zu weich werden, wenn sie öfter Theil nähme. Aber es ist eine sel- tene Einigkeit unter diesen Menschen. Jch kann nicht sagen, daß ich sie bewundere. Sie sind bloß ihrer treflichen Natur getreu. Mir däucht, sie könnten nicht anders seyn, wenn sie auch wollten. "Deborah, sagt' er eines Abends, warum sind wir denn so glücklich?" -- "Jch, mein Her- mann, weiß nicht, ob ich es noch verdienen ler- ne. Doch, bin ich nicht ein Kind? was können wir denn verdienen? Und wär' es nicht ein elen- des Ding, um so ein Glück, das wir dem Him- mel erst abverdienen sollen! Wenn ich es ganz fühle, wie ich mit so heißer Liebe an Dir und den Kindern hange, dann denk' ich wohl, nun bist du es werth, Hermann's Weib zu seyn, und wenn ich dann wieder inne werde, daß eben in diesem Lieben die Seele und das Leben meines Glückes
miſchen, ſo würde das Geſpräch bald zum Alttäg- lichen herabkommen, ohne daß ich’s wollte. So freue ich mich, daß mein Geiſt mit dem Eurigen ſich hebt.‟ — Jch konnte ihr nicht Recht geben, und doch war, was ſie ſagte, in ihrer Vorſtellung ſo wahr. Auch würden wir alle zu weich werden, wenn ſie öfter Theil nähme. Aber es iſt eine ſel- tene Einigkeit unter dieſen Menſchen. Jch kann nicht ſagen, daß ich ſie bewundere. Sie ſind bloß ihrer treflichen Natur getreu. Mir däucht, ſie könnten nicht anders ſeyn, wenn ſie auch wollten. „Deborah, ſagt’ er eines Abends, warum ſind wir denn ſo glücklich?‟ — „Jch, mein Her- mann, weiß nicht, ob ich es noch verdienen ler- ne. Doch, bin ich nicht ein Kind? was können wir denn verdienen? Und wär’ es nicht ein elen- des Ding, um ſo ein Glück, das wir dem Him- mel erſt abverdienen ſollen! Wenn ich es ganz fühle, wie ich mit ſo heißer Liebe an Dir und den Kindern hange, dann denk’ ich wohl, nun biſt du es werth, Hermann’s Weib zu ſeyn, und wenn ich dann wieder inne werde, daß eben in dieſem Lieben die Seele und das Leben meines Glückes
<TEI><text><body><divn="1"><divn="2"><p><pbfacs="#f0195"n="181"/>
miſchen, ſo würde das Geſpräch bald zum Alttäg-<lb/>
lichen herabkommen, ohne daß ich’s wollte. So<lb/>
freue ich mich, daß mein Geiſt mit dem Eurigen<lb/>ſich hebt.‟— Jch konnte ihr nicht Recht geben,<lb/>
und doch war, was ſie ſagte, in ihrer Vorſtellung<lb/>ſo wahr. Auch würden wir alle zu weich werden,<lb/>
wenn ſie öfter Theil nähme. Aber es iſt eine ſel-<lb/>
tene Einigkeit unter dieſen Menſchen. Jch kann<lb/>
nicht ſagen, daß ich ſie bewundere. Sie ſind bloß<lb/>
ihrer treflichen Natur getreu. Mir däucht, ſie<lb/>
könnten nicht anders ſeyn, wenn ſie auch wollten.<lb/>„Deborah, ſagt’ er eines Abends, warum ſind<lb/>
wir denn ſo glücklich?‟—„Jch, mein Her-<lb/>
mann, weiß nicht, ob ich es noch verdienen ler-<lb/>
ne. Doch, bin ich nicht ein Kind? was können<lb/>
wir denn verdienen? Und wär’ es nicht ein elen-<lb/>
des Ding, um ſo ein Glück, das wir dem Him-<lb/>
mel erſt abverdienen ſollen! Wenn ich es ganz<lb/>
fühle, wie ich mit ſo heißer Liebe an Dir und den<lb/>
Kindern hange, dann denk’ ich wohl, nun biſt du<lb/>
es werth, Hermann’s Weib zu ſeyn, und wenn<lb/>
ich dann wieder inne werde, daß eben in dieſem<lb/>
Lieben die Seele und das Leben meines Glückes<lb/></p></div></div></body></text></TEI>
[181/0195]
miſchen, ſo würde das Geſpräch bald zum Alttäg-
lichen herabkommen, ohne daß ich’s wollte. So
freue ich mich, daß mein Geiſt mit dem Eurigen
ſich hebt.‟ — Jch konnte ihr nicht Recht geben,
und doch war, was ſie ſagte, in ihrer Vorſtellung
ſo wahr. Auch würden wir alle zu weich werden,
wenn ſie öfter Theil nähme. Aber es iſt eine ſel-
tene Einigkeit unter dieſen Menſchen. Jch kann
nicht ſagen, daß ich ſie bewundere. Sie ſind bloß
ihrer treflichen Natur getreu. Mir däucht, ſie
könnten nicht anders ſeyn, wenn ſie auch wollten.
„Deborah, ſagt’ er eines Abends, warum ſind
wir denn ſo glücklich?‟ — „Jch, mein Her-
mann, weiß nicht, ob ich es noch verdienen ler-
ne. Doch, bin ich nicht ein Kind? was können
wir denn verdienen? Und wär’ es nicht ein elen-
des Ding, um ſo ein Glück, das wir dem Him-
mel erſt abverdienen ſollen! Wenn ich es ganz
fühle, wie ich mit ſo heißer Liebe an Dir und den
Kindern hange, dann denk’ ich wohl, nun biſt du
es werth, Hermann’s Weib zu ſeyn, und wenn
ich dann wieder inne werde, daß eben in dieſem
Lieben die Seele und das Leben meines Glückes
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Rudolphi, Caroline Christiane Louise: Gemälde weiblicher Erziehung. Bd. 1. Heidelberg, 1807, S. 181. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/rudolphi_erziehung01_1807/195>, abgerufen am 23.11.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.