Rudolphi, Caroline Christiane Louise: Gemälde weiblicher Erziehung. Bd. 1. Heidelberg, 1807.Fragen und an der Gesprächigkeit der Kleinen, als an hervorbrechenden Geistesfunken, ergötzten und sie laut applaudirten! Jetzt ist sie so weit, daß sie den Widerspruch schon auf der Zunge be- reit hält, und daß er oft losbricht, noch ehe sie gehört hat, was man eigentlich sagen wollen, welches oft zu den lächerlichsten Auftritten An- laß gibt. Wenn es der reifen Geisteskraft eigen ist, über- Jn dem Vater sehe das Kind den Repräsentan- Du siehst also, liebe Emma, daß der Gehor- Fragen und an der Geſprächigkeit der Kleinen, als an hervorbrechenden Geiſtesfunken, ergötzten und ſie laut applaudirten! Jetzt iſt ſie ſo weit, daß ſie den Widerſpruch ſchon auf der Zunge be- reit hält, und daß er oft losbricht, noch ehe ſie gehört hat, was man eigentlich ſagen wollen, welches oft zu den lächerlichſten Auftritten An- laß gibt. Wenn es der reifen Geiſteskraft eigen iſt, über- Jn dem Vater ſehe das Kind den Repräſentan- Du ſiehſt alſo, liebe Emma, daß der Gehor- <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <p><pb facs="#f0077" n="63"/><milestone rendition="#hr" unit="section"/><lb/> Fragen und an der Geſprächigkeit der Kleinen,<lb/> als an hervorbrechenden Geiſtesfunken, ergötzten<lb/> und ſie laut applaudirten! Jetzt iſt ſie ſo weit,<lb/> daß ſie den Widerſpruch ſchon auf der Zunge be-<lb/> reit hält, und daß er oft losbricht, noch ehe ſie<lb/> gehört hat, was man eigentlich ſagen wollen,<lb/> welches oft zu den lächerlichſten Auftritten An-<lb/> laß gibt.</p><lb/> <p>Wenn es der reifen Geiſteskraft eigen iſt, über-<lb/> all nach Grund und Urſach zu fragen, ſo iſt Zuver-<lb/> ſicht zu dem reiferen Verſtande und Glaube an das<lb/> Wort der Guten, auch der entſchiedenſte Zug in<lb/> dem Charakter der Kindlichkeit.</p><lb/> <p>Jn dem Vater ſehe das Kind den Repräſentan-<lb/> ten des Wahren; in der Mutter den Jnbegriff des<lb/> Schönen und Guten. An beide ſoll es unbedingt<lb/> glauben, ſo lange bis es ſelbſt die Frucht vom<lb/> Baum des Erkenntniſſes brechen kann.</p><lb/> <p>Du ſiehſt alſo, liebe Emma, daß der Gehor-<lb/> ſam, nach meiner Einſicht, ein ſehr weſentliches<lb/></p> </div> </div> </body> </text> </TEI> [63/0077]
Fragen und an der Geſprächigkeit der Kleinen,
als an hervorbrechenden Geiſtesfunken, ergötzten
und ſie laut applaudirten! Jetzt iſt ſie ſo weit,
daß ſie den Widerſpruch ſchon auf der Zunge be-
reit hält, und daß er oft losbricht, noch ehe ſie
gehört hat, was man eigentlich ſagen wollen,
welches oft zu den lächerlichſten Auftritten An-
laß gibt.
Wenn es der reifen Geiſteskraft eigen iſt, über-
all nach Grund und Urſach zu fragen, ſo iſt Zuver-
ſicht zu dem reiferen Verſtande und Glaube an das
Wort der Guten, auch der entſchiedenſte Zug in
dem Charakter der Kindlichkeit.
Jn dem Vater ſehe das Kind den Repräſentan-
ten des Wahren; in der Mutter den Jnbegriff des
Schönen und Guten. An beide ſoll es unbedingt
glauben, ſo lange bis es ſelbſt die Frucht vom
Baum des Erkenntniſſes brechen kann.
Du ſiehſt alſo, liebe Emma, daß der Gehor-
ſam, nach meiner Einſicht, ein ſehr weſentliches
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