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Rudolphi, Caroline Christiane Louise: Gemälde weiblicher Erziehung. Bd. 2. Heidelberg, 1807.

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spielt Violin und Pianoforte mit großer Fertigkeit
und mit Ausdruck. Aber es hat sich in ihm noch
ein anderes entwickelt, von dem wir alle wenig
oder nichts ahneten. Als er neulich auf meinem
Zimmer bei mir war, und eine kleine Zeichnung
aus der Brieftasche langen wollte, die er unter-
wegs erbeutet, und worauf er viel hielt, weil sie
Betty so sehr gliche, entfiel ihm ein Blatt. Es
fiel in meinen Schooß. Jch las' die Ueberschrift,
er erröthete. Soll ich es nicht lesen, Woldemar?
Er wurde noch verwirrter. Meine Neugier wur-
de rege. Er widerstand nicht, und ich las, was
du hier in der Abschrift findest.

Der Hirte. Der Morgen.


Hirte.
Lieblicher kühliger Morgen, wie roth
Blüh'n dir die himmlischen Wangen,
Still in heißem Verlangen,
Die entbluhete Welt zu umfangen;
Jst dir dein Antlitz von Liebe so roth?

ſpielt Violin und Pianoforte mit großer Fertigkeit
und mit Ausdruck. Aber es hat ſich in ihm noch
ein anderes entwickelt, von dem wir alle wenig
oder nichts ahneten. Als er neulich auf meinem
Zimmer bei mir war, und eine kleine Zeichnung
aus der Brieftaſche langen wollte, die er unter-
wegs erbeutet, und worauf er viel hielt, weil ſie
Betty ſo ſehr gliche, entfiel ihm ein Blatt. Es
fiel in meinen Schooß. Jch laſ’ die Ueberſchrift,
er erröthete. Soll ich es nicht leſen, Woldemar?
Er wurde noch verwirrter. Meine Neugier wur-
de rege. Er widerſtand nicht, und ich las, was
du hier in der Abſchrift findeſt.

Der Hirte. Der Morgen.


Hirte.
Lieblicher kühliger Morgen, wie roth
Blüh’n dir die himmliſchen Wangen,
Still in heißem Verlangen,
Die entbluhete Welt zu umfangen;
Jſt dir dein Antlitz von Liebe ſo roth?
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[115/0123] ſpielt Violin und Pianoforte mit großer Fertigkeit und mit Ausdruck. Aber es hat ſich in ihm noch ein anderes entwickelt, von dem wir alle wenig oder nichts ahneten. Als er neulich auf meinem Zimmer bei mir war, und eine kleine Zeichnung aus der Brieftaſche langen wollte, die er unter- wegs erbeutet, und worauf er viel hielt, weil ſie Betty ſo ſehr gliche, entfiel ihm ein Blatt. Es fiel in meinen Schooß. Jch laſ’ die Ueberſchrift, er erröthete. Soll ich es nicht leſen, Woldemar? Er wurde noch verwirrter. Meine Neugier wur- de rege. Er widerſtand nicht, und ich las, was du hier in der Abſchrift findeſt. Der Hirte. Der Morgen. Hirte. Lieblicher kühliger Morgen, wie roth Blüh’n dir die himmliſchen Wangen, Still in heißem Verlangen, Die entbluhete Welt zu umfangen; Jſt dir dein Antlitz von Liebe ſo roth?

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Zitationshilfe: Rudolphi, Caroline Christiane Louise: Gemälde weiblicher Erziehung. Bd. 2. Heidelberg, 1807, S. 115. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/rudolphi_erziehung02_1807/123>, abgerufen am 24.11.2024.