Rudolphi, Caroline Christiane Louise: Gemälde weiblicher Erziehung. Bd. 1. Heidelberg, 1807.Cl. Jch, liebe Tante? das weiß ich nicht mehr. Jch. Du, mein Kind. Du erzähltest, der Cl. Nein, ich fühlte selbst, daß ich sollte, und Jch. Warum sagt man aber nicht, der Mensch Cl. Ja, es -- o wie sagtest du noch, beste Jch. Die Nothwen -- Cl. Die Nothwendigkeit treibt uns ja nicht Jch. Und wie dich, Clärchen, zum Weinen, Cl. Jch, liebe Tante? das weiß ich nicht mehr. Jch. Du, mein Kind. Du erzählteſt, der Cl. Nein, ich fühlte ſelbſt, daß ich ſollte, und Jch. Warum ſagt man aber nicht, der Menſch Cl. Ja, es — o wie ſagteſt du noch, beſte Jch. Die Nothwen — Cl. Die Nothwendigkeit treibt uns ja nicht Jch. Und wie dich, Clärchen, zum Weinen, <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <pb facs="#f0261" n="247"/> <p><hi rendition="#g">Cl</hi>. Jch, liebe Tante? das weiß ich nicht mehr.</p><lb/> <p><hi rendition="#g">Jch</hi>. Du, mein Kind. Du erzählteſt, der<lb/> Vater habe dir geſagt, du <hi rendition="#g">ſollteſt vernünf-<lb/> tig ſeyn</hi>. Glaubteſt du das bloß, weil es der<lb/> Vater ſagte? oder —</p><lb/> <p><hi rendition="#g">Cl</hi>. Nein, ich fühlte ſelbſt, daß ich ſollte, und<lb/> daß jeder Menſch vernünftig ſeyn ſoll.</p><lb/> <p><hi rendition="#g">Jch</hi>. Warum ſagt man aber nicht, der Menſch<lb/><hi rendition="#g">muß</hi> vernünftig ſeyn? Warum heißt es, er ſoll?</p><lb/> <p><hi rendition="#g">Cl</hi>. Ja, es — o wie ſagteſt du noch, beſte<lb/> Tante? Jch habe das Wort ſo gut begriffen, und<lb/> es doch wieder verloren.</p><lb/> <p><hi rendition="#g">Jch</hi>. Die Nothwen —</p><lb/> <p><hi rendition="#g">Cl</hi>. Die Nothwendigkeit treibt uns ja nicht<lb/> zum Vernünftigſeyn, wie zum Athemholen.</p><lb/> <p><hi rendition="#g">Jch</hi>. Und wie dich, Clärchen, zum Weinen,<lb/> wenn du betrübt biſt, zum Lachen, wenn du et-<lb/> was Komiſches ſiehſt oder hörſt, und Jda zum<lb/> Schlafen, wenn ſie völlig müde iſt. Aber was<lb/> fodert uns denn auf zum Vernünftigſeyn, wenn<lb/></p> </div> </div> </body> </text> </TEI> [247/0261]
Cl. Jch, liebe Tante? das weiß ich nicht mehr.
Jch. Du, mein Kind. Du erzählteſt, der
Vater habe dir geſagt, du ſollteſt vernünf-
tig ſeyn. Glaubteſt du das bloß, weil es der
Vater ſagte? oder —
Cl. Nein, ich fühlte ſelbſt, daß ich ſollte, und
daß jeder Menſch vernünftig ſeyn ſoll.
Jch. Warum ſagt man aber nicht, der Menſch
muß vernünftig ſeyn? Warum heißt es, er ſoll?
Cl. Ja, es — o wie ſagteſt du noch, beſte
Tante? Jch habe das Wort ſo gut begriffen, und
es doch wieder verloren.
Jch. Die Nothwen —
Cl. Die Nothwendigkeit treibt uns ja nicht
zum Vernünftigſeyn, wie zum Athemholen.
Jch. Und wie dich, Clärchen, zum Weinen,
wenn du betrübt biſt, zum Lachen, wenn du et-
was Komiſches ſiehſt oder hörſt, und Jda zum
Schlafen, wenn ſie völlig müde iſt. Aber was
fodert uns denn auf zum Vernünftigſeyn, wenn
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